Alix ... : Historischer Roman (German Edition)
Okzitaniern im Blut lag.
Als Inés vom Brief ihrer Schwester an Raymond-Roger erfuhr, flammte der nächtliche Streit wieder auf.
„ Jhesu Crist “, rief sie aus. „Ist Alix verrückt geworden? Zieht mit den Spielleuten umher, macht sich gemein mit dem Pöbel, nur um ihren Sohn ausfindig zu machen?“
Die Kiefermuskeln des Trencavels mahlten. „Hast du mir nicht erzählt, dass sie es früher schon so hielt? Dass sie es liebte, mit den Knechten Trullo zu spielen?“
Seine Stimme klang verächtlich und eifersüchtig zugleich, was Inés erst recht wütend machte.
„Mit den Knechten und Mägden“, verbesserte sie ihn gehässig, „und mit beiden bist du ja ebenfalls vertraut!“ Sie warf sich zur Seite, damit Raymond ihre Tränen nicht sah.
Er hatte kein recht, Alix schlechtzumachen, er nicht! Wieder sah sie ihn vor sich, wie er Fabrisses Beine weit gespreizt hatte, bevor er in sie eingedrungen war. Vor lauter Stöhnen und Keuchen hatten die beiden sie gar nicht wahrgenommen.
Raymond-Roger sprang auf. Wie ein unruhiger Wolf lief er vor ihrem Bett auf und ab.
„Deine Schwester bringt unser Haus in Verruf“, zischte er, „und sich in höchste Gefahr. Selbstredend befindet sich der Erzbischof von Cahors im Lager der Kreuzfahrer. Er und Bischof Fulco und viele andere gefährliche Leute. Aber sie kann so dumm doch nicht sein, anzunehmen, dass Bartomeu den Jungen mit sich herumschleppt!“
Inés beobachtete ihn durch einen Spalt ihrer verweinten Augen. „Das ist sie auch nicht. Dumm, meine ich. Aber sie ist eine gute Mutter, Raymond. Und du hattest ihr Hilfe versprochen ...“
„Ach, meinst du? Und weshalb nimmst du deine Schwester plötzlich in Schutz? Du bist doch selbst mit ihr im Unreinen seit ... seit langem!“
„Und wer trägt die Schuld daran?“ Inés schluchzte auf.
Die Hände zu Fäusten geballt, und ohne nach der Amme und seinem Sohn zu rufen, wie er es eigentlich vorgehabt hatte, verließ der Trencavel seine Frau.
An der Tür drehte er sich noch einmal zu ihr um. „Ich breche noch in dieser Stunde nach Béziers auf. Außer, dass ich mich mit ´Weibergeschichten` beschäftige, wie du mir ständig vorwirfst, habe ich nämlich noch mein Land und meine Leute zu beschützen, falls du das vergessen haben solltest. Wir befinden uns im Krieg!“
13.
Am fünften Tag, den die Spielleute unterwegs waren – die Sonne hatte die Mittagshöhe bereits erreicht - trafen sie in einer felsigen Schlucht auf zwei versprengte Fußsoldaten. Es gab keine Möglichkeit zum Ausweichen. Rechts des Pfades wuchs eine schneeweiße Steinwüste nach oben, links fiel sie in eine tiefe Schlucht, auf deren Grund ein Flusslauf rauschte.
Die beiden Soldaten keuchten, offenbar waren sie bergauf gerannt, die Gesichter von der Sonne verbrannt, die Lippen aufgeplatzt.
„Um Christi Willen, gebt uns ein Stück altes Brot!“, rief der eine, ein langer, hagerer Geselle im viel zu warmen Rock, während der andere, die Gugel tief ins Gesicht gezogen, die Spielleute misstrauisch beäugte.
„Was ist denn los mit euch?“, fragte Villaine. „Seid ihr auf der Flucht vor eurem Herrn?“
„Halt bloß das Maul und sag nichts!“ Der Kleinere knuffte den Langen in die Seite.
„Nun gut, ich kann auch so schwarz und weiß unterscheiden“, sagte Villaine ungerührt. „Doch wenn ihr dicken Dreck am Stecken habt, wieso sollten wir euch dann von dem Wenigen abgeben, das wir mit uns führen?“ Er schnalzte ärgerlich mit der Zunge. Die Pferde setzten sich in Bewegung.
Da machte der Lange einen Satz und hielt den Spielmann am Rock fest. „Verzeiht die Unhöflichkeit, Sénher“, rief er. „Wir sind Kreuzfahrer und wir haben schlimme Dinge erlebt. Erbarmt Euch, ich flehe Euch an, um Christi Willen ... Ein kleines Stückchen Brot nur!“
Villaine gab nach, doch er stellte zur Bedingung, dass die beiden ihm ihre Geschichte erzählten.
Sie kauten gierig. Dann berichteten sie.
Zu dritt hatten sie sich bei Valence, ihrer Heimatstadt, dem Kreuzzug angeschlossen, als ihr ungetreuer Vetter des Nachts im Lager umherstrich und aus dem Zelt eines angesehenen Herrn etwas Wertvolles stahl, wobei man ihn erwischte. Sie fanden ihn, halb zu Tode geprügelt, hinter einem Weißdornbusch. Das Silber sei weg, habe er geflüstert, in seiner Bruche jedoch, stecke etwas Wertvolles, womit sie reich werden könnten. Plötzlich sei Blut aus seinem Mund geflossen und der Vetter wäre gestorben.
„Und was hatte euer diebischer Verwandter in seiner
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