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Allan Quatermain

Allan Quatermain

Titel: Allan Quatermain Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Rider Haggard
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Feierlichkeiten; ich wage jedoch zu behaupten, daß das eine leichte Übertreibung war. Es liegt einfach nicht in der Natur des Menschen, sich anläßlich eines solch außergewöhnlichen Ereignisses völlig zu langweilen. Und ich machte ihm klar, daß es in der Tat schon fast an ein Wunder grenzte, daß ein Mann, der erst vor Jahresfrist ein großes Land als völlig unbekannter Fremder betreten hatte, im Verlaufe einer so kurzen Zeitspanne zum Gemahl der Königin dieses Landes und unter dem Jubel der Öffentlichkeit auf den Thron gehoben wurde. Ich ging sogar soweit, ihn zu gemahnen, sich in der Zukunft nicht vom Stolz und Pomp der unumschränkten Macht zu weit forttragen zu lassen, sondern immer daran zu denken, daß er in erster Linie ein gottesfürchtiger Gentleman war, und in zweiter ein Diener des Gemeinwohls, den das Schicksal gerufen hatte, eine unerhörte Verantwortung zu tragen. Geduldig hörte er meine mahnenden Worte an. Ja, er dankte mir sogar dafür.
    Wenige Tage nach dieser Zeremonie veranlaßte ich, daß man mich in das Haus trug, in dem ich jetzt liege und dies schreibe. Es ist ein sehr schöner Landsitz. Er ist ungefähr zwei Meilen von der finster blickenden Stadt entfernt, und wenn ich aus dem Fenster schaue, kann ich in der Ferne die goldene Kuppel des Blumentempels sehen. Seither sind fünf Monate vergangen. Während dieser Zeit habe ich, mittlerweile völlig ans Bett gefesselt, viele, viele Stunden damit zugebracht, diese Geschichte unserer Wanderungen und Abenteuer im Inneren Afrikas zu verfassen, wobei mir zum einen meine Tagebuchaufzeichnungen und zum anderen unsere gesammelten Erinnerungen eine große Hilfe waren. Aller Wahrscheinlichkeit nach wird niemand jemals diese Geschichte lesen, aber was macht das schon, ob sie gelesen wird oder nicht; jedenfalls hat mir das Niederschreiben unserer Erlebnisse soviel Kurzweil gebracht, daß mir viele Stunden fürchterlicher Qualen erspart blieben. Während der letzten Monate habe ich schreckliche Schmerzen ertragen müssen; doch Gott sei gedankt: das Ende meiner Qualen rückt immer näher.
     
    Seit ich dieses schrieb, ist wieder eine Woche ins Land gegangen, und nun will ich ein letztes Mal zur Feder greifen, denn ich fühle, daß meine letzten Stunden gekommen sind. Meine Gedanken sind noch immer klar, und es gelingt mir noch immer, sie niederzuschreiben, wenn auch nur mit erheblicher Mühe. Die Schmerzen in meiner Lunge, die während der letzten Tage schier unerträglich geworden waren, sind plötzlich völlig verschwunden; an ihre Stelle ist ein Gefühl der Taubheit getreten, dessen Bedeutung mir absolut klar ist. Und in dem gleichen Maße, wie der Schmerz von mir gegangen ist, hat mich auch alle Furcht vor dem Ende verlassen. Ich habe nur noch das Gefühl, als sänke ich immer tiefer in die Arme einer unbeschreiblichen Ruhe. Glücklich und zufrieden, und mit demselben Gefühl der Geborgenheit, mit dem sich ein Kind zum Schlafen in die Arme der Mutter legt, lasse ich mich nun in die Arme des Todesengels sinken. All die Furcht, all die bedrückenden Ängste und Sorgen, die mich mein ganzes Leben, das mir nun, da ich auf es zurückblicke, sehr lang erscheint, begleitet haben, sind nun von mir gewichen; die Stürme sind vorüber, und der Stern der ewigen Hoffnung erstrahlt nun hell und klar an jenem Horizont, der dem Menschen so unerreichbar weit entfernt erscheint, der mir jedoch in dieser Nacht schon so nahe ist.
    Nun ist also das Ende gekommen – eine kurze Spanne der Mühe und der Sorge, ein paar ruhelose, fiebernde Jahre der Qual, und dann empfangen einen die Arme des Todesengels. Oftmals war ich ihnen schon sehr nahe, manch einen Gefährten umschlangen sie, während er an meiner Seite stand, und nun bin endlich ich an der Reihe, und es ist gut so. Noch vierundzwanzig Stunden, und die Erde wird von mir gegangen sein, mit all ihren Hoffnungen und all ihren Ängsten. Luft wird die Stelle ausfüllen, an der mein Leib war, und ich werde vom Erdboden verschwunden sein; der düstere Hauch der Vergeßlichkeit der Welt wird zuerst das strahlend helle Licht der Erinnerung an mich wie ein Schatten verdunkeln, bevor er sie für immer und ewig auslöschen wird; und dann werde ich fürwahr tot sein. So ist es mit uns allen. Wie viele Millionen haben schon so dagelegen wie ich und haben diese Gedanken auch gehabt und sind der Vergessenheit anheimgefallen! Vor Tausenden und Abertausenden von Jahren schon haben sie dieselben Gedanken gehabt, jene längst

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