Allan - Die Suche nach dem Ich (Band 2) (German Edition)
dem Zeitpunkt, als sie den Canyon betreten hatten. Die Schluchtspalten wurden stets verwinkelter. Wenn sie nicht achtgaben, würden sie verloren gehen. Doch Hone war schon einmal hier gewesen und kannte sich gewiss noch aus. Er schien sehr angespannt zu sein und behielt alles im Blick. Nichts durfte ihm entgehen.
Allan wusste nicht, wie lange sie durch den Canyon gegangen waren. Er drehte sich um und blickte hinter sich, jedoch hatte sich scheinbar nichts verändert. Die derzeitige Situation erinnerte ihn an die Zeitschleife, in die er auf der Suche nach den Schwertern des Lichts geraten war. Die Umgebung war für eine unnatürlich lange Zeit unverändert geblieben und er hatte damals das Gefühl gehabt, im Kreis zu laufen. Eine düstere Ahnung beschlich ihn, doch hatte er auch die Befürchtung, dass es sich um etwas ganz anderes handelte. Dann setzte plötzlich wieder das Beben ein.
»Nicht schon wieder!«, gab Hone hektisch von sich.
»Lasst uns schnell weiter«, entgegnete Allan. »Wir haben es bestimmt bald geschafft.«
Sie nahmen die Beine in die Hand und liefen los. Da brach vor ihnen auch schon die Erde auf. Ein großer waagerechter Riss teilte den Canyon in zwei Hälften und hinderte sie am Weitergehen. Hone sah ihn zu spät und kam erst kurz vor dem Spalt zum Stehen, doch konnte er sein Gleichgewicht nicht halten und drohte in das Loch zu fallen. Allan hechtete zu ihm und zerrte an seinem Hemd, um ihn zu sich zu ziehen. Alle drei blickten in das Erdloch hinein. Nicht nur Allan schien zu ahnen, was auf sie zukommen würde. Sollte Hone Recht behalten? Würde sich das uralte Böse erneut einen Weg auf die Erdoberfläche bahnen?
Das Rumoren unter ihren Füßen verstärkte sich. Der Riss vor ihnen wurde breiter und tiefer. Etwas Rotes kam zum Vorschein. Etwas Brodelndes - Lava. Ein Röcheln war zu hören, welches immer lauter wurde. Scheinbar versuchte der Verursacher dieses Schnaufens, zu ihnen hochzuklettern. Allan hörte, wie Hones Atmung stockte. Er schien fruchtbare Angst zu verspüren, die langsam auf ihn übertrat. Was Zonya el´ Drakonis für ein Wesen sein sollte, wusste er nicht, doch ahnte er, dass es nicht leicht für sie werden würde, es zu vernichten. Er stand mit offenem Mund da, wie gebannt in den feurigen Schlund starrend. Da kam wie aus dem Nichts etwas Schlangenartiges hinausgeschossen und wickelte sich um Allans Hüften. Sinalia und Hone kamen ihm sofort zur Hilfe und versuchten, ihn aus dem Todesgriff zu befreien. Die bloße Kraft der Hände reichte da bei Weitem nicht aus. Sinalia zog ihr Schwert und schlug auf die Schlange ein. Dickflüssiges, schwarzes Blut spritzte ihr entgegen und ätzte Löcher in ihr Hemd. Sie rieb es mit dem Ärmel ab, damit es sich nicht in ihre Haut fressen würde. Erneut verpasste sie ihr einen Hieb, womit sie Allan befreien konnte. Die beiden entfernten sich von dem Spalt.
»Nein, nein, nein ...« Hone verfiel scheinbar in Panik. Er ging an dem Schlund auf und ab, blickte immer wieder in ihn hinein, wandte sich ab und betete zu den Göttern. Allan wollte ihn beruhigen, doch da nahm das Unheil seinen Lauf. Eine zweite Schlange windete sich auf die Oberfläche. Aus dem Spalt lugte plötzlich etwas Schwarzes hervor. Bei näherer Betrachtung erkannte er, dass es sich um einen kurzen Zopf handelte. Darauf folgte ein blutroter Schädel mit glühend-gelben Augen, die unheimlich hungrig wirkten. Dieses Wesen kletterte aus dem Erdinneren heraus und präsentierte sich in all´ seiner bestialischen Pracht. Sinalia entfuhr ein gellender Schrei.
Giya war vor Müdigkeit eingeschlafen. Als sie aufwachte, schmerzte ihr Rücken. Der Boden war einfach zu hart für einen Kinderrücken. Selbst ihr Vater würde sich von dieser Härte vermutlich nicht ohne Probleme erheben können. Sie setzte sich auf und blickte umher. Drei der Jungen und ein Mädchen waren bereits weggeholt worden. Nun waren sie nur noch zu dritt. Würden sie als Nächstes sie holen kommen? Obwohl es ihr widerstrebte, jemandem Leid zu wünschen, hoffte sie, dass sich die Moags zuerst an den anderen beiden vergreifen würden. Wenn sie am Ende übrigbleiben würde, bestünde eine kleine Chance auf Rettung. Sie glaubte fest daran, dass ihr Vater auf der Suche nach ihr war.
Sie hörte die Moags. Die Laute, die sie von sich gaben, waren unverkennbar. Sie würde dieses Schlurfen aus Hunderten von Geräuschen herauserkennen. Wieso konnte sie diese Wesen überhaupt hören, wenn sie voranschritten? Sie berührten
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