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Allan Quatermain

Allan Quatermain

Titel: Allan Quatermain Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Rider Haggard
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furchterregend ausgesehen haben.
    Und nun tauchen die riesigen Messingtore der Außenmauer von Milosis vor uns auf, und eine neue, schreckliche Sorge ergreift mich: Was sollen wir tun, wenn sie uns nicht einlassen?
    »Öffnet, öffnet!« rufe ich mit gebieterischer Stimme und gebe das königliche Losungswort. »Macht das Tor auf! Hier ist ein Bote, der Nachricht vom Kriege bringt!«
    »Was für eine Nachricht?« rief der Wachtposten. »Und wer bist du, der du geritten kommst wie ein Rasender? Und wer ist der, dessen Zunge so weit heraushängt« – das tat sie auch wirklich – »und der neben dir einherrennt wie ein Hund neben dem Streitwagen?«
    »Es ist Fürst Macumazahn, und bei ihm ist sein Hund, sein schwarzer Hund. Öffne! So öffne doch! Ich bringe wichtige Kunde.«
    Die großen Tore glitten auf ihren Rollen zur Seite, und die Zugbrücke fiel mit lautem Gerassel herunter, und schon waren wir hinüber und stürmten weiter.
    »Welche Kunde, Herr, welche Kunde bringst du?« schrie der Wachtposten.
    »Incubu treibt Sorais zurück wie der Wind die Wolken«, antwortete ich noch, und dann waren wir schon außer Sichtweite.
    Noch eine letzte Anstrengung, braves Pferd, und noch braverer Mann!
    Strauchle nun nicht in letzter Minute, Daylight, und du, altes Zulu-Kriegsroß, halte dein Leben noch in dir, nur fünfzehn kurze Minuten, und beide werdet ihr für ewig in die Annalen dieses Volkes eingehen!
    Weiter, in wildem Galopp durch die schlafenden Straßen, vorbei jetzt am Blumentempel – noch eine Meile, nur noch eine winzige Meile – halte aus, nimm deine letzte Kraft zusammen, schau, wie die Häuser fast wie von selbst an uns vorüberfliegen! Vorwärts, braves Pferd, vorwärts – nur noch fünfzig Yards! Ja, du siehst deinen Stall vor Augen und wankst tapfer weiter!
    »Dem Himmel sei gedankt – endlich – der Palast!« Und siehe da, die ersten Pfeile der Morgendämmerung treffen auf die goldene Kuppel des Tempels! * Werde ich eintreten können, oder ist die Bluttat schon vollbracht und das Tor verriegelt?
    Erneut gebe ich das Losungswort und rufe laut: »Öffnet! He da, öffnet!«
    Keine Antwort, und der Mut sinkt mir.
    Und wieder rufe ich, und dieses Mal antwortet eine einzelne Stimme, und zu meiner Freude erkenne ich in ihr die Stimme von Kara, einem Offizier aus Nylephtas Garde, einem Mann, von dem ich weiß, daß er treu wie Gold ist – es ist jener Mann, den Nylephta gesandt hatte, Sorais zu verhaften an dem Tage, als sie zum Tempel geflohen war.
    »Bist du es, Kara?« rufe ich. »Hier ist Macumazahn. Gib der Wache den Befehl, die Brücke herunterzulassen und das Tor weit zu öffnen! Rasch, rasch!«
    Die darauffolgenden Minuten schienen mir endlos. Doch endlich fiel die Brücke, ein Torflügel schwang auf, und wir stürmten in den Hof. Und hier brach der arme Daylight unter mir zusammen, tot, wie ich vermutete. Ich rappelte mich mühsam auf, lehnte mich erschöpft gegen einen Pfosten und schaute mich um. Außer Kara war niemand zu sehen. Er machte einen verstörten Eindruck; seine Kleider hingen ihm in Fetzen vom Leibe. Er hatte allein das Tor geöffnet und die Brücke heruntergelassen, und nun war er dabei sie wieder hochzuziehen (was ein einzelner Mann dank eines genial konstruierten Mechanismus aus Hebeln und Winden auch ohne Schwierigkeiten konnte und in der Tat gewöhnlich auch machte).
    »Wo ist die Leibwache?« fragte ich, noch immer schwer atmend. Ich hatte eine solche Furcht vor seiner Antwort, wie noch nie vor etwas in meinem ganzen Leben.
    »Ich weiß es nicht«, erwiderte er. »Vor zwei Stunden, als ich noch schlief, ergriff man und fesselte mich, und erst jetzt ist es mir gelungen, mich mit den Zähnen meiner Fesseln zu entledigen. Ich fürchte, ich fürchte sehr, daß wir verraten wurden.«
    Seine Worte gaben mir neuen Mut. Ich griff ihn beim Arm und humpelte, gefolgt von Umslopogaas, der wie ein Betrunkener hinter uns hertorkelte, über den Hof, durchquerte die große Halle, die jetzt still war wie ein Grab, und näherte mich dem Schlafgemach der Königin.
    Wir kamen in das erste Vorzimmer – kein Wachtposten war zu sehen; dann ins zweite – immer noch kein Wachtposten! Allmächtiger! Sicher war es schon geschehen! Nun waren wir doch zu spät gekommen! Die Stille und die Einsamkeit der großen leeren Gemächer waren bedrückend; sie lasteten auf mir wie ein böser Traum. Und dann kamen wir an Nylephtas Schlafgemach. Wir stürzten hinein, das Schlimmste befürchtend. Doch da – ein Licht,

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