Alien Earth - Phase 3
in jeder erdenklichen irdischen Sprache zu uns heruntergefunkt, und genau daran habe ich mich gehalten - und ich tue es auch jetzt noch, da von dem Alien-Schiff nur noch eine Trümmerwolke übrig ist, die Stück für Stück in die Atmosphäre eindringt und uns einen Vorgeschmack auf die Hölle gibt.
Ich fürchte mich nicht - wieso?
Ganz einfach: Weil ich ein Paläontologe bin. Und Sie, verehrte Leser, sollten sich ebenso wenig fürchten wie ich. Weil Sie vielleicht selbst Paläontologen sind. Weil Sie sich wahrscheinlich für Paläontologie interessieren. Weil Ihnen vielleicht nichts Besseres einfällt in dieser Endzeit.
Aber zurück zur Sache: Als Paläontologe bin ich es gewohnt, den Blick auf das große Ganze zu richten. Und glauben Sie mir: Gemessen am großen Ganzen ist das, was uns derzeit widerfährt, ein Zwergdinoschiss.
Dieser Tage höre ich oft vom »Ende der Welt«. Sogar mein Nachbar hat davon geredet, bevor er seine Konten plünderte, sich einen Geländewagen, Proviant, Zelte und ein halbes Dutzend Sturmgewehre kaufte und mit seiner Familie in die Rockies aufbrach, um wie ein Mann für sie zu sorgen. Wie mir ein anderer Nachbar erzählte, kam er vier Blocks weit, bevor er auf eine Straßensperre von Leuten stieß, die doppelt so viele Gewehre gehortet hatten - und wussten, wie man damit umgeht.
So viel zu hektischem Aktivismus. Es besteht kein Grund dazu. Denn dieses »Ende der Welt« ist ein natürlicher Vorgang, der immer mal wieder vorkommt. So zum Beispiel vor 438, 367, 253, 213 und 65 Millionen Jahren. Von Letzterem haben Sie vielleicht als Nicht-Paläontologe gehört: Volkstümlich ist er als das »Ende der Dinosaurier« bekannt.
Haben Sie es bemerkt? »Ende der Dinosaurier«. Nicht »Ende der Welt« oder »DAS ENDE« oder »Schluss. Aus. Fertig.« Schluss aus fertig war nur für etwa 50 Prozent der Spezies auf der Erde, darunter für die Dinosaurier. Aber: Jede Krise ist eine Chance. Die Dinosaurier
machten Platz für Säugetiere und damit - in gewissem Sinne - für uns Menschen.
Seit dem Ende der Dinosaurier sind 65 Millionen Jahre ins Land gegangen - und wenn Sie weiter oben die Zahlenfolge betrachten, ahnen Sie es schon: Es ist höchste Zeit für ein neues »Ende der Welt«. Und voilà: Hier ist es! »Verfluchte Aliens!«, höre ich jetzt das Gemurmel - das waren ungefähr die letzten Worte meines verblichenen Nachbarn (ehrlich gesagt, sagte er: »Scheiß Aliens«), bevor er an der Straßensperre sein Schicksal fand. Sie merken schon: nicht durch Aliens, durch seine Mitmenschen.
Und das ist der Grund, wieso ich mich vor den Aliens nicht fürchte: Sie mögen uns himmelhoch überlegen sein, aber sie sind nur Komparsen in unserem ureigenen Stück. Unser »Ende der Welt« ist hausgemacht. 2057, im Jahr, bevor die Aliens kamen, waren schätzungsweise 40 Prozent der irdischen Arten bereits ausgestorben, Tendenz stark steigend. Heute, keine zehn Jahre später, ist die Menschheit bereits so lädiert, dass niemand mehr den Nerv oder die Ressourcen hat mitzuzählen. Mein persönlicher Tipp: 55 Prozent. Und wenn Sie mich fragen, kommt das dicke Ende noch.
Jetzt denken Sie bestimmt: Meint der Mann das ernst? Er hat kein bisschen Schiss?
Die Antwort lautet: kein bisschen. Als Wissenschaftler elektrisiert mich die Aussicht, was nach uns kommt. Als Wissenschaftler ist mir klar: Unsere Art mag am Ende sein, aber das bedeutet nichts für den Einzelnen .
Ich werde überleben. Hier, in meinem Haus, mit dem Bunker und den schussfesten Scheiben, Wasser und Proviant für drei Jahre, meinem guten alten M-16 und den 20 000 Schuss Munition.
Und wer mir querkommt, erlebt am eigenen Leib, wie sich evolutionäre Auslese anfühlt.
Ich fürchte mich nicht!
- Editorial des Herausgebers des Journal of Paleontology (Ausgabe Dezember 2066) Elliot Finkel. Der Kongressbibliothek gelang es trotz mehrfacher Anfrage nicht, spätere Ausgaben zu erlangen.
KAPITEL 25
Wilbur erwartete seinen unverhofften Besucher, die eine Hand an einen Haltegriff und die andere um den größten Schraubenschlüssel geklammert, den er auf der Superhero hatte finden können.
Er war bereit, einen Mord zu begehen, und kam sich dabei vor wie ein Höhlenmensch, der den Knochen eines erlegten Tiers schwingt. Wilbur hätte viel dafür gegeben, eine anständige Waffe in den Händen zu halten, aber sie hatten alles, was sie in dieser Hinsicht besaßen, auf der Erde zurückgelassen, bei Diane. Diane hatte jede Waffe gebrauchen können.
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