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All unsere Traeume - Roman

All unsere Traeume - Roman

Titel: All unsere Traeume - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Cohen
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doch gesagt, dass ich glücklich bin.« Er küsste sie auf den Mund, und noch einmal.
    »Wir sollten hineingehen.«
    »Bleiben wir einfach eine Minute hier liegen.«
    Sie blickten nach oben in das komplizierte Geäst des Birnbaums. Die Amsel, die bei ihrem Eintreffen verstummt war, nahm ihren Gesang wieder auf.
    Sei jetzt hier. Das sagte immer Hannah, ihre Fruchtbarkeitsyoga-Lehrerin. Lass los und entspanne dich und spüre den Augenblick. Darin war Claire nie sonderlich gut gewesen. Einmal hatte Ben ihr ein Wellness-Wochenende inklusive einer Stunde in einem Floating-Tank spendiert: eine ganze Stunde auf dem Rücken liegen in warmem, extrem salzhaltigem Wasser, mit Blick nach oben auf künstliche Sterne aus Lichterketten, und kapriziöser New-Age-Musik lauschen. Man sollte sich entspannen und den Augenblick spüren. Teil des Wassers sein, Teil der Musik. Manche Leute nickten ein, sagte die Therapeutin.
    Claire hatte die Hände zu Fäusten geballt, die Augen geschlossen, um kein Salzwasser hineinzubekommen. Sie fühlte sich wie ein Brett, eine Leiche, und jede noch so kleine Bewegung führte dazu, dass sie sich drehte und auf die Seiten des Tanks zutrieb. Ständig stieß sie mit dem Kopf und den Füßen an kalte Kacheln.
    Vielleicht war das Problem einfach, dass sie zu sehr auf die Vergangenheit und die Zukunft konzentriert war, um loszulassen. Vielleicht musste sie mehr Dinge wie das hier machen: ein paar spontane Augenblicke mit ihrem Mann, im Gras liegen.
    Sie griff nach seiner Hand, und seine Finger legten sich fest um ihre. Sie spürte, wie ihre Muskulatur sich löste, sich in den Erdboden hinein entspannte.

Der Kater
    R omily öffnete mühsam ein Auge und schloss es dann gleich wieder. Dem raschen Blick nach zu schließen, drehte sich das Zimmer.
    Tequila. Puh. Wie überlebten Mexikaner das Zeug?
    Langsam schob sie sich hoch, bis sie saß, an das Kopfteil ihres Bettes gelehnt. Zur Kräftigung holte sie ein paarmal tief Luft, bevor sie erneut versuchte, die Augen zu öffnen. Sie hatte stechende Schmerzen an den Schläfen, aber das Zimmer hielt mehr oder weniger still. Das deutete sie als Fortschritt. Sie sah sich um, nur für den Fall, dass sie wie durch ein Wunder daran gedacht hatte, ein frisches Glas Wasser auf den Nachttisch zu stellen. Doch dort befanden sich bloß ein schiefer Bücherstapel und, halb hinter einem kaum benutzten Taschentuch verborgen, ihr Kamm.
    Da war also ihr Kamm. Sie sah auf ihre Uhr, die sie im mer noch am Arm trug: halb elf. »Posie?«, rief sie und zuckte zusammen.
    Keine Antwort. Romily schwang die Beine aus dem Bett und stand auf. Sie trug immer noch Jeans und T-Shirt vom gestrigen Abend, allerdings hatte sie es geschafft, die Schuhe auszuziehen. Sie lagen neben dem Bett, verkehrt herum. Sie stieg darüber hinweg und ging nach nebenan in Posies Zimmer.
    Posie hatte aus ihrer Bettdecke ein Zelt gebaut, mit einem von Romilys langstieligen Keschern als Zeltstange. Darin lag sie und las im Schein einer Taschenlampe ein Buch. Sie sah auf, als Romily hineinspähte.
    »Es ist Sonntag«, sagte sie. »Ich muss nicht in die Schule.«
    »Ich weiß«, sagte Romily, obwohl sie erleichtert war, es zu hören. Sie fühlte sich unfähig, längere Zeit zu stehen, also setzte sie sich neben Posies Bett auf den Boden und fuhr sich mit der trockenen Zunge durch den trockenen Mund. »Wie war Mrs. Spencer?«
    »Sie war in Ordnung. Ich habe bei Scharade gegen sie gewonnen, und sie hat mich bis zehn aufbleiben lassen.«
    »Was liest du da?«
    Posie zeigte ihr den Einband, auf dem Männer in Rüstung mit großen Helmen abgebildet waren. »Römer.«
    »Mir geht es heute nicht sonderlich gut, Pose.«
    »Das ist okay.« Sie deutete auf einen Bücherstapel neben sich in dem Zelt. »Ich habe genug zu lesen. Habt ihr das Quiz gewonnen?«
    »Ich glaube nicht. Nein, tatsächlich kann ich mit ziemlicher Gewissheit sagen, dass wir nicht gewonnen haben. Wir hätten niemals so viel getrunken, wenn wir gewonnen hätten. Wenn du älter bist, rate ich dir, bloß die Finger von Tequila zu lassen.«
    »Die Römer haben Aquavit getrunken.«
    »Und sie haben bekanntlich ein schlimmes Ende genommen. Wahrscheinlich ist es das Beste, das Zeug auch nicht anzurühren.«
    »In Ordnung.«
    Romily schloss wieder die Augen und lehnte die Stirn an die Seite von Posies Bett. Es war ziemlich friedlich hier drinnen. Die Jalousien waren heruntergelassen, und das einzige Geräusch, das sie hörte, war Posies Umblättern der Seiten.
    Sie

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