Alien Earth - Phase 3
irgendwo in seinem Inneren nach Mut. »Das Ganze passt mir nicht. Ich gebe zu, was Sie und Ihre Jungs hier geschaffen haben, ist eindrucksvoll. Ich habe niemals etwas gesehen, was sich damit messen könnte. Freetown war eindrucksvoll, aber es brauchte Jahre und die Ressourcen der halben Welt, um es zu erschaffen. Das gilt auch für die Human Company, aber beides existiert nicht mehr. Ihr Schloss, Ihr Land«, er brachte es nicht über sich, es »Wunderland« zu nennen, »Ihre Jungs, Sie selbst - all das beeindruckt mich zutiefst. Aber was bedeutet das schon? Es ist nur Menschenwerk. Dieser Angriff, er war keine Übung, er war ein Wunschtraum. Die Realität ist eine andere. Die Aliens sind uns unendlich überlegen. Damit müssen wir leben, uns arrangieren - sonst werden wir sterben.«
Einen langen Moment lang sagte al-Shalik nichts, dann nickte er langsam. Der Zorn verschwand aus seinen Augen, machte Ernst Platz. »Ich könnte Ihnen nicht mehr zustimmen. Jedes Ihrer Worte ist wahr.« Der Ägypter deutete eine Verbeugung an, dann fragte er: »Kennen Sie sich in Geschichte aus, Mr. Delvaux?«
»Ich denke, ja.«
»In dem Üblichen wahrscheinlich. Großen Männern, großen Nationen, großen Kriegen, nicht? Was ist mit Naturgeschichte?«
»Macht das einen Unterschied?«
»Nein, beides lässt sich nicht voneinander trennen. Aber als Menschen vergessen wir nur allzu leicht, dass weit mehr als unsere eigene Geschichte existiert.« Er drehte sich zur Seite, zeigte auf das Seeufer, das sich in flimmerndem Dunst verlor. »Nicht weit von hier hat unsere Geschichte begonnen. Und sie hätte um ein Haar auch wieder hier geendet. Vor 74 000 Jahren war die Zahl unserer Vorfahren auf weniger als 15 000 geschrumpft. Wir standen vor dem Aussterben. Wieso? Weil wir nur ein gewöhnliches Lebewesen waren, weder zäher als andere, noch schneller oder stärker, noch - wenn überhaupt - wesentlich klüger. Aber wir überlebten und wurden klüger, immer klüger. Wieso das geschah, vermag niemand zu sagen, vieles spricht dafür, dass es lediglich ein Zufall war. Mir persönlich genügt das als Erklärung. Wichtig ist einzig das Ergebnis: Unsere Vorfahren steckten irgendwo in der Mitte der Nahrungspyramide fest. Sie jagten und wurden gejagt. Aber als wir klüger wurden und Werkzeuge benutzten, änderte sich das Bild: Wir arbeiteten uns hoch an die Spitze der Nahrungspyramide. Wir fraßen und vermehrten uns. Wir wurden die tödlichsten Jäger, die es jemals in der Geschichte der Erde gegeben hatte, und bald waren wir die einzigen nennenswerten Jäger, die übrig blieben. Es blieb kein Platz für Konkurrenten, nicht einmal für andere große Tiere. Wir nahmen sie in Zucht, fraßen sie auf oder raubten ihnen die Lebensräume, bis keine mehr von ihnen übrig waren. Unsere Überlegenheit ist so groß, dass wir selbst dann, wenn wir kurz vor dem Verrecken stehen,
allem übrigen Leben überlegen sind. Dieses Land hier war - bevor ich es unter meinen Schutz gestellt habe - bar jeden nennenswerten tierischen Lebens. Die Menschen hatten es aufgefressen, noch während sie selbst millionenfach an diversen AIDS-Stämmen starben. Dieses Land war nicht mehr grün, sondern braun, schwarz und grau. Ein Ödland. Wieso? Weil wir ganz oben stehen. Weil neben uns kein Platz ist.«
Al-Shalik wandte sich wieder François zu. »Und nun sind die Aliens hier. Die einen nennen sich Seelenspringer, die anderen Seelenbewahrer. Es macht keinen Unterschied für uns. Sie sind uns unendlich überlegen. Neben ihnen ist kein Platz. Wir müssen kämpfen oder sterben. Und wir müssen bald kämpfen. Noch bekämpfen sich Seelenbewahrer und Seelenspringer, schwächen einander gegenseitig. Noch gibt es kaum mehr als eine Million Seelenspringer auf der Erde.«
»Das ist billiger Populärdarwinismus«, warf François ein.
»Nein. Das ist, wie die Dinge sind. Leben ist Konkurrenz.«
»Und Kooperation.«
»Zuweilen ja. Aber das ändert nichts an den fundamentalen Mechanismen. Es heißt: sie oder wir.«
»Das ist Unsinn! Die Aliens sind uns überlegen, ja. Aber das heißt noch lange nicht, dass sie uns auslöschen wollen! Dafür gibt es keine Belege. Ganz im Gegenteil zur menschlichen Vorgehensweise. Die USAA haben die Seelenspringer an den Rand der Auslöschung getrieben. Es waren einmal zwei Millionen, unmittelbar nach dem Transfer. Davon lebt vielleicht noch knapp über die Hälfte. Und sie sind Flüchtlinge. Was sollen sie uns schon antun?«
Mahmut reichte seinen Helm einen
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