Alix ... : Historischer Roman (German Edition)
Evangelien den Führern des Kreuzzugs Gehorsam.
Sobald sie meine Territorien betreten,
will ich für ihre Sicherheit und die ihrer Soldaten sorgen
und ihre Sache nach besten Kräften unterstützen.“
Seinem Beispiel folgend, gaben nun fast alle Vasallen im Lande ähnliche Treueide ab, wenn auch schweren Herzens.
Einer jedoch weigerte sich hartnäckig, die Unterwerfungsaufforderung zu beantworten: Raymond-Roger Trencavel, der Vizegraf von Carcassonne. Er hatte sowohl den Juden als auch den Katharern in seinen Ländern Schutz und Schwert versprochen, und sein gegebenes Wort besaß für ihn die Kraft eines Gesetzes.
Als jedoch das Kreuzfahrerheer den ersten Schritt in sein Territorium machte, ritt er, aufs Höchste besorgt, mit seinen Männern ins Lager der Franzosen, um mit Amaury und den Baronen aus dem Norden zu verhandeln - doch nun war es zu spät: Die Anführer wiesen sein Ansinnen auf Unterwerfung schroff zurück. Sie weigerten sich, ihre Einfallpläne zu ändern.
Zwanzigtausend Ritter und mehr als zweihunderttausend Fußsoldaten - nie zuvor war in der Christenheit ein solch großes Heer aufgestellt worden - waren zu befriedigen. Welchen Ersatz hätten die Heerführer den Kreuzfahrern anbieten können, die längst von Gold und Schätzen träumten?
11.
Der Spielmann war unrasiert, sein Kinn und seine Wangen umgab ein dunkler Schatten.
„Setzt Euch, bitte“, sagte er zu Alix von Rocaberti und ihrer Begleitung, nachdem er die beiden angemessen begrüßt hatte. Er war gerade beim Dichten gewesen, eine gepfefferte Angelegenheit bei Villaine. Man sah es am umgeworfenen Stuhl, seinen verschmutzten Fingern und dem Tintenfleck, der sein ungebleichtes Leinenhemd zierte.
Auf Frauenbesuch war er nicht vorbereitet, schon gar nicht auf diesen: „Die Stoppelhaarige“, wie er sie heimlich noch immer liebevoll nannte, obwohl das Haar längst nachgewachsen war, war eine der prachtvollsten Edelfrauen - selbst in der einfachen Kleidung katharischer Betschwestern!
Alix nahm die Kapuze ab, lächelte sanft und sah ihm geradewegs in die Augen - was bei Villaine jedoch nicht nur einen wohligen Schauer auslöste, sondern auch Misstrauen. Was wollte sie von ihm?
Um ihr zu zeigen, dass er weiß Gott nicht auf sie gewartet hatte, sondern wie üblich fleißig bei der Arbeit gewesen war, legte er zuerst die Gänsekiele beiseite, überprüfte das zuletzt Erdichtete, blies Tintenspuren trocken, die längst nicht mehr glänzten.
Endlich rollte er die Blätter zusammen. Ein scharfer Geruch nach Gallustinte lag im Raum, der sich erst verflüchtigte, als er den Behälter verschloss und das Fenster weit aufstieß.
„Ich hoffe, wir stören Euch nicht, Meister Villaine?“, fragte ihn Alix nun schon zum zweiten Mal.
„Es wollte mir heute sowieso nichts Rechtes aufs Pergament kommen“, antwortete der Spielmann leichthin. Doch er blieb beim Fenster stehen, tat, als beobachtete er seine Knechte beim Heuabladen. „Die Welt ist so verrückt geworden, dass man sich fragen muss, ob sie zukünftig noch Platz haben wird für Spielleute und meinesgleichen.“
Aus den Augenwinkeln heraus beobachtete er, wie die Rocaberti erstaunt die Brauen hob und ihre Begleiterin schmal lächelte.
„Deswegen sind wir hier, Meister Villaine“, sagte Alix zielstrebig. „Ihr habt bereits gehört, dass ein großer Kriegszug auf unser Land zurollt?“
Endlich drehte er sich ganz zu ihr um. „Aber ja, ma Dame , mit Sorge habe ich es vernommen, mit großer Sorge, das dürft Ihr mir glauben.“
Alix trat auf ihn zu und legte beruhigend ihre Hand auf seinen Arm. „Mir ergeht es ebenso. Doch lasst die Förmlichkeiten beiseite, Villaine, sagt Alix zu mir. Wir haben soviel gemeinsam erlebt, damals ...“
Villaine hielt den Atem an. Die Flötentöne wurden ja immer lauter. „Konntet Ihr inzwischen etwas über Euren Jungen erfahren?“
Sie schüttelte betrübt den Kopf. „Aus diesem Grund bin ich zu Euch gekommen. Ihr müsst mir helfen, Damian zu finden!“
Villaine schlug die Augen nieder. Das war deutlich. Er musste ihr helfen? Offenbar hatte der gute Trencavel nichts Rechtes zustande gebracht, und nun kam sie zu ihm geschlichen.
„Ihr habt ... einen Plan?“, fragte er vorsichtig.
Alix setzte sich - und dann sprudelte auch schon aus ihr heraus, was sie sich zurechtgelegt hatte. „Und? Was haltet Ihr davon?“, fragte sie, fast atemlos.
Der Spielmann strich sich übers Kinn. Beim bärtigen Ganymed, dachte er, diesen Schauder, den sie ihm gerade
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