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Allan Quatermain

Allan Quatermain

Titel: Allan Quatermain Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Rider Haggard
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blauen Hügel aus der Dunkelheit; jetzt sprengten wir ihrer Kuppe entgegen und hinüber ging's, weiter, immer weiter, bis in der Ferne wieder andere aus der Dunkelheit emporwuchsen wie geisterhafte Visionen.
    Vorwärts, nur nicht anhalten oder die Zügel straffen, immer vorwärts durch die völlige Stille der Nacht, in der das Trommeln unserer Hufe wie ein Lied erschallt; weiter, durch verlassene Dörfer, in denen uns verwahrloste, halbverhungerte Hunde ein melancholisches Willkommen heulen; weiter, vorbei an einsamen, grabumzogenen Häusern; weiter, durch das weiße, fleckige Mondlicht, das kalt auf dem Busen der Erde liegt, als habe es alle Wärme verloren; vorwärts, im Rhythmus der Hufe, Stunde um Stunde!
    Wir sprachen nicht, sondern beugten uns weit vor über die Hälse jener herrlichen Rosse und lauschten ihren tiefen, langen Atemzügen, wenn sie ihre großen Lungen füllten, und dem regelmäßigen Klang ihrer unbeirrt trommelnden Hufe.
    Drohend und schwarz sah der alte Umslopogaas aus, während er auf dem großen weißen Pferd dahinjagte, wie die Gestalt des Todes in der Offenbarung des Johannes. Dann und wann hob er grimmig den Blick, starrte nach vorn in die Dunkelheit und deutete mit seiner Axt auf eine in der Ferne auftauchende Erhebung oder auf ein weit abgelegenes Haus.
    Und weiter ging der wilde Ritt, immer weiter, ohne Pause, Stunde um Stunde.
    Doch schließlich fühlte ich, daß auch dem großartigen Pferd, auf dem ich ritt, langsam die Kräfte zu schwinden begannen. Ich schaute auf meine Uhr; es war fast Mitternacht, und wir hatten bereits mehr als die Hälfte des Weges zurückgelegt. Ich konnte mich daran erinnern, daß sich auf der Kuppe der nächsten Anhöhe eine kleine Quelle befand, denn ich hatte ein paar Nächte zuvor neben dieser Quelle geschlafen. Kurz darauf hatten wir die Anhöhe erreicht. Ich gab Umslopogaas ein Zeichen, anzuhalten, denn ich hatte mich dazu entschlossen, den Pferden und uns zehn Minuten Verschnaufpause zu gönnen. Er zügelte sein Pferd, und wir stiegen ab – das heißt, Umslopogaas stieg ab und half mir aus dem Sattel. Ich war so erschöpft, steif und geschwächt von dem Schmerz, den meine Wunde verursachte, daß ich es allein nicht mehr schaffte. Die braven Pferde standen keuchend da, ließen sich erst auf ein Vorderbein herab, und dann auf das andere, während der Schweiß ihnen in Strömen vom Leibe rann und Dampf von ihnen aufstieg und in blassen Wolken in der kühlen Nachtluft hing.
    Während Umslopogaas auf die Pferde achtgab, humpelte ich zu der Quelle und trank in tiefen Zügen von ihrem klaren, süßen Wasser. Seit dem Mittag hatte ich nichts außer einem einzigen Schluck Wein zu mir genommen. Ich fühlte mich völlig ausgedörrt, obwohl meine Müdigkeit zu groß war, als daß ein Hungergefühl hätte aufkommen können. Nachdem ich meinen fieberheißen Kopf und meine Hände in dem klaren, kühlen Wasser gewaschen hatte, ging ich zurück, und dann ging der Zulu trinken. Als nächstes ließen wir die Pferde ein paar Schlucke von dem köstlichen Naß nehmen; und ein paar Schlucke nur – nicht mehr! Sie hätten erleben müssen, welche Mühe wir hatten, die armen Tiere wieder von dem Wasser wegzubekommen! Wir hatten noch zwei Minuten Zeit, und ich nutzte sie, indem ich mich auf- und niederbeugte, um meine steifen Glieder ein wenig zu lockern. Dann inspizierte ich die Pferde. Mein Tier, so tapfer und brav es sich auch schlug, machte einen erbarmungswürdigen Eindruck; es ließ den Kopf hängen, und sein Auge war trüb und abwesend. Daylight hingegen, Nylephtas herrliches Pferd – das, so schwor ich mir, würde es bis Milosis durchhalten, bis ans Ende seiner Tage aus einer goldenen Krippe zu fressen bekommen sollte, wie die Pferde, die den großen Ramses aus bitterster Not retteten, machte noch immer einen vergleichsweise frischen Eindruck, obwohl es das weit schwerere Gewicht zu tragen hatte. Es war zwar ein wenig ermattet, und seine Beine waren müde, aber sein Auge war noch immer hell und klar, und es hielt seinen wohlgeformten Kopf in die Luft und blickte in die Dunkelheit, als wollte es sagen: »Wer auch immer versagen mag, ich bin noch immer stark genug für die fünfundvierzig Meilen, die noch vor uns liegen.« Dann half mir der alte Umslopogaas wieder in den Sattel – er war einfach nicht kleinzukriegen, dieser prächtige alte Wilde! Er selbst sprang mit einem Satz aufs Pferd, ohne den Steigbügel auch nur zu berühren, und wieder ging es los, zuerst

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