Alien Earth - Phase 1
Flieger bei der Air Force. So wie sein Vater und dessen Vater und so weiter, bis in den Ersten Weltkrieg. Und ich wäre auch einer geworden
und hätte meine Tage damit verbracht, Geleitschutz entlang der Arterie zu fliegen und arme Teufel wie diese Boat People zu versenken, wenn der Wind und die Strömung sie den USAA in die Quere treibt … Aber egal, wen interessiert das schon? Ich bin abgehauen, weil ich nichts Besseres mit mir anzufangen wusste. Aber Diane, sie ist anders. Sie hat für etwas gekämpft. Deshalb haben sie sie später auch in einen Zug gesteckt.«
»Darum kommt sie einem dauernd mit diesem ›Immer noch besser als Zug fahren!‹?«
Wilbur nickte. »Muss wohl. Hab selber nie in einem Zug gesessen. Hört sich auf jeden Fall wie der Hinterhof der Hölle an. Aber wie gesagt, sie lässt nicht viel raus. Der Einzige, den sie richtig an sich herangelassen hat, war Melvin.«
»Mein Vorgänger.«
»Sagen wir, der Typ, der vor dir auf dem Copilotenplatz gesessen hat. Du bist nicht Melvin. Und glaub mir: Du willst es auch nicht sein.«
Das glaubte ihm Rudi. »Wieso Melvin? Waren sie zusammen?«
»Ja, seit Diane 13 war. Wenn du mich fragst - und Diane würde mir dafür die Augen auskratzen -, hat er gesagt, wo’s langgeht.«
»Und wohin war das?«
Wilbur stoppte das Glas, das er eben hatte leeren wollen, auf halbem Weg. »Du bist ganz schön frech, Junge, weißt du das?« Es war ein Kompliment, kein Verweis. »Zur Gerechtigkeit, schätze ich«, fuhr er fort. »Ich habe nie einen Menschen kennengelernt, der einen derart ausgeprägten Sinn für Gerechtigkeit besaß wie Melvin. Es war wie ein Zwang, eine Besessenheit. Er wollte nie glauben, dass es nicht genug für alle gibt. Man muss die Dinge nur gerecht verteilen, meinte er, dann ist genug für alle da, dann ist die Welt ein besserer Ort. Wenn du mich fragst, ist es ein mittleres Wunder, dass man ihm dafür nicht längst den Hals umgedreht hatte. Versucht hat man es auf jeden Fall, mehr als einmal. Als die Aliens kamen,
hat die Regierung ihn und Diane abgeschoben. Man hatte plötzlich andere Prioritäten, und Deportation schien der schnellste und unkomplizierteste Weg, Unruhestifter wie sie loszuwerden. Die beiden haben sich durchgeschlagen, aber irgendwann war Schluss damit, und sie wurden mit anderen Überschussmenschen in einen Zug gesteckt.«
Wilbur leerte sein Glas. »Das hätte eigentlich das Ende der Geschichte sein sollen. Ich weiß nicht, wie, aber irgendwie trieb Melvin das Geld für Company-Lose auf. Wahrscheinlich irgendein Schlupfloch in den Gesetzen - Melvin hatte einen siebten Sinn für so was. Sie kauften also Lose. Und dann haben sie gewonnen. In derselben Ziehung. Am nächsten Tag waren sie raus aus dem Zug und auf dem Weg zum Camp.«
»Das ist doch … die Chancen, gleichzeitig ein Gewinnlos zu ziehen, sind gleich null. Nicht …«
»Nicht von dieser Welt, ich weiß. Und, wenn du mich jetzt fragst, würde ich sagen, das Los war ihre Rettung - und der Anfang von Melvins Ende. Er kam nicht klar damit. Es war ungerecht, dass ausgerechnet er und Diane herauskamen, alle Überschussmenschen hatten es seiner Meinung nach verdient. Das war das eine. Er fühlte sich schuldig, weil er davongekommen war. Das andere war der Zufall. Er war zu groß, um einer zu sein. Aber wenn es kein Zufall war, was dann? Bestimmung? Das wollte ums Verrecken nicht in sein Weltbild passen. Melvin war so nüchtern, dass es wehtat. Die Aliens interessierten ihn nicht. Nicht, dass er sie verleugnet hätte. Nein, sie änderten seiner Ansicht nach nur nichts. Rein gar nichts. Für Melvin war die Welt ein ungerechter Ort, weil wir Menschen sie dazu gemacht haben. Und sie würde aufhören, einer zu sein, wenn wir Menschen es änderten. Die Aliens hätten damit nichts zu tun. Das war Melvins felsenfeste Überzeugung. Aber dann kam dieses Doppellos und zog ihm den Fels unter den Füßen weg.«
»Bis er durchdrehte?«
»So nennen es die meisten.« Wilbur machte eine wegwerfende Handbewegung. »Ich würde sagen, ihn quälte etwas. Er
und Diane fingen an zu streiten, bis wir dachten, sie kratzen einander die Augen aus. Aber dazu kam es nicht. Melvin ist abgehauen. Nach einer langen Mission mit der Bitch hat er sich eine Pemburu geschnappt und ist davongeflogen.«
»Eine Pemburu?«
»Keine Ahnung, wie er das angestellt hat. Er hat sein Geheimnis mitgenommen. Als Diane aufwachte und merkte, dass Melvin weg war, war er schon ein paar Tausend Kilometer weiter. Diane kam
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