Alix ... : Historischer Roman (German Edition)
klagte er.
Der Bischof nickte verständnisvoll. Er rollte den Zettel auf und las laut vor: … Ihr habt mich Güte, Sanftmut, Klugheit und Gerechtigkeit gelehrt, Pater Nicolas, doch dort, wohin es mich verschlagen hat, kennt man diese Tugenden nicht. Die Seele des Menschen soll eine Festung sein, waren Eure Worte, Pater, stark und gewappnet gegenüber dem Laster - doch meine Seele ist verzagt und krank geworden, des Lasters anderer wegen. Getrieben von der Heftigkeit meines Schmerzes weiß ich mir keinen anderen Rat, als Euch um Hilfe zu ersuchen.
Nicolas standen die Tränen in den Augen, als der Bischof ihm das Pergament zurückgab.
Fleix räusperte sich, selbst ergriffen. „Alix von Montpellier ist eine unglückliche Frau geworden. Bartomeu von Cahors also ... “ Nachdenklich strich er sich über das Kinn. „Wollt Ihr meine ehrliche Meinung zu diesem Fall hören, Bruder Nicolas?“
Der Pater nickte. Noch immer steckte ihm ein dicker Kloß im Hals, und er wischte sich verstohlen über die Augen.
„Zwar ist es besser, auf Gott zu hoffen, als auf die Fürsten“, meinte Wilhelm von Fleix, „aber wir sollten uns in dieser Angelegenheit an den Heiligen Vater wenden. Das sind wir nicht zuletzt unserem verstorbenen Herrn Wilhelm schuldig, der zwar nach Kirchenrecht im Stand der Bigamie lebte, jedoch nicht des Lasters wegen, sondern um seine Erbfolge zu sichern. Alix ist seine Tochter, ihr geschah Unrecht, denn sie hat nicht, wie Ihr beteuert, in diese Verbindung eingewilligt.“
„Aber ich habe dem Heiligen Vater doch seinerzeit geschrieben, ihm alles geschildert und auf die Ordnung hingewiesen, die von Gott geschaffen ist und die auch ein Bartomeu von Cahors nicht brechen darf!“
„Lassen wir das, Bruder Nicolas, was geschehen ist, ist geschehen. Die Wege des Herrn sind unergründlich, und vielleicht ist Euer Brief verlorengegangen. Doch was schreiben wir dem Heiligen Vater? Dass sich Bartomeu von Cahors ein Kebsweib genommen hat? Sonderbar, Alix selbst macht ihm keinerlei Vorwürfe in diesem Schreiben, ja, sie erwähnt noch nicht einmal seinen Namen!“
„Wie hätte sie das wagen können, Ehrwürdiger Vater! Sie musste doch damit rechnen, dass man ihre Zeilen entdeckt. Und dann Gnade ihr Gott, wenn sie auch nur ein Wort zuviel geschrieben hätte!“
Der Bischof wiegte das Haupt. Dann erhob er sich und half auch Nicolas auf die Beine. „Vielleicht seht Ihr alles viel zu düster, Bruder. Diese Alix hatte doch schon immer einen Hang zur Übertreibung, das wisst Ihr selbst am besten, Ihr habt sie erzogen. Aber ich werde Innozenz schreiben, das verspreche ich Euch“, sagte er, als er den Pater hinausgeleitete, „und selbst wenn es einen der Unseren trifft, einen bislang ... unbescholtenen Diener des HERRN, der dazu noch eng mit Johann von Montaut, dem Erzbischof von Maguelone, befreundet ist, mit dem ich es mir auch nicht verscherzen möchte.“
„Unbescholten soll Bartomeu von Cahors sein, meint Ihr?“, sagte Nicolas müde, „verzeiht, wenn ich Euch widerspreche. Aber in diesem Fall irrt Ihr Euch. Er verspottet die Heiligen und auch unsere Schwarze Jungfrau von den Tischen!“ Nicolas sah sich nach allen Seiten um. „Und - ich wage es kaum auszusprechen, er … er treibt Unzucht mit Doña Agnès, wenn er in Montpellier weilt!“
Fleix riss die Augen auf und packte Nicolas beim Ärmel. „Seid Ihr noch bei Sinnen?“
„Ich sage nichts als die Wahrheit! Selbst als der gute Wilhelm niedergestreckt und mit eitrigen Geschwüren behaftet auf dem Krankenbett lag, hat Bartomeu sie auf sein Lager gezogen. Bei einer dieser Gelegenheiten muss er ihr Alix abgeschwatzt haben. Benennt mich als Zeugen, Ehrwürdiger Vater!“
29.
Wie üblich stand bei der wöchentlichen Besprechung im Palatium von Carcassonne das Salzmonopol auf der Tagesordnung ganz oben - von dem der Trencavel nicht müde wurde zu behaupten, es sei das größte Juwel in seinem Tresor-Turm.
Doch an diesem Tag, ungefähr eine Woche nach dem Vorfall auf der Jagd und der Abreise der Spielleute, kam es zu einem handfesten Streit mit Otho von Mirepoix. Der Auslöser war Jean Poux gewesen, der Verwalter des vizegräflichen Salzhauses.
„Schon wieder beschweren sich die Sälzer im Siedehaus, dass sich die Holzlieferungen verspäten!“ Poux schob beunruhigt seine Pergamentrollen zur Seite. „Das Holz wird knapp, die Transportwege werden immer länger. Herden von hungrigen Schafen grasen die Hänge im Arques-Tal ab, so dass kein neuer Aufwuchs
Weitere Kostenlose Bücher