All unsere Traeume - Roman
Ertrinken gerettet worden. Außer dass sie sich der genauen Entfernung zwischen seiner Hand und ihrem Bein auf dem Sofakissen mehr als bewusst war. Außer dass sie sich jedes Mal, wenn er die Bierflasche an die Lippen hob, an das Mal, das eine Mal erinnerte, als seine Lippen ihre eigenen berührt hatten.
In ihrem Innern ein Treten und Drehen. »Oh«, entfuhr es ihr.
»Was?«
»Das Baby hat sich bewegt.«
Bens Gesicht erstrahlte freudig, als würde die Sonne aufgehen. »Echt? Was tut es?«
»Es dreht sich irgendwie um sich selbst. Ich habe es in den letzten Tagen immer häufiger gespürt, besonders, wenn ich still sitze.«
»Dreht es sich jetzt? Darf ich fühlen?«
Eine Pause, aber vielleicht nicht lange genug, als dass es ihm aufgefallen wäre. »Natürlich, du bist der Vater.«
Sie band ihren Morgenmantel auf und öffnete ihn, während sie sich auf dem Sofa zurücklehnte, um ihren Bauch bloßzulegen. Ihr Schlafanzug war kein Schmuckstück, ein ärmelloses T-Shirt und eine weite Baumwollhose, aber er war ihr mittlerweile längst zu klein. Zwischen T-Shirt und Hosenbund klaffte eine Lücke, und als Ben die Hand auf ihren Bauch legte, lag seine Handfläche direkt auf ihrer Haut.
Er war warm, wärmer als der Augustabend. Sie musste die Augen schließen, weil seine Berührung so intim war, so überwältigend, schlug sie jedoch beinahe sofort wieder auf, sich ihres Fehlers bewusst. Er hatte den Blick nicht auf ihr Gesicht gerichtet. Er hatte es nicht bemerkt.
»Ich spüre nichts.«
Himmelherrgott, natürlich nicht. Er hatte die Hand auf dem Bauch einer Freundin, weil er spüren wollte, wie sich sein Kind bewegte. Er hatte keine Ahnung, dass er Romilys tiefstes Verlangen berührte.
»Es … kann ein Weilchen dauern, bis es sich wieder bewegt.«
»Meinst du, es hilft vielleicht, wenn ich mit ihm spreche? Es heißt, Babys können das hören.«
»Ich weiß nicht.«
Ben beugte sich vor, sodass sich sein Gesicht nur ein paar Zentimeter von ihrem Bauch entfernt befand. Seine Hand blieb, wo sie war. »Hallo, liebes Kleines«, sagte er. »Hier spricht dein Daddy.«
Seine Worte streichelten als warme Luft über ihre Haut. Romily hatte dort Schwangerschaftsstreifen von Posie, silbrig-weiß, die nur darauf warteten, wieder aufzublü hen. Sie wusste nicht, was schlimmer war: zuzusehen, wie er seinen Mund so dicht an ihr hatte, oder die Augen zu schließen und es lediglich zu spüren. Sie wünschte, sie hätte ihr Oberteil heruntergezogen. Sie wünschte, sie wäre eine Million Meilen weit weg, irgendwo auf einem Baum im Dschungel – sonst wo, damit sie nicht das eine spüren müsste, was sie am meisten auf der ganzen Welt spüren wollte.
Anfangs hatte sie davon geträumt. Ben berührte sie, vielleicht aus Versehen, und sie beide würden gemeinsam niedersinken, wie trunken, ausgehungert nacheinander. Die Träume, bei Tag und während des Schlafens, waren so lebhaft, dass sie immer fünfzehn Zentimeter Abstand von ihm hielt, seitdem er Claire gehörte. Fünfzehn Zentimeter freie Luft. Kein Händeschütteln, keine Küsschen auf die Wange, keine Umarmungen, wenn ihre Fußballmannschaft ein Tor schoss.
Im Laufe der Jahre waren die Träume verblasst. Sie hatte es sich gestatten können, zufällige Berührungen weniger streng zu vermeiden. Sie hatte sich sicherer gefühlt, geschützt in dem Wissen, dass er keine Ahnung hatte, wie sie wirklich empfand.
Trotzdem hatten sie einander nie auf diese Weise berührt. Ganz allein, in ihrer Wohnung, während Posie schlief.
»Ich kann es kaum erwarten, dich kennenzulernen«, erzählte Ben dem Baby in ihr. »Ich kann es kaum erwarten, dich zu halten und zu küssen.« Er sah zu Romilys Gesicht auf, und sie tat ihr Bestes zu lächeln. »Komisch, nicht wahr, wenn man bedenkt, dass es schon ein richtiger kleiner Mensch ist? Aber bis wir das Baby zu Gesicht bekommen, werden wir nicht wissen, wer es ist.«
»Ja, komisch«, pflichtete Romily ihm bei. Ihre Kehle war trocken, doch sie konnte sich nicht überwinden, sich aufzusetzen und nach ihrem Glas zu greifen. Sie fragte sich, ob Ben ihr Herzklopfen hören konnte.
»Da ist es!« Sein Kopf schoss in die Höhe, die Augen vor Überraschung und Ehrfurcht weit aufgerissen. »Das Baby hat sich bewegt!«
Sie hatte es nicht gespürt. »Das mit dem Reden muss funktioniert haben.«
»Oder es interessiert sich für A Question of Sport .« Er wandte sich an ihren Bauch. »Gut so, Kleines!«
Das Baby strampelte spürbar. Ben lachte.
»Das ist
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