Alix ... : Historischer Roman (German Edition)
Marie ... nun, ich werde sie in ein Kloster stecken. Sie heult den ganzen Tag, ist mir im Wege! Doch jetzt hört, was mir die Konsuln der Stadt geschrieben haben! Stunde um Stunde war ich in der Nacht darob wach gelegen. Ihr müsst mir noch einen Rat erteilen!“
Sie öffnete eine hölzerne Kassette, zog ein Pergament hervor und las:
„Wir, die wir jeder von uns ebenso viel wert sind als Ihr, und die wir vereinigt mehr vermögen als Ihr, setzen Euch als unsere Herrin ein, doch nur unter der Bedingung, dass Ihr unsere Rechte und Freiheiten anerkennt.
Habt Ihr das vernommen, Bartomeu? Bedingungen stellen sie! Mir, der Herrin von Montpellier! Wilhelm würde sich im Grabe herumdrehen, wenn ...“
„Ihr wittert überall Intrigen, Agnès“, antwortete ihr der Bischof geduldig. „Lasst zwei oder drei Konsuln einkerkern, wie ich es Euch geraten habe, dann werden die anderen Ruhe geben. Das Volk braucht eine starke Hand. Und was Marie angeht, die Ihr nun wieder am Halse habt … nun, sie wäre die Richtige für Pedro von Aragón.“
Agnès zuckte zusammen. „Für den König?“ Sie legte den Brief beiseite.
„Warum nicht? Nachdem Ihr jetzt rechtmäßig über Montpellier herrscht, und nicht Marie, besteht keine Gefahr mehr, dass sich Pedro hier einen weiteren Stützpunkt schafft. Alles gehört nun Euch, Agnès, ausgenommen die Teile der Stadt, die sich im Besitz des Heiligen Stuhls befinden. Montpellier gilt als ketzerfrei, der Handel und die Wissenschaft blühen. Ihr selbst steht unter der direkten Obhut des Papstes!“ Der Bischof breitete die Arme aus. „Also, was wollt Ihr mehr? Und wem habt Ihr die Wahrung Eurer Interessen zu verdanken? Antwortet, meine Liebe!“
Doña Agnès drehte sich zu ihm um. „Euch, Bartomeu von Cahors! Darüber gibt es keine Zweifel“, sagte sie lakonisch. „Doch lasst mich noch einmal auf den König zurückkommen. Ohne Montpellier kann ihm Marie doch gar nichts wert sein! Außerdem hat er derzeit eine Geliebte.“
„ Mare de Deu! Zwei ´Pferdchen` im Stall zu haben, hat doch auch seine Vorzüge. Pedro suhlt sich bekanntlich gern im Schlamm seiner Laster, ist hinter jedem schönen Weib her, da mag ihm Montpellier als Stadt und Stützpunkt zweitrangig erscheinen ... Lasst uns einen Pakt schließen, Agnès! Ich setze meinen neuen Zelter als Pfand dafür ein, dass Pedro um Maries Hand anhält, und Ihr setzt die große graue Perle aus Eurer Schmucktruhe dagegen!“
Sofort überdachte Agnès die verschiedenen Vorteile für sich, die sich aus einem solchen Abkommen ergeben könnten. Dennoch schüttelte sie den Kopf. Die Perle hatte ihr Wilhelm geschenkt, sie war sehr wertvoll.
„So seid kein Hasenherz, Agnès!“ Auffordernd hielt ihr Bartomeu die Hand entgegen.
Da gab sie sich einen Ruck und schlug ein.
Der Bischof lachte. „Seht freilich zu, dass Marie in die Nähe von Pedro gelangt, auf dem Hochzeitsfest in Carcassonne“, schärfte er ihr ein. Seine Finger umspielten das edelsteinbesetzte Kreuz, das auf seiner Brust hing. „Den Rest lasst meine Sorge sein. Sofern ihm nicht Eure schöne Alix über den Weg läuft, wird der König an Marie Gefallen finden.“
„Dafür, dass er Alix nicht zu Gesicht bekommt, werdet wohl Ihr Sorge tragen“, sagte Doña Agnès anzüglich. „So wie Ihr auch dafür gesorgt habt, dass sie der Ketzer Trencavel nicht bekommt! Offen gesagt“, Agnès seufzte. Sie legte das Schreiben endgültig zurück und verschloss die Kiste wieder, „mir liegt diese Sache schwer auf der Seele. Mein guter Wilhelm, der HERR sei seiner Seele gnädig, hat sein Wort gegeben. Wer weiß, wie Carcassonne auf meine Absage reagiert! Vielleicht gibt es im Frühjahr gar keine Hochzeit mit Inés, und ich muss sehen, wo sie bleibt. Ich bin mir beileibe nicht mehr sicher, ob Ihr mich in jedem Fall gut beraten habt, Bartomeu.“
Agnès missfiel, dass der Bischof ausgerechnet an Marie als zukünftige Königin von Aragón dachte und nicht an eine ihrer eigenen Töchter. Was steckte nur dahinter?
Nachdenklich legte sie den Schleier ab und kämmte sich das schon mit Silberfäden durchzogene schwarze Haar. Noch war Alix hier in Montpellier unter ihrem Schutz. Bartomeu besaß nur ihre mündliche Zusage … Ob alles rückgängig gemacht werden konnte? Der Brief nach Carcassonne war noch nicht geschrieben.
Sie drehte sich zum Bischof um. „Ihr meint also, dass nicht nur Marie, sondern auch Alix Pedro gefallen … und Königin von Aragón werden könnte?“, fragte sie
Weitere Kostenlose Bücher