Alix ... : Historischer Roman (German Edition)
beraten. Esther war untröstlich, doch Pelfort, dessen jahrelange Sorge für die Katharer ihn zum hilfreichsten Menschen in ganz Cahors gemacht hatte, versprach ihr beizustehen. Beim ersten Hahnenschrei machte er sich auf den Weg zu Moses Itzhak, dem Sprecher der Juden. Dass er dabei vor dem „Buntspecht“ auf die Spielleute traf, die sich im Aufbruch befanden, war kein Zufall. Auch sie waren noch in der Nacht befragt und ihre Kammer war gründlich durchsucht worden.
Der Katharer informierte sie leise über das, was mit Löw geschehen war.
„Es bleibt dennoch bei unserem Plan“, raunte er ihnen zu. „Ihr wartet in der Höhle, auch wenn es eine Weile dauern sollte. Nehmt genügend Vorräte mit!“
35.
Als der Vizegraf von Carcassonne aus Foix zurückkehrte, lag Inés noch immer in ihrem Bett.
Saïssac hatte ihn beiseite genommen und erzählt, was vorgefallen war. „Sie ist nicht wirklich krank, Raymond, nur ihre Seele leidet. Natürlich mache ich mir Vorwürfe, sie mit dem Küchenmeister allein gelassen zu haben. Doch ich wollte sie ermutigen. Sie ist oft so verzagt. Damit, dass sich Gaston betrunken zu Tode stürzt, konnte schließlich niemand rechnen.“
„Alles wegen ein paar lumpiger Säcke Paradieskorn? Aber Oheim, was habt Ihr Euch nur dabei gedacht!“
„Ich weiß, ich weiß. Mich trifft alle Schuld“, betonte Saïssac ein weiteres Mal. „Doch die Vizegräfin sollte lernen, sich vor den Bediensteten zu behaupten.“
„Eure Selbstgerechtigkeit schreit zum Himmel!“, fuhr ihn sein Neffe wütend an. Er strich das Haar zurück, drehte sich schroff um und ließ Saïssac stehen.
So geht es nicht weiter, dachte er bei sich, als er nach oben eilte. Zwar entlastete ihn der Oheim aus der Überfülle seiner Aufgaben, aber er engte ihn auch ein. Er tat des Guten zuviel. Einmal, als er ihn vorsichtig gefragt hatte, ob er sich nicht lieber auf seine Burg zurückziehen und ausruhen wolle, war seine Antwort gewesen: „Was von meinem Leben hinter mir liegt, mein lieber Raymond, hat bereits der Tod! Nimm du mir nicht Carcassonne!“
Als Raymond-Roger an Inés` Bett trat, beugte er sich zu ihr hinab und küsste sie zärtlich. Doch sie lächelte ihn nicht an wie früher, sondern begann sofort zu weinen.
„Schick mich wieder nach Hause“, sagte sie kraftlos. „Ich bin nicht die richtige Frau für dich, ich wusste es immer …“
Raymond-Roger redete mit Engelsgeduld auf sie ein. Er erklärte ihr, dass nicht sie die Verantwortung für den Tod Gastons trüge und dass sowohl Aaron als auch der Oheim seit Jahren von den Unregelmäßigkeiten des Küchenmeisters gewusst, aber nie etwas dagegen unternommen hätten.
„Alte, feige Männer“, schimpfte er, „die sich hinter einem Weiberrock verstecken. Aber nun vergiss die üble Geschichte, meine Liebste, und mach mir Platz!“
Er zog die Bettvorhänge zu und setzte sich zu ihr. „Ich will dich lachen sehen, Inés! Oder glaubst du, ich bin so schnell nach Hause geritten, um mit dir Sünden zu beweinen?“ Er entledigte sich seiner Kleider, drückte sie eng an seinen nackten Leib und streichelte sie, bis sie endlich zu weinen aufhörte, zutraulich und anschmiegsam wurde wie ein Kätzchen. Nachdem sie sich geliebt hatten, erzählte er ihr, dass der „Zänker“ im Kerker zu Urgell säße. Später wunderte er sich ein wenig über den Eifer, mit dem Inés Esclarmondes Plan gut hieß, Alix zu verheiraten.
„Dass meine Schwester, so sie befreit wird, recht bald einen guten Ehemann bekommt, ist auch mein größter Wunsch“, hatte sie gehaucht, und sich dann noch einmal an ihn geschmiegt, worauf ihr Raymond-Roger bedeutete, dass sie, Inés , seinen größten Wunsch bereits kenne: Einen Erben für Carcassonne.
Um seine Frau auf andere Gedanken zu bringen, kam es dem Trencavel tags darauf gerade recht, dass die Cabaret-Brüder einluden, mit ihnen das Herrenfest zu Pfingsten auf ihren Burgen zu verbringen, die ganz in der Nähe der Burg Saïssac lagen. Im Anschluss an eine Jagd sollte es eine Feierlichkeit geben.
Der Trencavel legte Inés nahe, ihre prachtvollsten Gewänder herauszusuchen und sich so recht auf den Aufenthalt in Cabaret zu freuen. „Du musst endlich Jordans Weib kennenlernen“, sagte er zu ihr, bevor er in die wöchentliche Besprechung mit den Vögten eilte. „Louve von Pennautier - ´die Wölfin` genannt! Zum Zeitpunkt unserer Hochzeit lag sie in den Wehen. Ich will dir nicht zuviel verraten, aber es wird lustig werden auf Cabaret, sie sind
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