Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Alix ... : Historischer Roman (German Edition)

Alix ... : Historischer Roman (German Edition)

Titel: Alix ... : Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Luise Köppel
Vom Netzwerk:
verneigte sich übertrieben schmeichlerisch vor ihrem hohen Gast, „wir sollten lieber keine ´ausgegrabenen Toten` gegeneinander aufrechnen, verehrter Vizegraf!“
    Da hatte der Trencavel herzlich lachen müssen, seine sämtlichen Begleiter waren in das Lachen eingefallen, denn die Herrin von Montpéllier hatte auf eine Geschichte angespielt, die seit fünf Jahren im ganzen Land in aller Munde war:
    In Alet, der Hauptstadt des Razés, einem Ort römischen Ursprungs, hatte es schon immer mehr Katharer denn Katholiken gegeben. Eines Tages verstarb der allseits beliebte katholische Priester. Das Kapitel wählte jedoch ausgerechnet einen unerbittlichen Katharerfeind, und als erste Opfer seiner Rohheit zu beklagen waren, riefen die Bürger in höchster Verzweiflung Bertrand von Saïssac zu Hilfe. Der Oheim des Trencavels, damals noch jünger, drang unerschrocken in die Abtei ein und warf den neu gewählten Abt ins Gefängnis. Dann ließ er den Leichnam des alten Abtes ausgraben, zog ihm die herrschaftlichen Gewänder wieder an und band ihn auf seinen Stuhl fest. Unter dem wahrlich nicht alltäglichen Vorsitz einer priesterlichen Leiche, wählte das Kapitel einen anderen Abt, der den Katharern wohlgesonnener war. Alles hatte über die Schläue des alten Saïssac gelacht.

    Weil sich Montpellier im Trauerjahr befand, waren weder Musikanten noch Possenreißer eingeladen worden. Und nachdem man nun gewissermaßen quitt war, fanden beide Parteien die Gelegenheit günstig, nach dem Aufheben der Tafel ein erstes Gespräch in Sachen Hochzeit zu führen.
    Nachdem die Herrin von Montpellier aber darauf bestand, Pater Nicolas als Beistand hinzuzuziehen - der junge Wilhelm war noch bei Tisch eingeschlafen -, fand sich auf Seiten des Trencavels der Ritter Peter von Cabaret ein, sein treuester Gefährte und zuverlässigster Ratgeber, ein gemütlicher Mann mittleren Alters, dessen Haar sich schon lichtete.
    Der redete nicht lange um den heißen Brei herum, sondern fragte Doña Agnès offen nach den Gründen ihrer ältesten Tochter Alix, die Hand des Vizegrafen von Carcassonne zurückzuweisen.
    Das Herz der Kastilierin klopfte. Jetzt kam es darauf an, sich klug zu verhalten. Sie seufzte tief und strich sich mit der Hand über ihre Schläfen, als ob sie Schmerzen hätte. „Ich will nicht verhehlen“, sagte sie nach einer Weile zum Trencavel gewandt, „dass es sich um eine Glaubensangelegenheit handelt. Ungeachtet seiner Spitzfindigkeit, ist Euer Oheim, Bertrand von Saïssac, bekennender Katharer, und wie man hört, sind in Carcassonne inzwischen unzählige Menschen den Versuchungen dieses … nun, dieses anderen Glaubens erlegen. Zu viele für Rom und für meine Tochter Alix, die sehr fromm ist.“
    „Fürwahr, so verhält es sich!“, stimmte ihr Pater Nicolas zu, der zwar die Wahrheit kannte, aber glaubte, keine Gelegenheit auslassen zu dürfen, die Ketzerei zu verdammen. „Wilhelm hat sich als vorbildlicher Christ stets auf die Seite Roms gestellt“, wiederholte er. „Hätten die anderen Grafen Okzitaniens ebenso gehandelt, wäre der Katharismus längst ausgerottet. Doch gegen die Unseren stachelt der Teufel noch immer seinen Diener an: den Grafen von Toulouse!“
    Der Trencavel hielt eisern an sich, er hatte dem Oheim versprochen, sich nicht reizen zu lassen. „Zweifelsohne hat sich das noch junge Geschlecht der Wilhelms für Montpellier und Rom als ein wahrer Glücksfall erwiesen“, antwortete er dem Priester, ohne mit auch nur einer Silbe auf den Grafen von Toulouse einzugehen. Dann wandte er sich wieder an Doña Agnès: „So hat sich also Eure Tochter aus religiöser Überzeugung in ein Kloster zurückgezogen, gewissermaßen, um sich selbst den Versuchungen der Häresie zu entziehen?“
    „Der Dienst an Gott zählt mehr als alle Macht dieser Welt“, murmelte Nicolas.
    Der Trencavel nickte. „Gewiss. Ich würde dennoch gerne mit der Jungfer reden. Wo befindet sie sich?“
    „Alix von Montpellier lehnt es ab, mit Euch sprechen, Sénher“, beeilte sich die Kastilierin zu versichern, wobei ihre Augenlider flatterten und sie zu Boden blickte. Nach einem Leben voller Unsicherheit an der Seite Wilhelms war es Agnès nun ein Bedürfnis, sich überlegen zu zeigen. Sämtliche Redewendungen jedoch, die sie sich in den letzten beiden Nächten für diese wichtige Verhandlung zurechtgelegt hatte, erwiesen sich plötzlich als unbrauchbar. So blieb ihr nichts anderes übrig, als sich in Wiederholungen zu flüchten. „Sie hat sich

Weitere Kostenlose Bücher