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Allan Quatermain

Allan Quatermain

Titel: Allan Quatermain Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Rider Haggard
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doch noch hatte der Tag nicht begonnen. Ich wußte, zehn Minuten würden uns noch bleiben. Wir befanden uns inzwischen auf dem großen Hofe des Palastes. Meine Wunde bereitete mir jetzt solche Schmerzen, daß ich Nylephtas Arm als Stütze nehmen mußte. Umslopogaas ging hinter uns her und schlang heißhungrig Fleisch in sich hinein.
    Jetzt hatten wir den Hof überquert und standen vor dem schmalen Durchgang in der Palastmauer, hinter dem die riesige Treppe begann, die hinunter zum Wasser führte.
    Ich blickte durch die schmale Öffnung hindurch und stutzte. Ich blickte erneut hindurch und glaubte, meinen Augen nicht zu trauen. Was ich sah, ließ mir fast das Blut in den Adern gefrieren – die Tür war verschwunden; ebenso das große Außentor aus Bronze – einfach fort, wie vom Erdboden verschwunden. Sie waren einfach aus den Angeln gehoben worden und, wie wir später erfuhren, von der großen Treppe herab in die Tiefe geworfen worden und zweihundert Fuß weiter unten zerschellt. Vor uns befand sich nur noch eine Öffnung von etwa der doppelten Größe eines ovalen Eßtisches; dahinter schlossen sich direkt die zehn runden schwarzen Marmorstufen an, die zur Haupttreppe führen – das war alles.

22
     
    Wie Umslopogaas die Treppe verteidigte
     
     
    Wir schauten uns an.
    »Du siehst«, sagte ich, zu Nylephta gewandt, »sie haben die Tür entfernt. Gibt es irgend etwas, womit wir die Lücke füllen können? Besinne dich rasch; denn sie werden noch vor dem Tageslicht hier sein!« Ich wußte, diesen Platz oder keinen galt es zu verteidigen, gab es doch nirgends feste Türen innerhalb des Palastes. Alle Räume waren lediglich durch Vorhänge voneinander getrennt. Ich wußte ebenso, daß, wenn es uns gelänge, diesen Eingang zu halten, die Mörder nirgends sonst in den Palast eindringen konnten. Denn der Palast ist absolut uneinnehmbar, um so mehr, seit der geheime Zugang, durch den Sorais in jener denkwürdigen Nacht, da sie ihre Schwester meucheln wollte, eingedrungen war, auf Nylephtas Geheiß hin zugemauert worden war.
    »Ich habe es!« rief Nylephta, die im entscheidenden Moment in bewundernswerter Weise über sich hinauswuchs. »In der hinteren Ecke des Hofes befinden sich mehrere Blöcke gehauenen Marmelsteins – die Arbeiter trugen sie dorthin; sie sind bestimmt für den Sockel der neuen Statue meines Gebieters Incubu. Laßt uns mit ihnen den Zugang verschließen!«
    Vor Freude über diese großartige Idee hätte ich einen Luftsprung machen können. Sofort schickte ich eine der restlichen Zofen hinunter, um Hilfe von den großen Hafenanlagen zu holen. Ihr Vater, ein reicher Handelsmann, der viele Leute beschäftigte, wohnte dort unten. Eine zweite ließ ich als Wache an der Toröffnung zurück. Sie sollte in regelmäßigen Abständen durch die große Öffnung blicken, um zu sehen, ob der Feind schon nahte. Alsdann gingen wir wieder zurück durch den Hof, um zu der Stelle zu gelangen, wo die Marmorplatten lagen. Unterwegs trafen wir Kara, der gerade die beiden Botinnen losgeschickt hatte. Und da lagen sie vor uns, die großen Marmorblöcke; es waren breite, massive Klötze. Einige von ihnen waren wohl an die sechs Zoll stark und wogen gut achtzig Pfund. Zum Glück fanden wir neben ihnen zwei Geräte, die die Form kleiner Tragbahren hatten. Auf ihnen pflegten die Arbeiter die Blöcke zu schleppen. Unverzüglich legten wir einige der Blöcke auf die Tragbahren, und vier der Mädchen trugen sie sogleich zu der Toröffnung.
    »Höre, Macumazahn«, sagte Umslopogaas, »wenn diese nichtswürdigen Burschen kommen, dann werde ich die Treppe gegen sie verteidigen, bis das Loch mit Marmor gefüllt ist. Nein, nein widersprich mir nicht, alter Freund! Ich werde sie abwehren, auch wenn ich dabei mein Leben verliere! Es war ein guter Tag, und nun laß es auch eine gute Nacht werden! Siehe, ich lege mich nieder auf den Marmor, um auszuruhen. Wenn ihre Schritte nahen, dann wecke mich; doch nicht vorher, denn ich brauche alle meine Kraft.« Und ohne ein weiteres Wort zu verlieren, ging er hinaus und legte sich auf den Marmor; und in Sekundenschnelle war er eingeschlafen.
    Auch ich konnte mich kaum noch auf den Beinen halten. Mir wurde wieder schwarz vor den Augen, und ich mußte mich nahe der Toröffnung hinsetzen und mich damit begnügen, die Arbeit zu dirigieren. Die Mädchen trugen die Blöcke heran, und Kara und Nylephta schichteten sie vor der sechs Fuß breiten Toröffnung auf. Sie mußten drei Reihen hintereinander

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