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Alix ... : Historischer Roman (German Edition)

Alix ... : Historischer Roman (German Edition)

Titel: Alix ... : Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Luise Köppel
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wahrgenommen hatte, seine Anhänger ein weiteres Mal über die Speisedisziplin zu belehren - jemand hatte eine Seite Speck mitgebracht und war damit wieder nach Hause geschickt worden -, betete:
    „Heiliger Vater, gerechter Gott der guten Geister, du, der du niemals täuschest noch lügst noch irrst noch zweifelst, gib uns, die wir in der Furcht leben, den Tod zu erfahren in der Welt des fremden Gottes, gib uns, da wir nicht von dieser Welt sind noch diese Welt von uns, die Fähigkeit zu erkennen, was du kennst – zu lieben, was du liebst.“
    Er sah zu seiner Gemeinde auf und hob wie anklagend die Hände. „Die verführerischen Pharisäer stehen an der Pforte des Reiches und hindern uns einzutreten “, sagte er. „Darum bete ich zum heiligen Vater der guten Geister, der die Macht hat, die Seelen zu retten, der für die guten Geister blühen und fruchten lässt, der um der Guten willen den Bösen das Leben schenkt und der das tun wird, solange es noch Gute in der Welt gibt, bis dass es keinen von denen mehr gibt, die von den sieben Himmeln stammen, die vom Paradies herabgestiegen sind, als Luzifer sie von dort wegzog unter dem trügerischen Vorwand, Gott habe ihnen nur das Gute erlaubt und der Teufel …“, Unvermittelt hielt er inne, vergewisserte sich, dass ihm auch wirklich jeder zuhörte, dann fuhr er fort: „… er war ja sehr falsch - und der Teufel werde ihnen das Gute und das Böse erlauben. Und er behauptete, er werde ihnen Frauen geben, die sie sehr lieben würden, er werde ihnen auch die Herrschaft übereinander geben und es werden unter ihnen welche sein, die Könige, Grafen oder Kaiser sein würden …“
    Plötzlich rumorte es über ihren Köpfen. Der Perfekt verstummte. Alles lauschte gebannt und starrte nach oben. Leise knarrend öffnete sich die Luke und das Gesicht des Buckligen erschien. „Bossu, Bossu“, rief er leise. Dann kletterte er hurtig, wie es ihm gar nicht zuzutrauen war, die Leiter hinab, hinter ihm zwei der Spielleute, Fünfei und Miquel, die eine nur halbbekleidete und obendrein rußgeschwärzte Gestalt mit sich führten: Alix von Montpellier.
    Die Katharer sahen sich betroffen an. Erfüllt von Mitleid, aber auch großer Unsicherheit, ob und wie man diese „wohlfeile Edelfrau“ überhaupt willkommen heißen sollte, erhoben sich die Männer und Frauen nacheinander vom Stroh.
    Erneut knarrte die Leiter. Villaine kam zurück - und als ob die Zumutung noch nicht gereicht hätte -, begleitet von einem Novizen, der ebenfalls rußige Flecken im Gesicht hatte und sich überdies den Kopf hielt. Seine Hände waren voller Blut.
    „Ihr wagt es, uns einen von denen mitzubringen Spielmann?“, herrschte Pelfort Villaine an, während der Novize völlig verwirrt in die angstvollen wie ablehnenden Gesichter der Katharer sah.
    „Torheit und Stolz wachsen auf einem Holz“, entgegnete ihm Villaine ungerührt. „Wir kamen nicht umhin, ihn mitzunehmen. Doch kümmert Euch um zuerst um die Frau, ich erkläre Euch die Sache später. Wascht sie, gebt ihr frische Kleidung, Wasser und auch uns etwas zu essen. Und verbindet den Kopf des Novizen, das gebietet die Christenpflicht, selbst wenn er Katholik und euer Feind ist.“
    Pelfort schickte sich drein, doch einige Katharer murrten, weil der Perfekt ausgerechnet einem Spielmann vertraute.
    Gierig trank Alix aus der Schöpfkelle. Sie war völlig ausgetrocknet. Ihr Hals brannte vom Rauch und vom Singen. Essen wollte sie nichts, dafür beobachtete sie, wie sich die Spielleute den Bauch vollschlugen. Der Magen dieses Villaine hatte unterwegs so laut geknurrt, dass er selbst darüber ganz erschrocken war.
    Alix spürte die tastenden Blicke der Leute, und sie wurde verlegen. Besonders die Frauen starrten unentwegt auf ihren Kopf. Um ihr Haar tat es ihr ja selbst am meisten leid. Doch es war nicht mehr zu ändern. Wie hatte die dicke Blanche immer gesagt? Haar und Unglück wächst über Nacht. Blieb zu hoffen, dass dieses Sprichwort zur ersten Hälfte zutraf.
    Das also waren Katharer? Merkwürdig, sie sahen aus wie alle anderen Menschen. Erneut überkam Alix der Drang zu lachen, ihre aufgekratzte Stimmung wollte sich nicht legen.
    Sie sah an sich hinab. Kein Wunder, dass auch die Männer sie so ansahen! Das leinene Unterkleid war mehr schwarz als weiß, stank nach Rauch, hing in Fetzen und war obendrein mit kotigem Heu bedeckt, weil die Kiste voller Dreck gewesen war. Doch sie durfte nicht klagen. Schließlich war sie dort gelandet, wo sie hingewollt

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