Alix ... : Historischer Roman (German Edition)
Schriftstücke zu prüfen. Ein Schreiben ging an Gottfried von Lamothe, den Lehnsvogt von Béziers. Ihm hatte der Trencavel, neben dem Bau einer weiteren Wehrmauer aus Schüttwerk, den Ankauf von tausend Armbrüsten befohlen.
Peter fasste den Vizegrafen beim Arm. „Hast du es vergessen?“, flüsterte er. „Die Armbrust gehört zu den unter Christen verbotenen Waffen!“
Der Trencavel unterschrieb weiter. „Und wenn schon“, sagte er. „ Wir brechen dieses Gesetz nicht. Das Kreuzugsheer führt sie in großer Zahl mit sich, hat man mir gesagt.“
„Diese Teufel“, fuhr es aus Peter heraus.
„Teufel?“, knurrte Saïssac. Mit seinen noch immer geschickten Fingern knickte er das untere Drittel des nächsten Schreibens nach vorne um, und zog die Hanfschnur durch die beiden bereits vorbereiteten Löcher, so dass die Enden hinten herabhingen. Er zog die Fäden straff und legte sie zwischen zwei flache Bleischeiben. Diese schob er mit Bedacht zwischen die Siegelstempel – eine Arbeit, die er liebte - und presste sie zusammen.
„Aber ja, der Satan wütet mit Macht gegen uns“, beantwortete der Alte seine eigene Frage. „Im Augenblick hat er Raymond von Toulouse in seinen Fängen“, er warf seinem Neffen einen vorwurfsvollen Blick zu, „diesen unbelehrbaren Weiberhelden. Fünf Ehefrauen hat er beglückt, eine nach der anderen. Nun ist er sehenden Auges in Luzifers Falle gerannt. Unterwirft sich dem Feind, als ob er ihn damit würde aufhalten können! Aber so waren die Tolosaner schon früher, unbedacht und hitzig. Weiberhelden! Speichellecker! Kein Wunder, dass es ständig Krieg zwischen unseren Häusern gab.“ Der Alte spuckte neben sich auf den Boden, bevor er mit Nachdruck die nächsten Siegel presste.
Der Trencavel warf Peter einen warnenden Blick zu. In weiser Voraussicht hatten sie dem Oheim nur eine beschönigende Fassung ihrer eigenen, dem Feind angebotenen Unterwerfungserklärung aufgetischt. In einem hatte der Alte recht: Keine noch so demütigende Zeremonie hätte die Kreuzfahrer aufgehalten. Seit Raymond-Roger das Heer gesehen hatte, raubte ihm der Anblick den Schlaf.
„Auch wenn ich mich mit dem Tolosaner zerstritt, Oheim, so gibt es kaum einen treueren Menschen als ihn - Euch ausgenommen“, sagte er mit fester Stimme. „Mein seliger Vater hat seinerzeit mit Bedacht Euch und den Grafen von Toulouse als meine Vormünder bestimmt. Mag sein, dass sich Raymond im Irrtum befindet, wenn er glaubt, als Teilnehmer des Kreuzzuges Einfluss auf dessen Verlauf nehmen zu können. Doch was seine Treue gegenüber uns angeht, so dürft Ihr an ihm nicht zweifeln. Er hat unter Druck die Seiten gewechselt.“
„Bei meinem Leben, muss ich es noch einmal sagen! Um einen ehrenhaften Frieden auszuhandeln, bedarf es keines elenden Fußkusses“, zischte Saïssac. „Kriecht den Römischen in den Hintern!“
Peter von Cabaret konnte sich ein Grinsen über die Wortwahl des Alten nicht verkneifen.
Den Trencavel hingegen belustigte sie nicht. Er gähnte, war müde bis in die Knochen. Obwohl er vom anstrengenden Ritt völlig erschöpft nach Hause gekommen war, hatte Inés die halbe Nacht mit ihm gestritten. Die Eifersucht ...
Er legte die Feder beiseite und schickte den Schreiber hinaus. „Jetzt sind wir unter uns, Oheim. Der Graf von Toulouse mag ein Weiberheld sein und oft unüberlegt handeln. Auch hätte ich mir gewünscht, an seiner Seite gegen die Franzosen zu kämpfen. Ein Verräter ist er jedoch noch lange nicht! ´Glaubt fortan nur die Hälfte von dem, was man euch über mich erzählt`, hat er uns eingeschärft. Er ist mein Oheim mütterlicherseits. Ich vertraue ihm noch immer, auch wenn wir im Streit auseinandergingen.“
„Glaubt fortan nur die Hälfte? Hélas , du bist zu gutgläubig, Raymond-Roger, und nun werden sie kommen, um uns ...“
Peter von Cabaret griff ein. „So beruhigt Euch doch, Sénher. Sie werden nicht wagen, Carcassonne anzugreifen, solange sich die Vizegräfin Inés hier aufhält, eine der Töchter des papsttreuen ...!“
Saïssac hatte gerade Einspruch einlegen wollen, als er inne hielt und einen spitzen Schrei ausstieß. „Wartet!“
Er ließ alles stehen und liegen und humpelte, auf seinen Stock gestützt, hinaus.
Als er zurückkam, überreichte er seinem Neffen eine gesiegelte Pergamentrolle.
„Eine Nachricht der Rocaberti. Tut mir leid. Das Schreiben traf bereits vor drei oder vier Wochen hier ein, während Ihr noch in Aubenas weiltet.“
Der Trencavel errötete,
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