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Alix ... : Historischer Roman (German Edition)

Alix ... : Historischer Roman (German Edition)

Titel: Alix ... : Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Luise Köppel
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an, und wieder andere saßen in stummer Trauer auf dem Pflaster und verbargen ihr Antlitz zwischen den Knien. Aber es gab auch welche, die drohend die Fäuste in Richtung der Soldaten reckten, die den Eingang zur Kirche bewachten. Vor allem zwei jüngere Männer waren schier außer sich vor Zorn, sie brüllten ohne Unterlass: „Mörder, Mörder, Mörder!“
    Plötzlich krachte mit einem unglaublichen Getöse der Dachstuhl in sich zusammen. Die Gluthitze und der Staub schlugen Villaine ins Gesicht. Rasch drückte er sich unter die Arkade eines Händlergeschäftes. Als er sich von seinem Hustensturm erholt hatte und die Augen öffnete, beobachtete er, wie die Soldaten, die sich ebenfalls vor den herabstürzenden Balken in Sicherheit gebracht hatten, zur Kirche zurückrannten und sich erneut breitbeinig und mit gezückter Lanze vor den Eingang stellten.
    Was um alles in der Welt bewachten sie dort noch?
    Da fiel sein Blick auf das Tor selbst. Villaine hielt den Atem an, als er verstand: Die Magdalenenkirche war ein Scheiterhaufen! Absichtlich hatten sie die Menschen in die Kirche getrieben, dann das breite Tor mit Stangen und Brettern verbarrikadiert - und das Gotteshaus angezündet! Der Spielmann war fassungslos. Derlei Grausamkeiten sagte man den Mauren im Heiligen Land nach, doch heute und hier waren die Römischen den Beweis angetreten, dass sie tausendmal schlimmer sein konnten.
    Er wollte gerade weiterlaufen, als er Pferdewiehern vernahm. Reiter kamen aus der Richtung, aus der auch er gekommen war. Eine Gruppe herausgeputzter Prälaten und Barone ritt heran, in Begleitung mehrerer schwer gepanzerter Ritter. Villaine trat die Flucht nach vorne an und auf die Straße hinaus. Für einen Plünderer wollte er nicht gehalten werden.
    Die Bischöfe auf ihren gestriegelten und mit roten Quasten und Glöckchen geschmückten Rössern würdigten ihn keines Blickes. Stumm ritten auch die Barone und Ritter an ihm vorbei, den Blick auf das vor ihnen liegende brennende Gotteshaus gerichtet. Auf dem Kirchplatz machten die Abordnung Halt - offenbar um sich das Schauspiel näher zu betrachten.
    Die beiden Männer, die zuvor „Mörder“ geschrien hatten, hielten sich auch jetzt nicht zurück in ihrem Zorn. Sie deuteten auf die brennende Kirche, wo sich wohl ihre Angehörigen befanden, brüllten, tobten - und wurden auf der Stelle festgenommen.
    Villaine beobachtete aber auch, wie sich einer der Geistlichen der Verzweifelten annahm. Er sprach mit ihnen vom Pferd herab und segnete sie mit dem langen Kreuz, das er in den Händen hielt.
    Als Villaine an den Reitern vorbeischleichen wollte, wurde er Zeuge, wie ein hochgewachsener, dunkler Hüne im Kettenpanzer und Waffenrock mit einem der Prälaten in Streit geriet. Villaine konnte nicht alles verstehen, doch als der Prälat - es musste sich bei ihm um einen der Anführer des Kreuzzugs handeln, denn er trug Gold und ritt das prächtigste Pferd von allen - aufgebracht das Kruzifix zum Himmel streckte und mit zorniger Stimme rief: „Gott wird die Seinen schon erkennen, Graf von Montfort!“, erfasste der Spielmann, dass sie es tatsächlich billigend in Kauf genommen hatten, dass alle umkamen in dieser Stadt, alle! Katharer, Katholiken, Juden, Männer, Frauen, Kinder ...
    Und er schwor sich: Falls er dieses Massaker überlebte, würde er, Villaine, der Spielmann von Carcassonne, ein Canso über den Kreuzzug gegen die Katharer schreiben. Die Wahrheit sollte auf ewig lodern und von den Sängern wie eine Fackel durch alle Lande und Zeiten getragen werden!
    Doch um ein Haar hätte er seine gerade gefasste Absicht gleich wieder vergessen können, denn er prallte beim Weiterlaufen mit einem Trupp Soldaten zusammen, die mehrere Karren, hoch beladen mit gestohlenem Gut, an ihm vorüberschoben.
    „He, wo ist dein Kreuz?“ fragte ihn einer misstrauisch - und auf Französisch!
    Villaine schwenkte den Speer und stieß ein paar Brocken hervor, die er seinerzeit für die Parodie des König von Frankreich einstudiert hatte. Die Männer lachten, sie deuteten mit dem Finger auf ihre Stirn, hießen ihn einen Kretin und zogen davon.
    Erleichtert rief er ihnen noch ein „ Le vin est bon! “ hinterher, dann stieg er über etliche verstümmelte Leichen hinweg und folgte einer Abflussrinne, in der das Blut so schnell floss wie das Wasser nach einem Regenguss. Kurz überlegte er, ob er nicht gleich den Weg zum Palast einschlagen sollte. Wenn die Frauen noch am Leben waren, dann befanden sie sich dort! Doch

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