Alien Tango

den Kopf gegen
das Fenster. Jetzt lief das Remake der Wallflowers von David Bowies »Heroes«.
    »Nein.« Etwas an der Art, wie er das sagte, ließ mich aufhorchen.
    »Warum nicht?«
    »Ich glaube, er gehörte dem Leuchtturmwärter.« Readers Stimme klang
gedämpft. »Als ich ihn fand, war er bereits tot.«
    »Wo?«
    »In der Nähe des Wagens. Er muss etwas gesehen haben und hat wohl
versucht, zu entkommen.«
    Wieder wanderte mein Blick zum Mittelteil. Serene schien es etwas
besser zu gehen, aber sie zitterte noch. Brian zog sie sanft an sich und deckte
sie zu. Sie atmete noch etwas zittrig durch, und er legte den Arm um sie. Ich
sah wieder Reader an. »Wer hat das getan?«
    »Die Club-51-Gorillas, schätze ich. Jeff und Christopher waren es
jedenfalls nicht, und ich glaube auch nicht, dass Serene es getan hat.« Er fuhr
sich mit dem Finger über die Kehle.
    »Uäh.«
    »Allerdings. Kevin hat schon jemanden informiert, die Leiche müsste
bald abgeholt werden.«
    Wir fuhren durch die Nacht, während mein Wallflowers-Mix weiterhin
seine Wirkung tat. Nach einem prüfenden Blick nach vorn war ich sicher, dass
die Jungs auf den Vordersitzen alle hellwach waren, mit Ausnahme von
Christopher, der sich zu seiner üblichen Autoschlaf-Position zusammengerollt
hatte.
    Reader legte sich lang. Gower gab ein leises Grunzen von sich,
schlang den Arm um ihn und kuschelte sich näher heran. Readers Augen schlossen
sich, sein Atem wurde gleichmäßig.
    Martini schlummerte, während ich ihm über das Haar strich. Die
meisten Insassen des Hummers schliefen, was bedeutete, dass ich umso wacher
war. Aus irgendwelchen Gründen löste sich meine Müdigkeit immer in Luft auf,
sobald die Mehrheit schlief. Ich wusste nicht genau, wieso, aber vermutlich lag
es daran, dass ich meinte, irgendjemand müsste kampfbereit sein.
    In der Stille konnte ich mich nie entspannen, stattdessen begannen meine
Gedanken zu kreisen. Wir hatten die Club-51-Schlange enthauptet, was aber nicht
bedeutete, dass sich auch der Rest aus der Schlangengrube verziehen würde. Das
Foto, das ich von Leventhal Reid gesehen hatte, erschien vor meinem geistigen
Auge. Das war unser Oberscheusal, nur dass es diesmal ein ganz normaler,
durchschnittlich attraktiver Mensch war und kein parasitäres Überwesen. Wir
waren sehr viel besser für den Kampf gegen außerirdische Bedrohungen gerüstet
als für den Kampf gegen Menschen. Menschen waren so viel hinterhältiger und
bösartiger.
    Ich dachte daran, wie ich Taft getötet hatte. Überwesen tötete ich
inzwischen regelmäßig, doch selbst bei meinem allerersten Überwesen hatte ich
keinerlei Reue empfunden. Aber es hatte mir auch nie gefallen, etwas oder
jemanden zu töten. Bei keinem Überwesen, nicht bei Taft und noch nicht einmal
bei Beverly. Es war einfach etwas, das getan werden musste. Sie oder ich. Oder
eigentlich sie oder andere. Vielleicht war es das, was Martini und meine Mutter
meinten: Manchmal musste man das Böse töten, aber das bedeutete nicht, dass man
es gern tat.
    Meine Gedanken wanderten zu ACE . So
mächtig und gleichzeitig so unschuldig. Ich hatte instinktiv gewusst, dass ACE durchgedreht wäre, wenn wir die Alligatoren
erschossen hätten. Ich fragte mich, ob mein Mord an Taft wohl schlimm für ACE gewesen war.
    Nein, hörte ich in meinem Kopf. ACE versteht, warum Kitty töten
musste. Alligatoren waren nicht böse, waren einfach nur Alligatoren.
    Wie kannst du mit mir sprechen?
    Bin noch immer überall, auch während ich in Paul
bin. Paul ist gut, Kitty hat gut gewählt für ACE.
    Danke, dass du uns gerettet hast. Wir würden nicht mehr leben, wenn
du uns nicht abgeschirmt hättest.
    ACE würde gern mehr tun … Seine Stimme
verklang in meinem Geist. Ich überlegte, warum er es dann nicht tat oder nicht
tun konnte.
    Du solltest es nicht tun. Du könntest alle unsere Probleme für uns
lösen. Aber das würde uns von dir abhängig machen, so sehr, dass wir nicht mehr
eigenständig handeln könnten. Und es würde dich so mächtig machen, dass du
dadurch möglicherweise zu etwas wirst, das du nicht sein willst, das weiß ich.
Als diese Autos auf uns zugerast kamen, habe ich das allerdings anders gesehen.
    Aber Kitty hat ACE nicht um Hilfe gebeten und
Paul auch nicht.
    Dann hast du aus eigener Initiative gehandelt? Dann danke ich dir
umso mehr.
    Das habe ich gern gemacht für Kitty. ACE lernt,
wann er einschreiten und wann er still bleiben muss. Wie immer, beobachten und
beschützen.
    Wie Gott.
    Nein. Gott ist viel