Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Alkor - Tagebuch 1989

Titel: Alkor - Tagebuch 1989 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Kempowski
Vom Netzwerk:
mache«ihn»fit und immer fitter. Wenn mich nicht alles täuscht, werden wir dieses Projekt im nächsten Herbst den Lesern in die Hand drücken können. Ich breche dann die letzten Brücken hinter mir ab, weil ich mich über etliche Personen, die meinen Weg gekreuzt haben, zynisch äußere, und weil ich mich demaskiere als ein Mensch, der anders denkt als unsere Leitartikler. - Im übrigen habe ich mich«geoutet». In einer Demokratie sollte das mit Beifall bedacht werden, aber hier brechen sie einem das Genick.
    Das Projekt«Sirius»wird zum«Echolot»in eine dialogische Beziehung treten: 1983-1943. Gestaltung und Ergänzung sind weitere Antriebe und halten mich bei der Stange.
    Jazz gehört, Oscar Peterson, die«Canadian Suite». Besonders«Wheatland»gefällt mir. Das kann ich immer wieder hören. TV: Zum dritten Mal den amerikanische Bankraub-Film«Dog Days Afternoon»gesehen, lustig!
    Der kühle Bush in Polen und Ungarn.

Nartum
Fr 14. Juli 1989
    Bild: 9 Jahre nach der Entführung seiner Kinder / Kronzucker verließ seine Frau / Olympiasieger / Europameister / Fußball-Stars /5 Super-Sportler aus«DDR»geflüchtet
    ND: Gruß der DDR zum 200. Jahrestag der Französischen Revolution / Warschauer Vertragsstaaten setzen Politik des Friedens, der Abrüstung und der Zusammenarbeit konsequent durch
     
    Ende des Semesters. Was mache ich ohne«Ali Baba»? Tomatensuppe, Teigröllchen?
    Um 17 Uhr kam das Goethe-Institut / Bremen mit 30 Personen, aller Welt Zungen. Ich flehte eine italienische Dame um Hilfe an bei der Suche nach italienischen Tagebüchern.

    1999: Nie wieder was gehört davon!
     
    Eine Französin verabschiedete sich mit den Worten:«Hoffentlich keine Polizei beim nächsten Besuch!»- Weiß nicht, was sie damit meinte. Denkt sie, wir stehen unter Aufsicht? - Ich habe nichts gegen Polizisten, es kann gar nicht genug davon geben in unseren unsicheren Zeiten. Als ich aufs Land ging, gab es noch den Dorfpolizisten, der mit dem Fahrrad durch die Fluren fuhr und Jungen an den Ohren zog, die Vogelnester ausgenommen hatten. - Die übliche Goethe-Mischung: Leute aus Spanien, ČSSR, Polen, auch USA und sogar Japan und Indonesien waren darunter. Wir heizten ihnen mit Pappkarton-Wein ein und dikken fetten Schnitzeln vom Schlachter. Die Ostleute kriegten zwei . Die Letzten fuhren um Mitternacht beschwingt ab. Sie werden meinen Namen in alle Welt tragen. Und die Welt wird aufhorchen. Zur Französischen Revolution ein Augenzeugenbericht von Wilhelm von Wolzogen:
    d. 14t Die Nacht ward unruhig. Das mutwillige Schießen, das Lärmen, das Läuten der Sturmglocke, wenn es einem einfiel, der falsche Alarm für fremde Truppen: alles dieses vermehrte die Unordnungen. Man drohte, einige Hotels anzustecken, man ward erbittert gegen den Prinz Lambesc, gegen einige andere Großen. Der Kaiserl. Gesandte bekam Wache vor das Haus; niemand kame herein oder heraus, ohne visitiert zu werden, jeder Wagen, jeder Karren, jeder Kourier wurde angehalten, ausgesucht, seine Briefschaften erbrochen; dieses geschahe auch auf der Post. Jetzt suchte man sich in allen Fällen sicher zu stellen: suchte Canonen hervor, fiel in die Invaliden ein u. nahmen da das Geschütz weg, kamen endlich auch auf den Gedanken, sich der Bastille zu bemächtigen und die Kanonen herauszuführen.
    Dieses war ein Unternehmen, das nur in dem Gehirn eines Franzosen entstehen konnte. Bisher hatte man immer geglaubt, daß dieses eines der festesten, unzugänglichsten Forts seie und nur durch unaufhörliches Bombardement könnte eingenommen werden; der Karakter, den es hatte, war schon hinreichend, diese Ideen zu bekräftigen. Allein gewohnt, nirgends Widerstand zu finden, auch in der Hoffnung, daß die darinnen lägen, ihre Partie ergreifen würden, rückte ohne alle Ordnung, ohne allen Plan ein Trupp bewaffneter
Bürger heran. Der Gouverneur, Msr de Launay, steckte die weiße Fahne auf, ließe aber doch einige Kanonenschüsse mit gehacktem Blei tun; die aber keiner Schaden waren, da die Leute zu nahe schon waren unter den Kanonen. In der Bastille lagen die Invaliden, die schossen mit Flinten aus den Löchern; doch tate auch dieses nicht viel Schaden; ungefähr 47 Mann fielen. Man arbeitete unterdessen, um die Zugbrücken herunterzubringen, legte Feuer an unter die Bäume, die sie aufhielten, und so kame man endlich hinein. Als sie einmal darinnen waren, hatten sie weiter keinen Widerstand zu fürchten, denn es lagen nur ungefähr 50 Mann Invaliden darinnen und etl. 30

Weitere Kostenlose Bücher