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All unsere Traeume - Roman

All unsere Traeume - Roman

Titel: All unsere Traeume - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Cohen
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Seite geschobene Mobiliar, und Romily mittendrin auf allen vieren beim Pressen.
    »Da hat es wohl jemand eilig«, sagte sie und warf den Regenmantel ab, ging zur Spüle, um sich die Hände zu waschen. Sie streifte sich Handschuhe über, die sie aus ihrer Tasche holte. »Wie heißen Sie, meine Liebe?«
    »Romily«, sagte Claire. »Sie heißt Romily, und sie be kommt einen kleinen Jungen.«
    »Das ist fabelhaft. Sie machen das prima, Romily. Ich kann Ihr Baby bereits sehen. Ist doch wunderbar, dass er bei Ihnen zu Hause zur Welt kommt.«
    Romily ließ die Wehe mit einem zischenden Atemstoß hinter sich. »Claire«, stieß sie keuchend hervor. Sie streckte die Hand aus.
    »Sieht aus, als seien Sie der ideale Beistand«, sagte die Hebamme. »Romily, ich heiße Harriet, und ich bin hier, um Ihnen zu helfen. Aber Sie scheinen ja bestens allein zurechtzukommen.«
    »Wagen Sie es ja nicht wegzugehen!«, rief Claire aus, während sie Romilys Hand ergriff. Sie kauerte sich neben sie und strich ihr die Haare aus dem Gesicht.
    »Wag du es ja nicht wegzugehen«, sagte Romily. »Ich brauche dich.«
    »Ich bin ja da.«
    »Bei Posies Geburt war ich allein. Ich war so einsam, Claire. Ich wusste überhaupt nicht, was ich tun sollte. Ich wusste nicht, wie ich eine Mutter sein sollte. Ich habe nicht gewusst, dass man es lernen kann.«
    »Alles wird gut werden.«
    »Ja. Ja, das wird es. Und alle werden glücklich sein. Das schwöre ich dir, Claire. Lass mich nur nicht allein.«
    »So, und gleich pressen Sie, so fest Sie können, Romily, wenn die Wehe kommt«, befahl Harriet. »So ist es richtig. Schön ruhig jetzt. Ruhen Sie sich ein bisschen aus, Sie machen das ganz wunderbar.«
    »Ich wollte mich nicht in ihn verlieben«, fuhr Romily fort. »Ich wollte es nicht. Ihr hättet es nie erfahren, wenn du nicht die Briefe gefunden hättest. Ich hätte nichts gesagt.«
    »Es ist schon in Ordnung.« Claire rieb ihr den Rücken.
    »Es ist nicht in Ordnung. Ich mag dich so sehr. Früher hatte ich ehrlich gesagt immer ein bisschen Angst vor dir. Du warst so ausgeglichen, so schön.«
    Sie kniff die Augen zusammen und stöhnte, ein tiefes, ungehemmtes Geräusch, und drückte Claires Hand so fest, dass es wehtat.
    »Gut, Romily, gute Arbeit, der Kopf ist schon draußen. Er ist wunderhübsch. Jetzt noch ein schwieriger Teil. Wir müssen jetzt die Schultern herausbekommen, dann haben wir’s geschafft. Sie nehmen mir heute die ganze Arbeit ab.«
    Romily keuchte. Sie ließ den Kopf hängen. Dann holte sie tief Luft und sah Claire an.
    »Das hier ist nicht der schwierige Teil«, sagte sie. »Das hier ist überhaupt nicht der schwierige Teil. Aber du wirst es gut hinbekommen. Wart’s nur ab.«
    »Warten Sie auf die Wehe, Romily, und gehen Sie mit, dann haben wir es fast geschafft.«
    »Wart’s nur ab«, wiederholte Romily.
    »Romily, atme!«, sagte Claire. In ihren Augen waren Tränen. »Bleib ruhig und atme! Du machst das so toll.«
    Das Baby. Das Baby war beinahe da. Das Baby, das alles verändert hatte, das alles ändern würde.
    Die Wehe kam. Romily presste. Claire hielt sie fest. Und die Hebamme sagte: »Hier ist er!«
    Romily sackte in sich zusammen, und Claire stützte sie. Hinter ihnen hörte sie ein Schniefen, einen Schluckauf, absurd hoch und fein. Und dann ein Schreien.
    Sie blickte über die Schulter. Die Hebamme hielt das Baby. Er bestand nur aus roten Beinen und Armen, gespreizten, winzigen Fingerchen, dunklem Haar und einem offenen Mund. Er schrie – das herzerweichendste Geräusch, das sie je vernommen hatte.
    »Hier ist er«, wiederholte die Hebamme, »ein wunderschöner gesunder kleiner Junge. Er sieht prächtig aus. Könnte nicht besser aussehen. Ich helfe Ihnen, sich auf den Rücken zu legen, damit ich ihn herüberreichen kann und Sie ihn knuddeln können, während ich mich um den Rest kümmere.«
    Romily schüttelte den Kopf. Ihre Augen waren ge schlossen.
    »Geben Sie ihn Claire«, sagte sie.
    »Oh, gibt es zwei Mamas?«, meinte die Hebamme fröhlich. Sie hob eines der Handtücher auf, die Claire überall verstreut hatte, und wickelte das Baby darin ein. Seine Augen waren halb geöffnet, seine Nase war gekräuselt. Er sah aus wie Ben manchmal morgens beim Aufwachen.
    »Nein«, sagte Claire, die den Blick nicht von ihm lassen konnte. »Es gibt nur eine Mama. Er ist Romilys Baby.«
    »Ich bin Leihmutter«, erläuterte Romily. »Ich möchte ihn nicht halten. Bitte geben Sie ihn Claire.«
    »Ich kann ihn nicht halten«, widersprach

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