Allan - Die Suche nach dem Ich (Band 2) (German Edition)
Tochter lebt und ich werde sie wieder mit nachhause nehmen. Und ihren Entführer werde ich an den Pranger stellen.«
Es folgten noch unendlich viele Beleidigungen und Todesarten für den Fremden. Nachdem Hone in seinem Redeschwall endlich ein Ende gefunden hatte, begaben sie sich weiter in Richtung Süden. Giyas Vater hatte erwähnt, dass dort der Canyon lag. Was es mit ihm auf sich hatte, wusste Allan nicht. Er fragte sich, weshalb sein Widersacher Giya dorthin verschleppt hatte. Was hatte er nur mit ihr vor? Vielleicht benötigte gar nicht er das Mädchen, sondern jemand anderes. Möglicherweise war der Fremde nur ein Handlanger und würde die Kleine an jemanden weitergeben. Doch dann eröffnete sich ihm dieselbe Frage: Was hatte dieser Jemand mit ihr vor? Ihm wollte sich einfach keine Antwort offenbaren.
Sie wurde hin und her geschüttelt. Das Gefühl, seekrank zu werden, stieg in ihr auf, doch wusste sie, auf keinem Schiff zu sein. Sie hatte in ihrem Bett gelegen - das war das Einzige, woran sich Giya erinnern konnte. Jetzt war sie aufgewacht und fand sich auf diesem schwankenden Ungetüm wieder. Die Augen bekam sie nur schwer auf. Sie blinzelte. Licht blendete sie. Die Sonne schien ihr direkt ins Gesicht. Langsam öffnete sie die Augen ganz und erkannte, worauf sie sich befand: Es war ein Pferd, welches mit ihr in einen Canyon ritt. Von diesem Ort hatte ihr Vater schon Einiges erzählt. Er hatte hier vor vielen Jahren bei Ausgrabungen geholfen, bei denen sie ein uraltes Wesen des Bösen den Weg auf die Erdoberfläche ermöglicht hatten. Nur mit viel Mühe und Kraft hatten er und seine Kollegen dieses Ungetüm wieder in die Unterwelt verbannen können. Wie hatte ihr Vater dieses Ding noch genannt? Zonya el´ Drakonis war der Name. Sie hatten in der Grabungsstätte schon uralte Zeichnungen über dieses Monster gefunden, doch hatten sie die Männer nicht davon abgehalten, weiterzugraben. Dann hatte die Erde unter ihren Füßen zu beben begonnen und vor ihnen hatte sich der Boden aufgetan, woraufhin dieses abgrundtief scheußliche Wesen erschienen war. Giya kannte es nur aus den Erzählungen ihres Vaters, doch konnte sie sich vorstellen, welche Angst sie verspürt haben mussten. Sie hoffte, dass diese Kreatur nun endgültig in der Hölle verweilen und nie wieder auf der Erde auftauchen würde.
Erst jetzt bemerkte sie, dass sie auf dem Pferd nicht alleine war. Hinter ihr saß jemand, der sie festhielt. Wer war dieser Fremde? Wer hatte sie von zuhause weggeholt und wollte sie in den Canyon bringen? Sie begann, um sich zu schlagen, wollte nur noch runter und weg von hier. Da drang plötzlich eine helle, aber eindringliche Männerstimme an ihr Ohr: »Wehr´ dich so viel du kannst. Nützen wird es dir nichts. Dich wird ein Leben erwarten, welches du dir nicht einmal hättest erträumen können. Ein Leben umgeben von Ehrfurcht, Angst, Schrecken, Respekt.«
Das letzte Wort betonte er ganz langsam, als wollte er damit irgendetwas andeuten. Alles Weitere, was der Fremde zu sagen pflegte, drang nur noch verschwommen an ihr Ohr. Sie hatte fürchterliche Angst, wünschte sich ihre Eltern herbei. Warum hatten sie nur zugelassen, dass sie von diesem Mann entführt wurde? Mutter starb bestimmt vor Sorge und Vater ... Vater hatte sich gewiss auf die Suche nach ihr begeben. Hoffentlich hatte er Hilfe. Er war nicht mehr der Jüngste und somit auch nicht der Kampftüchtigste.
Ihre Kräfte ließen nach, Müdigkeit überkam ihr Gemüt. Ihr fielen die Augen zu und sie öffneten sich erst wieder, als sie sich in einem Käfig befand. Der sandige Boden hatte einen schmerzenden Abdruck auf ihrem Gesicht hinterlassen. Sie setzte sich auf und merkte, dass sie nicht alleine war. Mit ihr waren hier noch sechs andere Kinder gefangen. Vier Jungen und zwei Mädchen. Sie schienen allesamt genauso viel Angst und ebenso wenig Ahnung, wo sie sich befanden, zu haben, wie Giya.
»Könnt ihr mir sagen, was wir hier machen?«, fragte sie in die Gruppe hinein, doch niemand antwortete. Die beiden Mädchen hatten sich aneinander geschmiegt, während die Jungen zusammengekauert in einer Ecke ihres Gefängnisses saßen.
»Wer ist dieser Mann, der uns hierher geholt hat?«
Wieder keine Antwort.
»Könnt ihr mir denn gar nichts sagen?«
»Sei´ still!«, sagte plötzlich einer der Jungen. »Sonst bist du die Nächste.«
»Was meinst du damit, dass ich die Nächste bin?«
Doch er konnte nicht antworten. In dem Moment, in der sie ihre Frage gestellt
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