All die alten Kameraden: Kriminalroman aus der Eifel (Opa Berthold) (German Edition)
nächtlichen Geschehen bekam er nicht mehr mit.
11. Kapitel
Mein lieber Paul, setzen Sie sich doch bitte.«
Klara Bullinger wies auf einen der beiden Stühle, die vor ihrem Schreibtisch standen. Paul Gedeck wählte den ihm am nächsten stehenden aus und setzte sich, wie seine Vorgesetzte ihn geheißen hatte. Klara Bullinger zupfte ihr Kostüm nachdenklich zurecht, als suche sie die richtigen Worte, um das Gespräch zu beginnen. Paul wusste jedoch, dass dies nicht so war. Als sie der Meinung war, er habe genug Zeit gehabt, ihre elegante Erscheinung zu bewundern, sagte sie: »Paul, wir haben ein kleines Problem.«
Sie sah ihn aus großen, grünen Augen an und strich sich eine Strähne ihres langen, blassroten Haares aus der Stirn. So sah Paul sich genötigt, etwas zu sagen. »Ist das so?«
Sie lächelte. »Ja, aber nur ein kleines. Sagen Sie, Paul, woran arbeiten Sie gerade?«
Er kratzte sich seine selbst geschorene blonde Ein-Millimeter-Frisur und antwortete: »Da ist der tote Radfahrer im Wurmtal. Vermutlich Unfall mit Fahrerflucht.«
»Also nichts Wichtiges?«
»Nee.«
Klara Bullinger lächelte weiter und entspannte sich sichtlich. »Also nun zu unserem kleinen Problem: In der Eifel ist ein amerikanischer Staatsbürger zu Tode gekommen. Die Polizei erhielt in der Nacht einen anonymen Anruf, der auf einen Toten in Nideggen hinwies.«
»In Nideggen!«, rief Paul aus.
»Ja, in Nideggen«, wiederholte die Bullinger. »Überrascht Sie das?«
»Nun«, meinte Paul. »Dort stirbt man sicherlich auch regelmäßig, jedoch seltener unter Umständen, die anonyme Anrufer und die Polizei auf den Plan rufen.«
»Da mögen Sie recht haben, mein Lieber«, sagte Klara Bullinger. »Man fand am Fuße eines Felsens einen zerschmetterten Körper, der sich bereits am Tatort als amerikanischer Veteran identifizieren ließ. Und dies ist sodann, wie Sie wissen, Sache der Staatsanwaltschaft Aachen. Deshalb beauftrage ich Sie nun, die Kripo vor Ort entsprechend zu unterstützen, um den Fall so schnell als möglich aufzuklären.«
»Ich verstehe«, meinte Paul.
»Da bin ich mir nicht so sicher«, versetzte Klara. »Ein Amerikaner ist ja an sich nicht unbedingt unangenehm, aber wenn er in Deutschland stirbt – oje, Sie ahnen nicht, wie viele Formulare ich jetzt schon auf meinem Schreibtisch liegen habe!«
Paul betrachtete den überaus aufgeräumten Arbeitsbereich seiner Chefin. Sie bemerkte seinen Blick und fügte hinzu: »Na ja, bildlich gesprochen.«
»Welche Informationen habe ich?«, fragte Paul.
»Verantwortlicher Kollege vor Ort für Nideggen ist Oberkommissar Willi Hurtz. Sie erreichen ihn über die Polizeiwache Kreuzau. Er ist zurzeit sicherlich noch am Tatort.«
»Okay, dann will ich mal«, sagte Paul und stand auf.
»Ach Paul«, meinte Klara Bullinger noch. »Bitte vergessen Sie nicht, die Kripo Düren leitet die Ermittlungen formal, aber wenn das wirklich ein Mord ist, möchte ich, dass Sie die Sache in die Hand nehmen. Sie haben die volle Unterstützung der Staatsanwaltschaft Aachen. Verstehen Sie?«
»Natürlich«, antwortete Paul, obwohl ihm eigentlich nur klar war, dass er, wenn es Ernst werden würde, eine Reihe von Kollegen vor den Kopf stoßen und von seiner Chefin keine Rückendeckung bekommen würde. Er winkte kurz, versuchte, das Lächeln der Bullinger zu erwidern, und verließ ihr Büro.
Auf der Fahrt nach Nideggen rief er zuerst Rita Bertold an, die glücklicherweise gerade dienstfrei hatte und sich ebenfalls sofort auf den Weg machte. Dann telefonierte er mit den Kollegen vor Ort, um sich den Weg zum Tatort genau erklären zu lassen. Anschließend rief er wieder Rita an, um mit ihr einen Treffpunkt auszumachen. Eine knappe Stunde später waren beide am Fuß des Burgfelsens, wo sie vom Leiter der Dienststelle Nideggen, Polizeioberkommissar Hurtz, bereits erwartet wurden. Er reichte beiden die Hand und sagte: »Nee, ehrlich, ich bin froh, dat ich dat net bearbeiten muss. Die Krippo kann dat besser.«
Rita lächelte. Sie kannte Willi Hurtz flüchtig und wusste, dass er um einiges cleverer war, als er sich hier den Anschein gab.
»Nun machen Sie mal ‘nen Punkt, Herr Hurtz«, sagte sie.
Paul fragte: »Ist die Leiche noch da?«
Hurtz schaute demonstrativ auf die Uhr: »Um Jottes willen, Herr Gedeck, gucken Se mal auf die Uhr! Der Anruf kam um halb drei letzte Nacht, wir haben den Toten um halb vier jefunden, jetzt isset bald zehn. Die Jungs von der Spurensicherung haben ‘ne Menge Fähnchen in den
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