Alix ... : Historischer Roman (German Edition)
verärgert. Was Marie betraf, so hatte Bartomeu Wort gehalten. Die Stieftochter würde den König heiraten. Merkwürdig jedoch, dass die Hochzeit einzig im Beisein von Zeugen und obendrein in der Komturei der Tempelritter zu Carcassonne stattfinden sollte, statt gebührend gefeiert zu werden. Als Grund hatte Marie angegeben, dass Pedro das Aufsehen scheue … Da musste man sich schon wundern, wo er sich doch sonst so gerne im Glanze seines Ruhmes sonnte! Ebenso sonderbar war es, dass plötzlich die Konsuln von Montpellier Ruhe gaben. Die geplante Verbindung Marie und Pedro schien sie gar nicht zu bekümmern. Ob Bartomeu ihnen eine Drohung hatte zukommen lassen?
Irgendetwas war im Gange, von dem sie, die Herrin der Stadt, nichts ahnte. Schlimm, dass sie mit niemandem darüber reden konnte. Zwar gab es wie an jedem Hof, genügend Speichellecker in ihrer Nähe, doch geflüsterter Rat war keine Erbse wert!
Dann Wilhelm, ihr Sorgenkind. Letzte Woche hatte er sie sogar geschlagen! Die eigene Mutter. Selbst seine kleinen Brüder machten inzwischen einen Bogen um ihn. Er ängstigte sie.
Agnès seufzte. Sie hätte Estrella seinerzeit nicht nach Cahors schicken sollen, die einzige ihrer Damen, auf deren gesunden Menschenverstand sie sich hatte verlassen können.
Bartomeu fuhr also nach Rom. Das wenigstens hatte er ihr mitgeteilt. Kein Wort jedoch, wie er es anfangen wollte, Innozenz umzustimmen, damit Alix die Herrin von Cahors werden konnte ...
Welches Schmuckstück sollte sie Marie eigentlich zur Hochzeit schenken? Agnès öffnete ihre kleine Truhe. Die graue Perle hatte sie blutenden Herzens Bartomeu geschickt. Alix würde sie bekommen, irgendwann. Nun, wenigstens blieb Wilhelms Perle in der Familie. Wie wäre es mit der Goldkette, die Alix beim Abschied so schroff zurückgewiesen hatte?
Es klopfte an der Tür. Schweratmend stürzte Honoria, eine ihrer spanischen Damen, herein. „Herrin, Herrin! Vier Reiter aus Cahors sind angekommen, wo Eure Tochter lebt. Und sie … und sie …“ Honoria stotterte vor Aufregung. „Sie haben einen Sarg dabei!“
Doña Agnès erbleichte. „Heilige Jungfrau, was ist geschehen?!“
Gemeinsam liefen sie nach unten, wo die Reiter im Beisein des jungen Wilhelm die Kiste vom Wagen hievten. Auch Pater Nicolas war schon da.
„Beruhigt euch, Mutter“, rief Wilhelm, „im Sarg liegt bloß die Dame Estrella“, worauf sich alle erleichtert bekreuzigten.
Einer der Reiter übergab dem Priester ein gesiegeltes Schreiben.
„Vielleicht endlich eine Nachricht von Eurer ältesten Tochter!“, sagte Nicolas erfreut.
Als ihn die Kastilierin jedoch aufforderte, ihr den Brief auszuhändigen, schüttelte der alte Priester eigensinnig den Kopf. „Verzeiht, Herrin, er ist an mich gerichtet. Doch ich will ihn Euch gerne vorlesen.“
„Seit wann haben im Turm zu Montpellier die Priester zu entscheiden, was die Herrschaft lesen darf und was nicht!“, sagte Wilhelm so laut, dass es alle hörten. Dann jedoch stapfte er hinter den Reitern her, die den Sarg in die Kapelle schafften.
Nicolas erbrach das Siegel des Erzbischofs. Der Brief konnte nicht von Alix sein, sie hätte ihr eigenes Siegel benutzt, es sei denn ... Mit zusammengekniffenen Augen hielt er das Pergament ein Stück von sich weg. Sein Augenlicht wurde von Tag zu Tag schlechter, obwohl er jeden Abend einen gewärmten Kristall auflegte.
Tatsächlich, ihre Handschrift!
Ehrwürdiger Pater, verzeiht, wenn ich Euch nie schrieb in all den Monaten, in denen ich nun schon in Cahors lebe, aber die Umstände haben es nicht erlaubt. Dass die gute Estrella, die mir treu und brav gedient hat, verstorben ist, bedaure ich selbst am meisten. Ich will Euch nun ihren letzten Willen bekanntgeben: Sie bat darum, dass man die mit Perlen versehenen Schmuckärmel ihres Gewandes verkauft. Der Erlös soll den Armen von Montpellier zugute kommen. Das hat sie sich in ihrer letzten Stunde von Herzen gewünscht, und das darf ihr nicht verwehrt werden! Bestattet sie im Grab ihrer Schwester. Habt besten Dank, Pater. Gott möge Euch schützen.
Alix von Montpellier
Ein Raunen war zu hören, als der Priester das Blatt senkte. Alix hatte weder Grüße an ihre Familie noch an die Dienstboten ausgerichtet!
Sichtlich aufgebracht drehte sich Doña Agnès zu Honoria um. „Das dumme Ding gebärdet sich offenbar noch immer verstockt“, zischte sie, und dann zum Pater gewandt: „Estrellas letzter Wille soll geachtet werden. Veranlasst alles Nötige! Die Heilige Jungfrau
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