Alix ... : Historischer Roman (German Edition)
bereitet hatte, genoss er nicht!
„Ich muss nachdenken.“ Er lief auf den Hof hinaus, wo er zu seiner Verblüffung feststellte, dass Alix das Geleit, die Begleitsoldaten, bereits wieder nach Carcassonne zurückgeschickt hatte.
„Dieses ausgekochte Weib“, flüsterte er - doch dann erinnerte ihn sein heller Verstand daran, was er im Grunde längst wusste: Alix von Rocaberti war eine Frau, die für gewöhnlich bekam, was sie wollte.
Er ließ nach Fünfei und Miquel rufen, um sich mit ihnen zu beraten. Erst nach einer Weile kehrte er ins Haus zurück.
Alix saß ruhig und gefasst auf der Bank. Sie zeigte keine Anzeichen von Unsicherheit. Einzig die Jüdin suchte ihre Augen zu verstecken, indem sie wie eine schüchterne Magd zu Boden blickte.
„Und Ihr glaubt wirklich, auf diesem Weg die Spur zu Eurem Sohn aufnehmen zu können?“, Villaine sah Alix fragend an.
„Durchaus. Und wenn es uns gelingt, uns in das Vertrauen der Kreuzfahrer zu schleichen, können wir obendrein den Trencavel mit wichtigen Nachrichten versorgen, gewissermaßen als Kundschafter oder Späher!“
„Ihr meint ...“ Villaine hatte es die Sprache verschlagen.
„Selbst Troya konnte nur durch eine List erobert werden“, Alix` Augen funkelten. „Erinnert Euch doch an Cahors, Villaine! War das Trullo-Brett denn nicht bestens geeignet für das Übermitteln von wichtigen Nachrichten? Ihr seid ein höfischer Spielmann, besitzt sowohl ein gutes Gedächtnis als auch eine rasche Auffassungsgabe. Und Ihr könnt sprechen oder schweigen, fiedeln oder singen - je nach Wunsch, ja, Ihr tanzt sogar den französischen Schritt! Ungezählte Möglichkeiten werden sich uns eröffnen, um an Kriegsgeheimnisse heranzukommen, die für Carcassonne von größter Wichtigkeit sind. Wir könnten uns aber auch eine Geschichte ausdenken, mit der wir den Kreuzfahrern Angst einjagen.“
Alix sprang auf und bewies, dass sie in der Leidenschaft, mit der sie etwas vortrug, Villaine um nichts nachstand.
„Carcassonne - eine Stadt so mächtig wie das Heilige Jerusalem“, deklamierte sie, „Zinnen, so hoch wie die Zedern des Libanon, Gräben so tief wie die Schluchten des Tarnflusses - jedoch angefüllt mit Strömen von heißem Pech! Schwirrende Feuerpfeile, die sich von selbst ihr Ziel suchen, Trebucas mit Geschossen, so groß, dass sie die Sonne verdunkeln ... Ihr versteht, Villaine, je stärker der Wind, desto größer die Wellen! Schmückt dieses Geschichtlein mit Eurer eigenen Phantasie aus - oder stutzt es so zurecht, dass den Leuten vor Schreck das Herz stehen bleibt. Dann werde ich auftreten und mich wie zufällig zu euch gesellen. Und ich schwöre vor den Kreuzfahrern bei allen Heiligen“ - Alix bekreuzigte sich -, „dass kein einziges Wort davon gelogen ist!“
Villaine warf einen Blick auf Esther, die mit rotem Kopf auf der Bank saß und Mühe hatte, das Lachen zu unterdrücken.
„Also, wenn Ihr einverstanden seid, Villaine“, fuhr Alix ungerührt fort, „und ich kann mir nicht vorstellen, dass Ihr auch nur ein Quäntchen anders darüber denkt, so leiht mir Feder und Tinte, dann will ich den Trencavel noch heute über unseren Plan unterrichten.“
Villaines Augen weiteten sich. „Wie? Unser Herr und Meister weiß noch gar nichts davon?“
„ Hélas , er hat im Augenblick gewiss andere Sorgen“, sagte Alix kühl. „Aber seid versichert, Villaine, er wird meinen Plan gutheißen.“
Der Spielmann bezweifelte Alix` Worte nicht. Dennoch überschlug sich alles in seinem Kopf. Das, was sie vorhatte, war verrückt und gefährlich - aber barg es nicht auch eine kleine Chance für ihn, Villaine? Wenn er jetzt nicht zugriff und ihr bewies, dass er der Mann war, nach dem sie ihr Leben lang gesucht hatte, würde er nicht nur den Gaul, sondern auch noch den Sattel verlieren. Dann sähe er diese Frau nie mehr wieder.
Villaine sträubte sich eine Weile oder tat zumindest so, dann nickte er. „Nun gut, Alix, kecker Mut ist der beste Harnisch.“ Er bückte sich, zog einen kleinen Stapel Pergament hervor, reichte ihr den Tintenkrug und eine Feder. „Schreibt!“
12.
„Krieg! Dass ich das noch einmal erleben muss!“ Bertrand von Saïssac jammerte in einem fort, während der Trencavel, der nach langer Abwesenheit endlich in Carcassonne eingetroffen war, in aller Eile Befehle und Briefe unterzeichnete, die er im Morgengrauen diktiert hatte.
Blatt für Blatt legte ihm sein erster Schreiber die Reinschriften vor.
Peter von Cabaret saß neben ihm, die
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