Alien Earth - Phase 2
auf Guam, wo das Meer zu klein schien für die Masse der Kriegsschiffe, die dort zusammengezogen waren. Noch auf Hawaii, der Insel der Superreichen der reichen USAA, ihrem letzten Stopp vor dem amerikanischen Kontinent.
Was, wenn sich jemand Blitz’ Spielsachen genauer besah? Was, wenn sich jemand erinnerte, dass dieses Mädchen öfters mit Karten gespielt hatte?
Tage, Wochen vergingen, ohne dass ein Marine an die Kabinentür Rainers klopfte. Blackwell trieb die Mannschaft und die Marines härter an denn je, als wolle er sie für das Geschehene bestrafen, und die Passagiere blieben für sich, wenn nicht eingeschüchtert von der Hinrichtung, so zumindest ernüchtert.
Schließlich schälten sich die Hügel Kaliforniens aus dem Dunst.
»Wir haben Glück. Oft liegt über der Küste so dichter Nebel, dass man die eigene Nase nicht mehr erkennt.« Leclerc, der Waffenhändler, lehnte sich neben Rainer an die Reling, als das
Schiff unter der Golden Gate Bridge in die Bucht von San Francisco einfuhr. Eine knappe Stunde Fahrt trennte die Stormbride noch vom Hafen von Oakland, eine knappe Stunde musste Rainer seine Angst noch in Schach halten, dann würde das Schiff nur mehr eine Erinnerung sein, die ihm nichts anhaben konnte.
Rainer sah Leclerc an. Die Schatten der Stahlträger der Brücke zeichneten in der Mittagssonne exakte Striche auf sein Gesicht. Rainer, zwei Köpfe größer als der Waffenhändler, sah auf es herab wie auf eine Landschaft. Er nickte nur. Ihm war nicht nach Gesprächen. Nicht so kurz vor dem Ende ihrer Reise - und am allerletzten mit Leclerc.
»Aber das ist die Jahreszeit. Im Herbst und Winter bleibt der Nebel oft tagelang hängen. Ich hätte nicht gedacht, dass wir so schnell hier sind.« Sie ließen die Brücke hinter sich. Leclerc hielt eine Hand über die Augen, damit ihn die Sonne nicht blendete, wenn er zu Rainer hochblickte. »Müssen diesem armen Teufel von Menschheitsverräter beinahe dankbar sein. Wenn er nicht gewesen wäre, hätte Blackwell nie die Maschinen angeworfen. Und wir würden jetzt immer noch irgendwo zwischen Guam und Hawaii kreuzen.«
Rainer brummte einen Laut, von dem er hoffte, dass Leclerc ihn als Zustimmung auslegen würde, und sah zum Ufer. Auf den Hügeln der Halbinsel, die die Bucht vom offenen Meer abschloss, erstreckte sich San Francisco. Vor einigen Jahren, bevor man ihn in einen Zug gesperrt hatte, waren Gerüchte von einem schweren Erdbeben in Kalifornien umgegangen. San Francisco sei nur noch ein rauchender Schutthaufen, hatte es geheißen, schlimmer noch als vor 150 Jahren. Niemand hatte Genaues gewusst. Die USAA nahm keine Stellung zu inneren Angelegenheiten, und eine Verifizierung durch Satellitenbilder war unmöglich gewesen: Die USAA duldeten keine Fremdkörper im Raum über ihren Kerngebieten.
Leclerc ließ nicht locker. »Sie wirken bedrückt. Sollten Sie nicht froh sein? Ihre Tochter wird um Wochen früher in den richtigen Händen sein.«
»Natürlich bin ich froh. Ich …«
»Aber die Hinrichtung lässt Sie nicht los, nicht?« Leclerc nickte. »Nein, Sie brauchen nichts zu sagen. Es geht allen an Bord so, glauben Sie mir. Und das ist gut so.«
San Francisco sah nicht aus wie auf den alten Bildern, die Rainer kannte. Zwischen vielen Häusern klafften Lücken, und aus den meisten Lücken ragten Kräne hoch. Und die Häuser, die standen, wirkten irgendwie fehl am Platz. Zu viel Glas, zu hoch, zu verwinkelt.
»Ist es das?«
»Ja. Dieses eine vergeudete Leben wird viele andere retten. Niemand an Bord wird jemals so dumm sein, sich mit Aliens oder Alienisten einzulassen.«
»Nein, niemand.«
Hatte wirklich ein Erdbeben die Stadt verwüstet? Oder pflügten die Amerikaner die Stadt einfach aus der Lust am Neuen um? Rainer dachte an Mahmut. Gut möglich, wenn sie wie der Ägypter gestrickt waren. Mahmut liebte die Pracht, das Alte, die Geschichte - aber nur, wenn sie ihm nicht im Weg standen. Taten sie es, ließ er das Alte wegrasieren, behielt eine Handvoll Säulen oder alter Steine und verteilte sie als Dekoration über die Neubauten.
Leclerc strich sich über den Anzug, ordnete seine vom Wind zerzausten Haare. »Nun, ich muss los. Die Geschäfte rufen.« Er hielt Rainer die Hand hin. Rainer nahm sie. »Es war mir ein Vergnügen, Sie und Ihre bezaubernde Tochter kennenzulernen. Ich wünschte, wir hätten mehr Gelegenheit gehabt, uns zu unterhalten.«
Rainer entwand ihm seine Hand. »Zu schade, ja. Aber angesichts von Blitz’ Zustand …«
»Schon
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