Alix ... : Historischer Roman (German Edition)
den Tempelrittern. Leicht ist`s, die Menschen zu blenden. Peter meint das auch. Er sagt, im anderen Fall hätten wir in Carcassonne das Gotentor gefunden. Oder wenigstens in Reda. „
„Habt ihr auch dort gründlich genug gegraben?“
„Gründlicher noch als in Carcassonne. Aber wir konnten nur im Bereich der Zitadelle graben, alles andere gehört, wie du selbst am besten weißt, Aragón. Wir haben einen sehr alten Gang entdeckt, Gebeine, Knochen. Mauerwerk, aber nichts, was an einen Davidstern erinnert. Eine kleine goldene Statue, eine Isis, kam zutage, tief unten in einer Grotte. Die haben wir, wie es die Kirche befiehlt, sofort eingeschmolzen. Aber dieses dritte Tor, Raymond! Wo ist es? Ich gestehe: bei aller Sorge um unsere Ländereien, treibt es mich um.“ Jordan von Cabaret blies die Backen auf und erhob sich. Er stellte sich direkt vor den Trencavel und fasste Mut. „Sag ehrlich, Raymond, warum hast du mir nicht erlaubt, mit der Vizegräfin von Rocaberti zum Kloster Saint-Polycarpe zu reiten? Eine bessere Gelegenheit, den Mönchen dieses zweifelhaften Klosters auf den Zahn zu fühlen, wird sich so schnell nicht ergeben. Der Bugarach befindet sich ganz in der Nähe ...“
„Vergiss endlich die Sache!“, zischte der Trencavel. „Wir haben andere Sorgen. Und jetzt lass mich allein, ich muss nachdenken und mir ein wenig die Beine vertreten, bevor wir weiterreiten.“
Was Raymond-Roger Jordan verschwieg, war zum einen, dass er sich wundgeritten hatte. Das war ihm schon lange nicht mehr passiert. Und hätte er dem Freund erzählen sollen, dass er ihm aus blanker Eifersucht verbot, Alix zu begleiten? Niemals. Mochte sie erneut mit Villaines Truppe über Land reiten und ihren Sohn suchen. Villaine wusste schließlich, was sich ziemte und was nicht. Und Lamothe hatte ihm obendrein versprochen, ihr einige Soldaten mit auf den Weg zu geben.
Plötzlich hörten sie laute Stimmen am Tor. Der Wachhabende rief nach dem Herrn von Puichéric. Ein schneller Reiter sei eingetroffen. Der Burgherr humpelte zum Tor, redete mit dem Boten, wies auf den Trencavel. Der Reiter, schweißüberströmt, fiel vor dem Vizegrafen auf die Knie und überreichte ihm eine mit Leder umhüllte Botschaft.
Raymond-Roger warf einen Blick auf das Siegel, zog die Stirn in Falten, dann riss er die Nachricht auf, las ...
Plötzlich schwankte er, fasste nach Jordans Schulter. „ Jhesu Crist , Béziers ist verloren!“, stieß er hervor.
Jordan fuhr herum. „Was hast du gesagt?“
„Tot. Alle tot!“, flüsterte Raymond-Roger. „Sie haben sie überrumpelt ...“
Dann rief er die anderen herbei.
„Hört mir zu: Béziers ist gefallen. Es heißt, sie sind fast alle umgekommen. Frauen, Männer, Kinder, selbst die Priester! Die Kruzifixe und Monstranzen aus den Kirchen sollen im Schmutz gelegen sein. Seit der Zeit der Sarazenen, schreibt einer meiner Vögte, der das Gräuel überlebt hat“ - dem Vizegrafen versagte fast die Stimme - „seit der Zeit der Sarazenen hätte man nie von einem derartigen Gemetzel gehört!“
„Aber wie konnte das geschehen, Vizegraf?“ Die Juden rauften sich die Bärte, weinten, zerrissen sich die Kleider, während die Katharer mit erstarrten Gesichtern zu Boden sahen, bereit, der Sündenbock zu sein, denn ihretwegen waren sie gekommen, die Franzosen.
„Aber hieß es denn nicht, unsere Stadt sei sicher?“, ließ sich eine verzweifelte, jüngere Stimme vernehmen, worauf einer der Juden daran erinnerte, dass auch die Mauern der mächtigen Stadt Jericho einst zu Fall gekommen seien.
Der Trencavel war am Ende. Seine Welt brach zusammen. Wortlos reichte er Jordan den Brief.
„Eine Rotte Kreuzfahrer übelster Art hat die Biterrois` aufs Blut provoziert“, las Jordan laut vor. „Um sie von hinnen zu jagen, haben die Unseren, statt hinter der sicheren Mauer zu bleiben, eines der Ausfalltore in der Nähe der alten Römerbrücke geöffnet. Daraufhin drangen Ribaldis in die Stadt, gefolgt von Kreuzfahrern gemeinsten Standes. Tausende sind umgekommen“, Jordan von Cabaret schluckte erschüttert, „Unzählige in der Magdalenenkirche verbrannt.“
Ein Aufstöhnen ging durch die Leute.
„Brandopfer für einen grausamen Gott“, flüsterte der Trencavel. Das Gesicht in Tränen gebadet, bahnte er sich seinen Weg an den Ställen vorbei, durchmaß einen kleinen Kräutergarten, bis er zu einer Stelle kam, an der der blanke Fels ungeschützt in die Tiefe fiel. Dorthin setzte er sich.
Er musste für eine Weile allein
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