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Alix ... : Historischer Roman (German Edition)

Alix ... : Historischer Roman (German Edition)

Titel: Alix ... : Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Luise Köppel
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Erwartungen zu hoch schrauben. Das Rad des Schicksals war schließlich kein Katapult! Es reichte fürs erste, wenn es morgen oder übermorgen, oder ihrethalben auch erst in einer Woche, einen weiteren winzigen Ruck nach oben gab, der sie dann auf sicheren Wegen nach Carcassonne beförderte.
    Vorsichtig setzte sich Alix auf, nahm eines der Talglichter in die Hand und warf einen Blick auf Bruder Martin, der gefesselt auf zwei Strohballen schlief. Seine Wunde blutete nicht mehr, der Verband war trocken. Er tat ihr leid. Und dass er ihr das goldene Rad nicht abgenommen hatte, als er sie in die Kiste stieß, war ihm hoch anzurechnen.
    „Nicht alle Kleriker in Cahors gleichen dem Erzbischof, Herrin“, hatte er ihr vor dem Einschlafen versichert, als ob er sich bei ihr entschuldigen müsste. „Mein Herr zum Beispiel, der Bischof Sicard, ist aus ganz anderem Holz geschnitzt. Er ist ein guter Mann, klug und nachsichtig.“
    „Wenn es so ist, tut es Euch dann nicht leid, ihn zu verlassen?“
    „Er ist todkrank. Er wird bald sterben.“
    „To … grang, to … grang“, hatte der Bucklige Martins Worte bestätigt, dann jedoch unvermittelt ihre Hand ergriffen und geküsst. „Bitt, Bossu“, hatte er sie bestürmt, „bitt … Bossu mitgomm, Bossu mitgomm … “
    Erschrocken war sich Alix durchs Haar gefahren, das ihr wie Gerstengrannen vom Kopf abstand. „Du willst mit mir kommen? Aber warum?“
    Der Bossu brabbelte Unverständliches, machte dann jedoch mit seinem Zeigefinger dieselbe heftige Bewegung über seinen Hals, mit der Villaine Martin gedroht hatte, für den Fall, dass er sie verriete.
    „Er hat Angst! Was meint Ihr, Martin? Ihr kennt ihn. Ist er in Gefahr?“
    „Ich weiß es nicht, Herrin. Um der Wahrheit die Ehre zu geben: Der Kleine ist nicht nur mir ein Rätsel. Er hat viele Freiheiten in Cahors, er kommt und geht, wie es ihm gerade passt. Niemand überprüft ihn, weil ihn jeder kennt. Er haust in einer kleinen Kammer im Keller des Turms, direkt neben dem Schwitzbad, wo er für das Beschicken der Feuerstelle zuständig ist, und er isst gemeinsam mit den Knechten in der Küche. Aber ich vermag nicht zu entscheiden, ob er mitkommen kann oder nicht, ich bin ja selbst nur geduldet. Obendrein könnte Euch sein Buckel unterwegs verraten.“
    Alix erschrak. Hatte der Bucklige sie im Bad gesehen? Nackt? Hatte er beobachtet, was der Cahors dort trieb? Sie warf einen vorsichtigen Blick auf den Bossu, dessen Alter nicht zu schätzen war. Wie damals bei ihrer Ankunft, bevor sie ihn so unsanft getreten hatte, sah er sie auch jetzt mit seinem Mondgesicht fast traurig an, ja, in den Schlitzaugen standen Tränen. „No verra, Bossu. Bossu, no verra“, sagte er, suchte ihre Hand, küsste sie erneut.
    Alix nickte. Sie würde mit Pelfort über ihn reden, morgen. Wenn der Katharer zustimmte, kam der Bucklige mit ihr. Ihm sollte kein Haar gekrümmt werden!
    Das Licht flackerte. Alix stellte es beiseite, legte sich zurück, schloss die Augen …
    Noch einmal drehte sich alles in ihrem Kopf, das Feuer, die Schreie, der Rauch. Sie hörte wie sich der Bucklige, der dem Novizen zu Füßen lag, unruhig auf dem Stroh hin und her wälzte und im Traum kurze Schreie ausstieß, dann sank sie selbst in einen bleischweren Schlaf.

    Die Schustersleute und der Katharer Pelfort hatten sich gerade erst ins Bett gelegt, als auch schon Lärm von der Straße zu ihnen hereindrang: Zuerst Pferdewiehern! Dann das wilde Hämmern an Türen. Schimpfworte. Es dauerte nicht lange, da klopfte es auch bei ihnen.
    Während Aton und Sibylle vor Angst wie gelähmt waren, bewahrte Pelfort die Ruhe. Umsichtig hatte er beim Heimkommen dafür gesorgt, dass über der Luke, die nach unten führte, ein großer Stapel Brennholz lag. Sich müde die Augen reibend, ließ er die Soldaten ein. Diese hatten es eilig. Sie warfen nur einen kurzen Blick unter alle Betten und in sämtliche Ecken und Truhen, dann verschwanden sie wieder.
    Es ging schon auf den Morgen zu, als es am Fensterladen der Küche kratzte, in der Pelfort schlief. Er öffnete ein Stück den Laden: Die Jüdin Esther stand draußen, zitternd, tränenüberströmt.
    „Lasst mich ein“, flüsterte sie, „rasch!“
    Es stellte sich heraus, dass Löw verhaftet worden war, weil die „Hure des Erzbischofs“ vor kurzem seinen Laden aufgesucht hatte.
    Pelfort und die Schustersleute waren zu Tode erschrocken. Zu viert setzten sie sich im noch farblosen Licht der beginnenden Dämmerung an den Tisch, um zu

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