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All die alten Kameraden: Kriminalroman aus der Eifel (Opa Berthold) (German Edition)

All die alten Kameraden: Kriminalroman aus der Eifel (Opa Berthold) (German Edition)

Titel: All die alten Kameraden: Kriminalroman aus der Eifel (Opa Berthold) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guido M. Breuer
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kaute weiter an seinem Croissant. »Du solltest ein bisschen essen. Nur Kaffee am Morgen ohne nix ist nicht so gut für den Magen.«
    »Gleich«, antwortete Lorenz. »Ich hab’s heute nicht so eilig.«
    »Die Wohnung von der Gertrud wird heute schon geräumt. Die haben’s eilig.«
    »Hatte sie Wertsachen hier?«
    »Warum?«
    »Na ja«, grübelte Lorenz. »Meistens haben die Kinder es deswegen eilig.«
    Gustav zuckte die Achseln. »Kann ich nicht beurteilen. Hab keine Kinder. Werde wohl auch keine mehr bekommen.«

5. Kapitel
    Der alte Mann gab Gas. Er lenkte seinen Wagen in viel zu hoher Geschwindigkeit durch die Kurven der Landstraße, die sich durch den steilen Osthang des Kalltales von Zerkall nach Bergstein und weiter nach Brandenberg schlängelte. Hätte der eilige Fahrer nach links geschaut, wäre sein Blick ins grüne, tief eingeschnittene Tal auf den Haselsberg und weiter in Richtung des Kallbergs gefallen. Doch er kannte jeden Fleck dieses Tales so genau, dass er sich die Aussicht, wegen der so mancher sein Auto an einer der Parkbuchten angehalten hatte, leichten Herzens zugunsten seiner rasanten Fahrweise versagen konnte. Er hatte sich vorgenommen, so frühzeitig am Treffpunkt zu sein, dass er genügend Gelegenheit hätte, alle eintreffenden Besucher mit Muße in Augenschein zu nehmen. Jetzt musste er sich beeilen, denn die angekündigte Uhrzeit des Veranstaltungsbeginns war schon verstrichen. Er trat das Gaspedal durch. Das Auto sauste vorbei am Krebsberg, am Raffelsberg, am Teufelssief. Der Mann grinste bitter. Er hatte für diese Strecke, die er jetzt in einer Minute zurücklegte, früher einmal zu Fuß zwei Tage und Nächte benötigt. Das waren andere Zeiten gewesen, ganz andere Umstände. Nun bog er am Spitzberg bei Kleinhau, allenfalls echten Fans wegen des internationalen Moto-Cross-Geländes bekannt, nach links in Richtung Hürtgen ab. Nach kurzer Fahrt erreichte er den Ort. Ein plötzlicher Lichtblitz aus einer Radarfalle, der trotz der hellen Sonne deutlich sichtbar war wie das rötliche Explosionsfeuer einer Granatwerferbatterie, bestätigte ihm unnötigerweise, dass er viel zu schnell fuhr. Diesen Starenkasten kannte der Mann seit vielen Jahren. Mit einem Fluch trat er das Pedal weiter durch. Jetzt war das auch egal. Er verließ den Ort wieder. Nach etwa zweihundert Metern lenkte er den Wagen rechter Hand auf einen Parkplatz. Mehrere Busse und viele Autos standen dort vor dem Friedhof.
    Höhenpunkt dreihundertachtundneunzigkommasechs, dachte er. Hart umkämpft damals. Er stellte den Wagen ab, stieg aus und warf die Tür zu. Er nahm sich nicht mehr die Zeit, den alten Ford abzuschließen. Sollte ihn doch einer der Amis klauen, wenn einer Spaß dran hat, dachte er ärgerlich. Er eilte der steinernen Mauer zu, auf der eine mit fünf Kreuzen versehene Inschrift dem Besucher anzeigte, dass er dabei war, den zu Beginn der Fünfzigerjahre angelegten Soldatenfriedhof Hürtgen zu betreten. Vor dem kurzen Treppenaufgang stand eine Frau, die ihm zuwinkte und ihn ansprach: »Schön, dass Sie kommen konnten, Herr Becker.«
    »Ja ja«, murmelte Manfred Becker und schob sich an der Frau vorbei. Diese Elfi Schröder nervte ihn ganz schön. Immer war sie bei solchen Gelegenheiten dabei. Dabei war sie doch damals noch ein kleines Mädchen mit langen Zöpfen gewesen. Er bemühte sich, schnell Raum zwischen sich und diese Frau zu bringen, kam aber nur bis an die letzte Treppenstufe. Ab da versperrte eine Menschenmenge ihm den Platz, die offenbar genau dort stehen bleiben wollte. So konnte er die Gesichter der meisten Anwesenden nicht mustern, genau wie er befürchtet hatte. Er vernahm einen Brei von leisem Getuschel, teilweise auf Deutsch, teilweise auf Englisch, und dies in diversen Akzenten, die ihm allesamt typisch amerikanisch vorkamen. Verwaschen und breitgekaut wie von Cola und Kaugummi, dachte er. Ein Mann baute sich gerade vor der Versammlung auf. Er holte tief Luft, räusperte sich kurz und begann zu sprechen, nachdem er noch einen kurzen Blick auf den kleinen Zettel geworfen hatte, den er in seiner unmerklich zitternden Hand hielt:
    »Gegen 10.30 Uhr des 12. November 1944 machte sich Leutnant Friedrich Lengfeld mit zweien seiner Männer auf, einen offenbar schwer verwundeten amerikanischen Soldaten aus dem verminten Niemandsland zu retten. Er konnte den Hilferufen eines leidenden Menschen nicht tatenlos lauschen. Bei diesem Rettungsversuch wurde er von einer Mine zerfetzt und starb noch am selben Tage.

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