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Alix ... : Historischer Roman (German Edition)

Alix ... : Historischer Roman (German Edition)

Titel: Alix ... : Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Luise Köppel
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sich, nach einem unauffälligen Blick auf Alix, die eines der Gewänder trug, welche er ihr ins Gemach hatte schaffen lassen. Trotz unsäglicher Kopfschmerzen, die ihn seit seiner Rückkehr plagten, konnte der Erzbischof nur mit Mühe seinen Triumph unterdrücken. Als das Tedeum erklang, beschloss er großzügig, sie drei Tage in Frieden lassen. Doch bei dem unausbleiblichen Gedanken, was danach kam, spürte er, wie sich unter dem Brokat wohlige, sündhafte Lust regte.
    Es stimmte: Am „Leid“ der Männer waren die Frauen schuld! Bereits der Ecclesiasticus war der Meinung gewesen, dass die Sünde mit Eva ihren Anfang nahm. „Das notwendige Übel“, wie es hieß … „Körperlich und geistig dem Manne unterlegen“ … „Ein willfähriges Werkzeug des Teufels“ … Nun, vor allem die jungen frischen Mädchen versetzten ihn oft in Unruhe, wenn sie so gebannt an seinen Lippen hingen, wie heute Alix. Die Hässlichen, Gemeinen, Niederen schwätzten lieber miteinander oder bespritzen sich mit Weihwasser.
    Der Bischof fixierte ein weiteres Mal die Abbildungen der Propheten, die zu seiner Erbauung dort angebracht waren, wo er sie beim Predigen im Auge hatte, und versuchte durch Ablenkung seiner peinlichen Unruhe Herr zu werden. Manchmal jedoch, das musste er sich eingestehen, manchmal erregten ihn auch seine eigenen Worte, vor allem, wenn er sie gleich einem Donnerhall durch die Kathedrale schickte, weil sie ihm in diesem Augenblick - Dei gratia - direkt vom Himmel zu stammen schienen, was die größte Lust von allem bedeutete. Ja, er war auserkoren - auch wenn ihn seine Leiblichkeit oft quälte.
    Als er das mit einem reichen Einband versehene Evangeliar innig küsste und das Miserere nostri, Domine erklang, tanzte Staub auf einem keilförmigen Sonnenstrahl, der sich durch das Dreifaltigkeitsfenster neben der Kanzel drängte. Er kitzelte Bartomeu in der Nase, was der Erzbischof jedoch als ein weiteres Zeichen von oben ansah.
    Sein Brustkorb füllte sich mit Heiligkeit. Er hatte verstanden …

    Zur selben Stunde - jedoch in Montpellier - wohnte auch die junge Inés der Messe bei, um im Anschluss daran mit dem Vizegrafen nach Carcassonne zu reisen. Als dort der machtvolle Chorgesang aufbrauste, erschauerte das junge Mädchen beträchtlich. Wie schon in den Nächten zuvor, kam Inés die Zukunft wie eine dunkle, undurchdringliche Wand vor. Das Schlimmste: Sie freute sich auf die Hochzeit mit dem Trencavel! Doch war es nicht unredlich, den Mann zu heiraten, den die Schwester liebte? Was sollte sie nur tun?
    Zu den Vorwürfen, die sie sich machte, seit feststand, dass der Trencavel sie tatsächlich heiraten würde, kam die Furcht, ihrer Aufgabe in Carcassonne nicht gewachsen zu sein, denn sie kannte ihre Gaben und Möglichkeiten noch nicht. Und die einzige, die ihr diese Angst hätte nehmen können, wäre wiederum Alix gewesen! Ach, Inés wünschte sich nichts sehnlicher, als ihre dunkle Stimme zu hören und ihr kluges Gesicht wiederzusehen, das es nicht nötig hatte, sich hinter einer Maske voller Schminke und Unwahrheiten zu verstecken, wie es bei der Mutter und ihren Damen der Fall war.
    Wie häufig, wenn Inés aufgeregt war, bekam sie Schluckauf. In der Kirche war ihr das immer besonders peinlich. Sofort hielt sie die Luft an und die Ohren zu, und sah sich zugleich erschrocken um, ob es jemand gehört hatte. Gestern war es ihr sogar vor dem Trencavel passiert. Doch er hatte nur herzlich gelacht und ihr von der Gemahlin des Ritters von Cabaret erzählt, die - wie er zu berichten wusste - in heiklen Situationen stets heftige Niesanfälle bekam.
    Inés` Verzagtheit sowie das Einsetzen ihrer ersten Monatsblutung hatten den Ausschlag gegeben, dass sich der Vizegraf auf einen Aufschub von fünf Tagen eingelassen hatte; natürlich auch, damit in aller Ruhe der Inhalt ihrer Truhen verstaut werden konnte, wobei das Mädchen darauf gedrängt hatte, dass auch die Puppen, die Glasringe und die bemalten Holzvögel eingepackt wurden.
    Nachdem die vermögensrechtlichen Belange geklärt waren, hatte es ein längeres Zusammentreffen der Brautleute gegeben, bei dem der Trencavel Inés` Hände in die seinen genommen und ihr lange gut zugeredet hatte. Dann hatten sie sich die Ehe versprochen.
    Zuvor jedoch hatte Doña Agnès ihrer Tochter noch einmal eingeschärft, unter keinen Umständen den Aufenthaltsort von Alix zu verraten; ja Inés` Arme hatten sogar blaue Flecken davongetragen, weil die Mutter sie so fest angefasst hatte. „Kein

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