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Allan Quatermain

Allan Quatermain

Titel: Allan Quatermain Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Rider Haggard
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langsam, bis die Pferde ihren Tritt gefunden hatten, und dann wieder schneller. Und so legten wir weitere zehn Meilen zurück, und dann kam ein langer, mühseliger Ritt, der uns weitere sechs oder sieben Meilen einbrachte. Dreimal wäre mein armer Rappe fast mit mir zu Boden gegangen, aber er fing sich wieder und stürmte mit bebenden Flanken und keuchendem Atem den nächsten Abhang hinunter. Die nächsten drei oder vier Meilen kamen wir schneller voran als je zuvor, seit wir zu unserem wilden Ritt aufgebrochen waren, aber ich fühlte, daß es eine letzte verzweifelte Anstrengung meines Pferdes war. Ich sollte leider recht behalten. Plötzlich biß das arme Tier heftig auf die Kandare und ging mit mir durch. Wie von Sinnen schoß es etwa drei- oder vierhundert Yards auf ebener Strecke dahin. Dann machte es noch zwei oder drei schwankende Schritte und blieb stehen. Ein fürchterliches Zucken erfaßte seinen Leib, und dann fiel es mit einem lauten Krachen geradewegs vornüber auf den Kopf und kippte auf die Seite. Es gelang mir mit letzter Kraft, mich zur Seite zu rollen, um nicht von dem Gewicht des Tieres erdrückt zu werden. Als ich mühsam wieder auf die Beine kam, hob das arme Tier ein letztes Mal seinen Kopf und starrte mich aus blutunterlaufenen Augen an. Dann ließ es mit einem letzten Stöhnen den Kopf zu Boden sacken. Es war tot. Es hatte einen Herzschlag erlitten.
    Umslopogaas zügelte sein Pferd neben dem Kadaver, und ich schaute ihn bestürzt an. Noch immer lagen mehr als zwanzig Meilen bis zum Morgengrauen vor uns, und wie sollten wir es bloß schaffen, sie mit einem Pferd zurückzulegen? Die Lage schien hoffnungslos. Doch ich hatte eines vergessen: die außergewöhnliche läuferische Fähigkeit des alten Zulu.
    Ohne ein Wort zu verlieren, sprang er aus dem Sattel und begann, mich hineinzuhieven.
    »Was willst du tun?« fragte ich.
    »Laufen«, antwortete er und ergriff meinen Steigbügelriemen.
    Und wieder machten wir uns auf den Weg; wir kamen fast so schnell voran wie vorher. Und was für eine Erleichterung es erst für mich war, jetzt auf dem anderen Pferd zu sitzen! Jeder, der schon einmal gegen die Zeit geritten ist, wird es mir nachfühlen können.
    Daylight jagte in langgestrecktem Galopp dahin, und mit jedem Schritt zog er den hageren Zulu ein Stück voran. Es war ein herrlicher Anblick, wie der alte Zulu vorwärtsstürmte. Meile für Meile, mit leicht geöffnetem Mund. Seine Nüstern waren weit gebläht und bebten wie die des Pferdes. Ungefähr alle fünf Meilen hielten wir für ein paar Minuten lang an, damit er wieder zu Atem kommen konnte, und dann stürmten wir weiter.
    »Kannst du noch weiterlaufen«, fragte ich ihn, als wir zum dritten Male anhielten, »oder soll ich vorausreiten und auf dich warten?«
    Er zeigte mit seiner Axt auf eine verschwommene Masse weit in der Ferne. Es war der Tempel der Sonne. Ungefähr fünf Meilen trennten uns noch von ihm.
    »Entweder erreiche ich ihn, oder ich sterbe!« brachte er keuchend hervor.
    Oh, was waren das für schreckliche, unendlich lange fünf Meilen, dieses letzte Stück bis zum Stadttor! Die Innenseiten meiner Schenkel waren wundgerieben, und jede Bewegung meines Pferdes bereitete mir wahre Höllenqualen. Doch das war noch nicht alles! Ich war völlig erschöpft vor Anstrengung, Hunger und Müdigkeit, und die Wunde auf meiner linken Seite schmerzte entsetzlich. Ich hatte das Gefühl, als bohre sich ein Knochensplitter ganz langsam in meine Lunge. Auch der arme Daylight war fast am Ende – kein Wunder nach diesem irrsinnigen Höllenritt. Aber schon lag der Geruch des Morgengrauens in der Luft, und wir wollten um jeden Preis durchhalten. Besser, wir starben alle drei auf dem Wege, als daß wir aufgaben, solange auch nur ein Fünkchen Leben in uns flackerte. Die Luft war dick und schwer, wie es häufig der Fall ist, kurz bevor der Morgen anbricht. Und dann kündigte sich der bevorstehende Sonnenaufgang durch ein weiteres, unverkennbares Zeichen an, dem ich in Zu-Vendis schon häufig begegnet war: Hunderte von kleinen Spinnen, die an den Enden ihrer langen Fäden und Gewebe klebten, schwebten mit einem Mal durch die Morgenluft. Diese kleinen Tiere, oder vielmehr ihre Netze, legten sich zu Dutzenden über uns, und da wir weder die Zeit noch die Kraft dazu hatten, sie wegzubürsten, stürmten wir dahin, über und über mit Hunderten von langen, grauen Fäden bedeckt, die bis zu mehreren Yards hinter uns herflatterten – wir müssen wirklich

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