Alien Earth - Phase 3

Titel: Alien Earth - Phase 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Borsch

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versuchte es mit Vernunft, bat den Smartie zu bedenken, was er eigentlich war: ein gewöhnlicher Mensch. Schwach und empfindlich. Das Fingerschnippen eines Smarties konnte ihn auslöschen, die Kugel eines Gewehrs, ja ein einfacher Sturz. War er, Melvin, nicht nur nutzlos, sondern ein Handicap? 59b grunzte und trug ihn an Bord des Luftfischs.
    Während der Flüge starrte Melvin aus dem Fenster, um nicht mit ansehen zu müssen, wie die Smarties sich gegenseitig Fratzen auf ihre gutmütigen Gesichter malten und wetteiferten, wer störende Menschen auf die originellste Weise ausgeknipst hatte. Was Melvin sah, lenkte ihn ab, aber es brachte ihm keinen Trost. Er blickte auf Schlachtfelder. Dunkle Wolken aus Staub oder Rauch oder beidem erhoben sich, reichten bis in die Stratosphäre und verdunkelten das Land. Die Folgen von Trümmereinschlägen? Von Atombomben? Aus dem Fenster des Luftfischs konnte Melvin es nicht beurteilen, und 59b oder einen anderen Smartie danach zu fragen, schied aus. Es hätte Aufmerksamkeit auf ihn, Melvin, gezogen, und das war das Letzte, was er sich wünschte. Denn Melvin hatte genug gehört und gesehen. Er hatte verstanden. Die Smarties
waren nicht, für was er sie gehalten hatte. Sie besaßen keine Zukunft. Sie waren süchtig nach dem Kampf geworden, nach dem Töten. Früher oder später würden sie im Kampf sterben - oder, wenn die Belastung für ihre Körper zu groß wurde, tot umfallen. Was auch immer geschah, Melvin hatte getan, was er tun konnte. Jetzt war es Zeit, dass er sich um sein eigenes Überleben kümmerte. Er musste weg von den Smarties.
    Sie flogen weitere Missionen. Melvin klammerte sich an 59b, schloss die Augen in den Momenten, in denen seine Wahrnehmung über die der Smarties hinaus beschleunigte. Er hatte genug gesehen. Wieso sich unnötig quälen? Melvin wartete auf eine Gelegenheit, sich abzusetzen. Aber sie kam nicht. 59b blieb im Pulk, und sollte Melvin selbst nur eine geringe Aussicht besitzen zu entkommen, musste er vom Rand der Herde aus zu fliehen versuchen.
    Schließlich kam der Flug nach Sibirien.

    Es war ein kurzer Flug, selbst für einen Luftfisch. Melvin starrte wie üblich aus dem Fenster. Der Luftfisch flog ungewöhnlich niedrig, Melvin schätzte die Höhe auf bestenfalls tausend Meter. Unter ihm zogen sich bewaldete Hügel bis an den Horizont. Dann, als der Luftfisch nach Nordwesten abdrehte, ging der Wald in die Sumpflandschaft der ehemaligen Permafrostzone über. Das Licht der tief stehenden Nachmittagssonne spiegelte sich auf dem Eis, das sich über den Sumpf gelegt hatte. Es war dunkles Eis, dunkelgrün von den Sumpfpflanzen gefärbt, die es einschloss. Nirgends gab es Siedlungen. Die kalten Sümpfe boten Menschen keinen Lebensraum.
    Nach einer knappen Stunde Flug begann der Luftfisch zu kreisen. Er tat es in dem sicheren Wissen, dass, sollten noch Reste der russischen Flugabwehr existieren, sie ihm nichts anhaben konnten. Der Luftfisch der Aliens mochte bis in alle Ewigkeit über russischem Boden kreisen, wenn es ihm beliebte.
    Die Frage war nur: wozu? Was wollten sie hier?
    Melvin musterte die Landschaft unter ihm auf der Suche nach einer Antwort. Er fand keine. Dort unten gab es nur
überfrorenen Sumpf und eine Flora und Fauna, die einen Wettkampf auf Leben und Tod um die Besiedlung des neuen Lebensraums austrugen. Das war alles. Keine Spur menschlicher Tätigkeit, geschweige denn Menschen.
    »Was tun wir hier?« Melvin richtete die Frage an 59b. Der Smartie überprüfte gerade den Sitz seines Geschirrs. Er zog mit seinen mächtigen Pranken an den verschiedenen Seilen, stellte sicher, dass sie nicht brüchig waren. Er beachtete Melvin nicht.
    »59b, antworte mir!«, sagte Melvin lauter.
    Der Smartie überprüfte sein Gewehr mit zwei Händen, während seine beiden übrigen Munition im Geschirr verstauten. Es waren kleine, olivfarbene Zylinder, zu groß, um in den Lauf eines TAR-21 zu passen.
    »Du wirst es gleich sehen«, brummte 59b. Er hängte sich das Gewehr um und sah auf seine Armbanduhr. Sie hatte einmal einem Menschen gehört. Der Smartie trug sie wie einen Ring um einen seiner Finger. 59b röhrte donnernd. »Bereit machen!«, rief er seinen Gefährten zu, die sich gleich ihm im Frachtraum des Luftfischs ausgerüstet hatten. »Noch zehn Sekunden bis zum Einschlag!« Ein Röhren aus hundert Smartie-Kehlen antwortete ihm. Es ließ den Boden unter ihren Füßen erzittern. 59b ging auf die Knie. Sein Kopf war jetzt auf selber Höhe wie der