All unsere Traeume - Roman
sagte Romily. »Was führt dich und die Cupcakes hierher?«
»Ach, es sind Sommerferien, und ich hatte etwas Zeit. Ich dachte, dir würden die hier vielleicht gefallen.« Sie stellte die Dose auf den abgeräumten Tisch und öffnete sie.
Sie war voller Käfer. Hal sprang tatsächlich zurück. Romily beugte sich vor.
Es waren Cupcakes mit weißem Zuckerguss, doch auf jedem prangte ein Käfer. Romily nahm sich einen. Der Hirschkäfer war wunderschön aus Lakritze gemacht. Die Mandibeln standen hervor, die Deckflügel wiesen sogar einen leichten Grünschimmer auf.
»Das ist unglaublich. Du hast die gemacht?«
»Ja. Ich … hatte etwas Zeit, wie gesagt. Ich habe die Bilder im Internet gefunden. Es tut mir leid, wenn sie nicht ganz detailgetreu sein sollten.«
»Für etwas Essbares ist der hier bemerkenswert detailgetreu.« Romily betrachtete den Cupcake von allen Seiten. Er roch köstlich, nach Zucker undVanille. »Ich dachte, du hasst Insekten.«
»Es war eine Herausforderung.«
Hal griff in die Dose und nahm sich einen Cupcake mit einem Sandlaufkäfer. Er musterte ihn sorgfältig, um sicherzugehen, dass es sich tatsächlich bloß um Dekoration handelte, bevor er ihn sich in den Mund schob. »Gut«, sagte er durch Krümel und Zuckerguss hindurch.
»Natürlich, Hal«, sagte Romily, »nehmen Sie sich ruhig einen der Cupcakes, die Claire extra für mich gebacken hat. Danke«, fügte sie aufrichtig gerührt in Claires Richtung hinzu. »Das ist wirklich nett von dir.«
»Ach.« Claire zuckte lächelnd die Schultern. »Ich backe einfach gern.«
Romily biss von ihrem Cupcake ab. Hal hatte recht, er war gut. »Isst du auch einen?«
»O nein, nicht so kurz vor dem Mittagessen. Außerdem sind sie für dich.«
»Hören Sie das?«, fragte Romily Hal, machte den Deckel der Dose zu und schob sie von Hals Hand weg, bevor er sich noch einen schnappen konnte. »Möchtest du vielleicht mit mir mittagessen gehen? Du bist eingeladen, als Dankeschön für die Cupcakes. Im Café hier gibt es ganz gute Sandwiches, und sie haben hausgemachte Suppe.«
»Ja, sehr gern.«
»Ich passe auf die Cupcakes auf«, sagte Hal. »Werde sie in meine Schublade sperren. Ansonsten werden sie die Hyänen hier verschlingen.« Er nahm die Dose und trug sie davon.
»Ben sagt, er hat das Baby gespürt, als es sich bewegt hat«, sagte Claire, als sie die Wendeltreppe hinunterstiegen.
Romily zog den Kopf ein. »Ähm. Ja. Manchmal ist es ein ziemlicher Rabauke.«
»Das ist so aufregend. Ich kann es mir gar nicht vorstellen.«
»Wenn es losgeht, sage ich dir Bescheid, damit du es fühlen kannst. Bald wird es mich nachts wach halten. Ich weiß noch, dass Posie immer Schluckauf bekommen hat, sobald ich ins Bett bin.«
»Das muss sich merkwürdig anfühlen.«
Als sie die Museumsetage betraten, rannten drei Kinder, die papierne römische Helme und Schwerter aus Pappröhren trugen, an ihnen vorbei. Es hatte seinen Grund, wes halb Romily gewöhnlich an ihrem Schreibtisch zu Mittag aß. Allerdings glaubte sie nicht, dass Claire sich ihr Käse-Pickle-Sandwich und zerbrochene Knäckebrote mit ihr würde teilen wollen.
»Du genießt bestimmt die Sommerferien, als Lehrerin«, sagte Romily. »So viel Zeit für dich.«
»Ja, na ja, manchmal hat man zu viel davon.« Claire lachte fröhlich. »Ben hat viel Arbeit, also muss er früh los und kommt spät nach Hause. Natürlich ist das verständlich, und er würde sich lieber zur gleichen Zeit freinehmen, wenn ich freihabe, aber es klappt nicht immer. Also habe ich das Haus für mich allein.«
Man stelle sich vor, so viel Zeit zu haben! Unendlich viel Zeit, um zu schlafen, wenn man wollte, oder zu lesen oder einfach nichts zu tun. Sich keine Sorgen darum machen zu müssen, was man einem Kind zu essen machen oder wie man es bei Laune halten sollte, oder darum, dass man in letzter Minute die Wäsche zu machen hatte, weil keiner mehr saubere Unterhosen oder Strümpfe hatte. Und das ganze große Haus, hell und schön eingerichtet, in dem man herumlaufen konnte in dem Wissen, dass der Ehemann neben einem ins Bett schlüpfen würde, während man schlief.
»Warte nur, bis du das Baby hast«, sagte Romily. »Dir wird nicht einmal genug Zeit bleiben, aufs Klo zu gehen.«
»Ich kann es mir nicht vorstellen«, wiederholte Claire. Sie erreichten das Café. Während der Schulzeit war es erfüllt vom verhaltenen Gemurmel eher gesetzter Damen und Herren, doch heute herrschte ein Höllenlärm. Die Kinder mit Helmen und
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