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All die schoenen Toten - Ein Inspektor-Jury-Roman

Titel: All die schoenen Toten - Ein Inspektor-Jury-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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Arbeit?«
    Sie schien überrascht. »Sie meinen, außer als Stenotypistin? Nein. Warum?«
    »Schwarz gearbeitet vielleicht. Sie wissen doch, in dem Bereich nehmen viele Frauen auch zusätzliche Aufträge an …«
    Wiggins sprang ein. »Tippen zum Beispiel Manuskripte ab. Oder Briefe und Dokumente für Geschäftsleute, solche Sachen. Hotels bieten oft einen Tipp-Service für Geschäftsleute an. Ihre Kate hat vielleicht so einen Extrajob angenommen. Wir interessieren uns für jeden, für den sie möglicherweise gearbeitet hat. Wer weiß, vielleicht ist jemand dabei, der ihr etwas antun wollte.«
    »Oh. Aber Sie glauben doch nicht, dass es jemand war, den sie kannte? Ich dachte, das, was Kate passiert ist, war ein – wie nennt man das gleich? – ein Raubüberfall?«
    Jury sagte: »Man hat sie aber nicht beraubt. Sie hatte Geld bei sich. Sagen Sie, hatte sie das vielleicht Ihnen bringen wollen? Brauchen Sie Geld?«
    Das war plötzlich eine andere Tonlage. Myra lachte kurz auf. »Geld brauche ich immer.«
    »Eine ganz bestimmte Summe? Ich meine, für einen garstigen
Vermieter oder weil die Telefongesellschaft die Gebühren erhöht hat? Für irgendwelche Widrigkeiten des Lebens?«
    Wieder stieß sie ein abruptes, freudloses Lachen aus. »Das will ich wohl meinen. Der Immobilienmanager – so nennen die sich heute, die geldgierigen Vermieter -, will zwei ausstehende Monatsmieten von mir, die ich ihm gar nicht schulde. Ich war deswegen schon bei der Mieterberatung. Er behauptet, ich müsse zahlen, andernfalls würde ich hochkantig rausfliegen. Nett ausgedrückt, finden Sie nicht?«
    »Das muss Ihnen ja gewaltig zusetzen. Wie viel, behauptet er, schulden Sie ihm denn?«
    »Siebenhundert Pfund.«
    Jury nickte. »Hatte Kate gesagt, sie würde Ihnen das Geld bringen?«
    »Kate?« Myra war zutiefst erschrocken. »So viel Geld hatte Kate doch gar nicht.« Sie überlegte. »Obwohl sie durchaus großzügig war. Sie hat immer für mich eingekauft, das sagte ich ja schon, und nie einen Penny dafür nehmen wollen. Kate war ein gutes Mädchen.«
    »Hört sich so an.« Wiggins schenkte sich noch eine Tasse Tee ein, gab Milch dazu und rührte nachdenklich Zucker hinein. »Wir fanden …«
    Unter dem Sofatisch versetzte Jury ihm einen Tritt.
    »Fanden bloß … dass sie ziemlich gut angezogen war.«
    »Ja, das war sie. Kate hat sich immer hübsch gemacht. Sie hat diese Designerkleider bei Oxfam gefunden.«
    Wiggins konnte sich nicht beherrschen. »Solche Schuhe? Von Christian Louboutin? Glaube ich nicht, dass sie die bei Oxfam haben.«
    Jury warf Wiggins einen warnenden Blick zu. »Vielleicht waren die ja heruntergesetzt.«
    Dieses Gespräch über Kleider verwirrte Myra Brewer.
    Jury sagte: »Sie kannten Kate schon von klein auf, nicht wahr?«

    Sie nickte. »Obwohl ich sie manchmal länger nicht gesehen habe. Sie wohnten mal hier, mal da. Eugenie, ihre Mum, hat es nirgends lange ausgehalten. Sie war so unstet, die Ärmste. Verschwand manchmal einfach, nahm mal die Kinder mit, mal auch nicht. Gewöhnlich hat sie sie bei mir gelassen. Wir haben uns immer ausgezeichnet verstanden, obwohl ich fand, dass sie nicht richtig gesorgt hat für die Kinder. Aber ich war ja Kates Patin und sah es als meine Aufgabe, mich um sie zu kümmern.«
    »Was ist mit Kates Geschwistern?«
    »Sie hatte bloß noch einen Bruder. Den nannten sie Boss, komischerweise. Er hatte einen ungewöhnlichen Namen: Brent. Wie sie auf den gekommen waren, weiß ich auch nicht. Der kam in der Familie sonst gar nicht vor.«
    Wiggins hatte sein Notizbuch gezückt, wozu er seine Tasse abstellen musste. »Und wo finden wir die, Ihre Freundin Eugenie und deren Sohn?«
    »Da werden Sie kein Glück haben, Mr. Wiggins. Die sind beide verschieden. Eugenie hatte Lungenkrebs, und der Junge, Brent, starb bei einem Autounfall. Wahrscheinlich auf einer Spritztour mit seinen Freunden, mit einem gestohlenen Wagen, Seine Mutter hatte ihn immer davor gewarnt.«
    Ihre Stimme wurde schwächer, als hätte sie schon mehr gesagt, als sie wollte. Sie blickte durch den zarten Dampf, der sich über dem Tee gesammelt hatte. »Wissen Sie, ich habe erschreckend wenig gefühlt, als sie starben. Als hätte ich losgelassen, einfach so?« Sie stellte die Frage in den Raum, ohne eine Antwort zu erwarten. »Achtlosigkeit. Vielleicht hätte ich mich mehr um sie bemühen müssen. Es wäre schön, die beiden wiederzusehen. Die meisten von uns merken es wohl erst, wenn es zu spät ist.«
    Es wurde still. Dann sagte

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