Alix ... : Historischer Roman (German Edition)
in der Stadt! Die Franzosen!“ In den umliegenden Häusern wurden Läden aufgerissen und sofort wieder zugezogen.
„Aber wie kann das sein, wenn alle Tore verschlossen sind?“, fragte Esther ängstlich - kaum, dass sie für einen Augenblick die Straße „Zum Roten Hut“ aus den Augen ließ, aus der die Spielleute zu erwarten waren.
Alix warf einen Blick auf die Wehrgänge. „Heilige Jungfrau! So sieh doch!“ Sie rüttelte Esther am Arm. „Auf den Mauern wird gekämpft! Die Bogenschützen schießen ihre Pfeile ab!“ Wie gebannt beobachteten sie das Geschehen und mit jedem Soldaten, der tot oder verletzt vom Wehrgang in die Tiefe stürzte, sank ihr Mut. Sie zwangen sich, wegzuschauen. Es reichte, das Schwirren der Pfeile zu hören, um sich die Wunden vorzustellen, die diese stachen, bei Freund und Feind.
Der Platz um sie herum füllte sich. Die einen drängten schreiend hinaus in die umliegenden Straßen und Gassen, die anderen herein. Vor allem auf der Straße, die zum Schloss führte, wogten dunkle Trauben von Menschen, die sich in Sicherheit bringen wollten.
„Wo bleibt denn nur Villaine?“ Die Stimme der Jüdin brach fast vor Angst. „Sollen wir ihn suchen?“
„Wir bleiben an Ort und Stelle, im anderen Fall verfehlen wir uns nur“, antwortete Alix, ebenfalls verzweifelt Ausschau haltend. „Der Brunnen bietet uns Schutz, Esther!“
Gänzlich unvermittelt begannen die Glocken der Stadt zu läuten, eine nach der anderen; von Turm zu Turm sprang das Geläut, bald hell und aufgeregt, dann dumpf und dröhnend, worauf die Jüdin fast verrückt wurde vor Angst.
„Das ist ja unheimlich“, stieß sie hervor und hielt sich die Ohren zu. „Müssen wir um unser Leben ...?“
Sie hatte das letzte Wort noch nicht ausgesprochen, als sich eine Menschengasse öffnete und vier Priester auftauchten, in vollem Ornat. „Rettet euch in die Magdalenen-Kirche!“, forderten sie die Leute auf, „ Ribaldis sind in die Stadt eingedrungen. In der Kirche seid ihr in Sicherheit!“
Viele, die bereits in Richtung Schloss unterwegs gewesen waren, drehten wieder um und folgten dem Rat der Priester, andere rannten wie kopflos auf dem Platz herum, riefen nach ihren Kindern oder sämtliche Heilige an, die ihnen einfallen wollten.
„Wären wir nur rechtzeitig zum Schloss zurückgelaufen!“, klagte Esther. „Jetzt ist es zu spät! Auf der Straße ist kein Durchkommen mehr!“
„Nur mit der Ruhe! Wenn tatsächlich Ribaldis in der Stadt sind“, rief Alix, „sind sie aufs Plündern aus, da wären wir gerade im Schloss nicht sicher. Wir bleiben hier, im Schutz der Menge. Wenn die Tore offen sind, können wir vielleicht noch heute die Stadt verlassen.“
Die Sturmglocken von Béziers dröhnten noch immer.
„Aber wo befindet sich denn diese Magdalenenkirche?“, schrie Esther Alix ins Ohr. „Handelt es sich um den weißen Turm hinter der Straße?“
Alix reckte den Hals. „Dorthin laufen die Leute, ja!“
„Da wären wir wenigstens in Sicherheit! Komm mit!“
Doch Alix wollte keinen Fehler machen. Sie dachte an ihren Sohn, an Villaine. Treffpunkt am Brunnen, hatte er gesagt, am Brunnen. Niemals würde er sie in der Magdalenenkirche suchen!
„Esther, hör mir gut zu“, rief sie in vorgetäuschter Unbekümmertheit, „du bist nicht wie eine Jüdin gekleidet, also lauf hinüber zu dieser Kirche, stell dich in die Nähe des Eingangs. Dort halte nach mir Ausschau. Ich komme mit den anderen nach, sobald sie da sind. Es kann ja nicht mehr lange dauern. Villaine lässt uns nicht im Stich.“
Esther zögerte. Allein wollte sie nicht gehen. Doch als sie plötzlich die Hurenjäger entdeckte, hoch zu Ross und auch zu Fuß, rannte sie voller Panik los. Das letzte, was Alix von ihr sah, war, wie sie sich - noch auf dem Platz - bückte, um einen Säugling aufzuheben, den jemand im Gewühl verloren hatte.
Nach dem Auftauchen der schlachtberauschten Rotten wäre es Alix sowieso nicht mehr möglich gewesen, der Freundin zu folgen, denn einige Ribaldis sperrten den Platz ab und stachelten die anderen auf, die sich ein rohes Vergnügen aus der Angst der Leute machten, indem sie sie hetzten. „ Foutredieu! “, hörte man sie lautstark fluchen. „Lasst uns alles hier niedermachen!“ Dreckiges Gelächter. Schamlose Flüche. Brennende Fackeln. Rauch. Angstschreie. Fäuste voller Steine. Zerschmetterte Schädel. Blut ... Schon rüttelte das Feuer an den Türen, leckte aus den Fenstern, kletterte auf die Dächer ...
Alix hatte
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