Alien Earth - Phase 2
den sie bei ihrem Marsch gestoßen waren - und offenbar der erste überhaupt für Atsatun. Zumindest auf der Erde.
»Ja«, antwortete Marita Kahman.
»Ist es für unsere Körper ungefährlich, das Wasser zu berühren?«
»Du meinst, es zu trinken?«
»Das auch.«
»Und zu baden?«
»In das Wasser gehen, ja.«
»Es würde euch sogar gut tun.«
»Beweise es uns!« Atsatun zeigte auf Kahman, dann auf den Bach.
»Wie ihr wollt.« Kahman ging einige Meter bachabwärts an eine Stelle, in der das Wasser über einen Fels fiel und ein Becken gegraben hatte. Sie zog die Uniform aus und sprang hinein. Einige Augenblicke später tauchte sie wieder auf und rief prustend: »Seht ihr?«
Die Aliens sahen es. In einer einzigen, aus 49 Körpern bestehenden Bewegung ließen sie die Gewehre fallen, rissen sich die Kleider vom Leib und sprangen mit einem Aufschrei ins Wasser. Paul und Wolf blieben am Ufer zurück. Sprachlos. Die Aliens tollten wie Kinder, bespritzten einander und drückten sich gegenseitig unter Wasser. Sie schrien und lachten und winkten Paul und Wolf zu, bedeuteten ihnen, zu ihnen ins Wasser zu kommen. Es war eine freundliche Aufforderung, kein Befehl. Wolf, der immer um Abkühlung bemüht war, folgte ihr schließlich, platschte heulend zwischen die Aliens. Paul wollte es ihm gleichtun, doch dann sah er Ekin. Es war das erste Mal, dass er sie nackt sah. Sie kletterte gerade auf einen großen Stein, um von dort wieder in das Becken zu springen. Ihre Bewegungen waren die eines Kindes, nicht die eines Aliens, aufgeregt und hektisch. Und auch ihr Körper erinnerte ihn an den eines Kindes, ihre Glieder waren dünn, die Rippen zeichneten sich ab, ihre Brüste waren flach und hatten nichts Weibliches an sich. Und von einer Brust zog sich ein langer, daumendicker Streifen vernarbter Haut über den Bauch und zur Hüfte. Als hätte jemand einen glühenden Stab über ihre Haut gezogen…
Ekin, die gerade mit den Armen Schwung holte, um hochzuspringen, verharrte in der Bewegung, drehte den Kopf und blickte Paul an. Sie tat es mit einer Präzision, als hätte sie seinen Blick längst gespürt.
Ertappt schreckte Paul zusammen. Hastig fummelte er sich die Uniform vom Leib und sprang in das Wasser. Es war so kalt, dass er brüllte, als sein Kopf wieder an die Oberfläche kam. Die Aliens machten es ihm nach, als habe es sich um einen Schrei der Freude oder der Begrüßung gehandelt. Ekin sah er nicht mehr. Sie musste im selben Moment wie er gesprungen und im Gewimmel der geschundenen Körper untergetaucht sein.
Paul hielt es nicht lange in dem kalten Wasser aus. Er arbeitete sich durch die wimmelnden Leiber der Aliens ans Ufer, nahm seine Kleider und ging zu Marita Kahman. Die Soldatin hatte ihre Uniform wieder angezogen und saß auf einem gro ßen Fels. Paul ließ sich neben ihr nieder; zusammen sahen sie den Aliens beim Herumtollen zu. Sie schwiegen. Der Anblick machte sie sprachlos.
Nach einiger Zeit löste sich ein Alien aus dem Gewimmel. Es war Atsatun. Er stapfte ihnen durch das Bachbett entgegen, auf eine Weise, die der eines Menschen genau entgegengesetzt war: Ein Mensch sprang von Stein zu Stein, um nicht nass zu werden; der Alien war bemüht, möglichst tief im Wasser zu bleiben. Drei Schritte vor ihnen tauchte Atsatun noch einmal ganz in einem Becken unter, dann legte er die Hände auf einen größeren Stein und stemmte sich aus dem Wasser. Er schüttelte sich wie ein nasser Hund, wandte den Kopf ab und strich sich genüsslich über die Borsten, die auf seinem Kopf wuchsen.
Als er sich Paul und Kahman zuwandte, war er wieder Atsatun, der herrische Alien.
»Die zwei Tage sind vorbei. Wir bleiben hier«, stellte er fest.
Marita lächelte. »In der Nähe von Wasser«, stimmte sie dem Alien zu. »Eine gute Wahl.«
»Ja. Aber wir brauchen Unterkunft für unsere Körper, nicht?«
»Früher oder später ja. Es wird wieder regnen, spätestens im Herbst wird es kalt werden.«
»Hier gibt es Unterkunft?«
»Wie kommst du darauf?« Marita lächelte weiter, Falten gruben sich in ihre Wangen.
»Das Wasser, du hast es selbst gesagt. Es ist eine gute Wahl«, sagte Atsatun. »Du kennst dich aus. Du kommst mit erkunden.«
Marita Kahman stand auf und folgte Atsatun. Eine Handvoll Aliens stieß zu ihnen, und zusammen brachen sie bachabwärts auf. Ekin war eine von ihnen.
Die übrigen Aliens stiegen aus dem Bach, schüttelten sich wie nasse Hunde und zogen wieder ihre blutbefleckten Uniformen an. Keiner von ihnen kam
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