Alien Earth - Phase 1
Schulkinder zu den Ausgängen. Rudi wartete, bis alle an ihm vorbei waren, bevor er sich mit beiden Armen aus dem Sitz wuchtete und ihnen hinterhertorkelte. Als er auf die Gangway trat, stürzten schwüle Hitze und stechende Sonnenstrahlen auf ihn ein. Im letzten Augenblick gelang es Rudi, ein Geländer zu fassen zu bekommen. Salzige Würze lag in der Luft. Wie in Neo-Bangkok. Er dachte an seinen Engel … Rudi bekam gerade noch rechtzeitig das zweite Geländer zu fassen.
»Willkommen auf Funafuti! Hier lang, Boys!«, rief ein älterer Mann mit Schnauzer. Er trug einen breitkrempigen Hut und eine Company-Uniform in Tropenausführung, die angeblich
so leicht war, dass man sie nicht auf der Haut spürte. Rudi konnte nicht sagen, ob das zutraf. Man hatte ihnen die Uniformen im Camp in Norwegen ausgeteilt, bei zehn Grad Minus. Bei der Anprobe hatte es sich tatsächlich so angefühlt, als hätte man nichts an. Allerdings hatte Rudi es keine Minute ausgehalten. Er war nicht für Kälte geboren. Jetzt, in der Hitze … Rudis Uniform steckte in seinem Gepäck. Er hatte sie eigentlich anziehen wollen für den großen Tag, an dem sein Dasein als Flyboy wirklich begann. Aber als er im Flugzeug nach Funafuti auf halber Strecke aufgewacht war, hatte er dieselben Shorts und das Hemd getragen wie in Neo-Bangkok, bereichert um Schweiß- und diverse andere Flecken, für die Rudi keine Erklärung parat hatte, ganz zu schweigen davon, dass er liebend gern auf eine Erklärung verzichtete.
»Macht euch keinen Kopf um euer Gepäck, Boys. Wir kümmern uns darum!«, rief der Mann wieder. »Hier la…!«
Seine Stimme ging im Startgeräusch einer Patrouille unter. Zwei dreistrahlige Sarayong hoben ab und ritten auf den glühenden Strahlen ihrer Düsentriebwerke beinahe senkrecht in den blauen Himmel. Rudi sah den Maschinen verträumt nach. Dass das Dröhnen ihrer Triebwerke seinen ohnehin bereits dröhnenden Schädel beinahe zerspringen ließ, machte ihm nichts aus. Dort, in den Maschinen, flogen Flyboys, jagten Artefakten nach. Und bald würde er …
»Tempo, Jungs! Ihr werdet noch Flugzeuge genug sehen. Bewegt euch!«, brüllte der Company-Mann. »Oder wollt ihr, dass die Aliens sich aus dem Staub machen, bevor ihr ein Cockpit von innen gesehen habt?«
Bewegung kam in die Flyboys, die in kleinen Gruppen auf dem heißen Beton standen und sich mit weit offenen Mündern die Köpfe verrenkten, als hätte man sie nicht seit Monaten für diesen Augenblick geschult.
Der Schnauzbärtige führte sie in einen Hangar. In den Schatten, nach dem sich inzwischen jeder sehnte, aber nicht in die erhoffte Abkühlung. Unter dem Dach staute sich die Hitze, trieb den Schweiß aus allen Poren, trotz der kühlenden
Uniformen, die alle außer Rudi trugen. Ein Buffet aus Wasser und Melonen wartete auf der gegenüberliegenden Seite des Hangars. Die Flyboys stürmten es.
Rudi, der nicht nahkampffähig war, bekam nur noch Wasser ab. Es war angenehm kühl, hatte aber einen salzigen Beigeschmack. Er war gerade beim dritten Glas und stellte zu seiner Verwunderung fest, dass er das Salz bereits nicht mehr schmeckte, als die Lautsprecher neben der Bühne knackten.
»Willkommen auf Funafuti, Heimatbasis der stolzen III. Company-Staffel!« Ein weiterer Mann in Company-Uniform, das Alienkreuz auf der Brust. Er war ungewöhnlich bleich, als verbringe er seine Tage gut geschützt vor der Sonne.
»Mein Name ist Kees Schrever, Projektkoordinator für den Stützpunkt Funafuti, Angehöriger der Company seit Tag 16. Ich schmeiße diesen Laden hier, sorge dafür, dass euch weder Kerosin, Klopapier, Trinkwasser noch sonst etwas ausgeht, was ihr zum Leben und Fliegen braucht. Ich bin überall und nirgends, meistens an irgendeinem anderen Ort als Funafuti, und versuche, das Optimum aus dem Geld herauszuholen, das uns Leute weltweit spenden. Für die meisten von euch wird es das erste und letzte Mal sein, dass er oder sie mich zu sehen bekommt - außer, jemand kommt auf die Idee, gegen die Company-Charta zu verstoßen.«
Schrever musterte die Reihen der Flyboys. Rudi beeilte sich, vom Buffet weg und in die Deckung seiner Kameraden zu kommen. Er kannte sich mit Reden aus. In Himmelsberg war kein Tag ohne vergangen. Und er hatte daraus gelernt. Regel eins: Hatte man eine Rede gehört, hatte man alle gehört. Regel zwei: Was immer geschah, man durfte sich nie anmerken lassen, dass man Regel eins kannte.
Schrever nahm keine Notiz von Rudi. »Wisst ihr«, fuhr er fort, »man hat
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