All unsere Traeume - Roman
anmerken zu lassen, dass sie damit nicht gerechnet hatte.
»Ach. Danke.« Claire folgte Romilys Blick vom abgetretenen Teppich zu den beiden sterbenden Topfpflanzen auf dem Fensterbrett. »Tja, für mich und Pose reicht es. Eine Tasse Tee?«
»Das wäre wunderbar.«
Romily nahm Posies zerknitterte Schuluniform vom Sofa und schob auf ihrem Weg in die Küchenzeile, die in einer Nische des Wohnzimmers untergebracht war, ein Paar Turnschuhe beiseite. Posie erschien in der Tür und lief zu Ben, um ihn zu umarmen, dann zu Claire.
»Ich habe gar nicht gewusst, dass ihr kommt«, sagte sie glücklich. »Kommt in mein Zimmer, ich muss euch mein Basislager zeigen.«
Claire strich Posie den dichten blonden Pony aus den Augen. »Okay.«
»Ich komme schon, kleine Motte«, sagte Ben. »Claire braucht eine Tasse Tee, sie kommt direkt von der Arbeit.«
»Okay. Ich bin heute in Peru.« Das Kind hörte auf, Ben in Richtung des Kinderzimmers zu ziehen. »Romily, kann ich ein Honigbrot haben?«
»Meinst du nicht, es wäre am besser, die Killerbienen nicht in Versuchung zu führen?«
»Dann eben Erdnussbutter.«
»Zwei Sekunden.«
Posie flitzte davon, Ben hinter sich herziehend. »Sie hat alle möglichen Mahlzeiten in dem Zelt zu sich genommen«, sagte Romily und stellte den Wasserkocher an. »Gott weiß, wie das Bettzeug mittlerweile aussieht.«
Claire ließ sich auf dem Sofa nieder, wobei sie einen Stapel ungeöffneter Post von der Armlehne räumte. Sie schichtete ihn ordentlich auf dem Couchtisch auf, neben den Karton, den sie mitgebracht hatten. Es war ihr nicht entgangen, dass Ben sie neuerdings mit Romily allein ließ, wann immer sich die Gelegenheit bot. Dies tat er, weil sie erwähnt hatte, Romily nicht sehr gut zu kennen.
»Wie trinkst du deinen Tee?«, fragte Romily.
»Milch, kein Zucker.«
Romily machte einen Schrank auf. »Ich glaube, ich habe ein paar Kekse – nein, Posie muss sie aufgegessen haben. Möchtest du auch ein Brot mit Erdnussbutter? Honig habe ich auch, wenn dir das lieber ist.«
»Nicht nötig.«
»Ist es okay, wenn ich mir eines mache? Ich habe vergessen, heute zu Mittag zu essen.«
»Absolut.«
»Ben, willst du ein Sandwich?«, rief Romily. Das »Nein« kam gedämpft, als befände er sich bereits in dem Zelt.
Claire sah Romily dabei zu, wie sie vier Scheiben Weißbrot mit Erdnussbutter beschmierte und sie auf zwei Tellern aufeinanderklappte. Sie konnte sich nicht daran erinnern, wann sie das letzte Mal abgepacktes Weißbrot gekauft, geschweige denn gegessen hatte.
Romily halbierte beide Sandwiches mit demselben Messer, mit dem sie die Ernussbutter verteilt hatte, wobei die Füllung an den Seiten hervorquoll. »Pose!«, rief sie und machte sich daran, den Tee zuzubereiten. Sie spähte skeptisch in zwei Becher und verwarf beide, bevor sie sich für zwei ungleiche Tassen mit Blümchenmuster entschied. Posie kam ins Zimmer geschossen, nahm sich ihr Sand wich und verschwand wieder.
»Wird ihr das nicht vor dem Abendbrot den Appetit verderben?«, fragte Claire.
»Himmel, nein. Nichts verdirbt ihr den Appetit. Es ist, als hätte man ein wildes Tier bei sich zu Hause. Solange man es ständig füttert, zeigt es seine Krallen nicht.«
Immer wenn Claire Posie bei sich hatte, vermied sie alles Süße kurz vor dem Essen, das stets ausgewogen und gesund war. Das kleine Mädchen liebte Claires Essen und machte sich mit einem Eifer darüber her, bei dem Claire jedes Mal ganz warm ums Herz wurde. Dem Anblick der Küchenzeile nach zu schließen, kam Posie hier nicht sehr oft in den Genuss von gediegener Hausmannskost.
Romily stellte die Tassen und das Sandwich auf den Sofatisch. Der Teller mit dem Sandwich kam auf den Stapel Post. »Euer Kind wird wahrscheinlich komplett bio ernährt werden, und alles selber gemacht?«, fragte sie und leckte sich Erdnussbutter von der Hand.
Dies kam dem, was Claire soeben gedacht hatte, so nahe, dass sie augenblicklich den Kopf schüttelte. »Vielleicht fange ich so an, aber ich bin mir sicher, dass ich es nicht durchziehen werde.«
»Das wirst du. Wenn es irgendjemand schafft, dann du.«
Claire nippte an ihrem Tee. Er war zu stark, mehr wie Romily ihn mochte. Sie stellte die Tasse wieder hin.
»Es heißt, man soll Erdnussbutter während der Schwangerschaft vermeiden«, stellte Claire fest. »Wenn man an Allergien leidet.«
»Was ich nicht tue«, sagte Romily und tat einen großen Bissen von ihrem Sandwich. »Hat Ben welche?«
»Hat er nicht.«
Romily aß
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