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Allan Quatermain

Allan Quatermain

Titel: Allan Quatermain Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Rider Haggard
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seltsamer ist als alle die, die wir zusammen unternommen haben, meine Freunde. Vergeßt mich nicht; denkt ab und zu mal an mich«, murmelte er. »Gott segne euch. Ich werde auf euch warten.« Dann sank er mit einem tiefen Seufzen tot in seine Kissen.
    Und so ging ein Mensch von uns, den ich als einen betrachte, der wohl nahezu vollkommen war, mehr als jeder andere, dem ich je begegnet bin. Ich schätze mich glücklich, ihn gekannt zu haben.
    Er hatte ein unsagbar gutes Herz, verfügte über einen prächtigen Humor und besaß viele der Qualitäten, die einen Poeten ausmachen. Unerreicht war er als ein Mann der Tat und als ein wahrer Weltbürger. Ich kenne niemanden, der mit so treffender Sicherheit wie er die Menschen und ihre Motive beurteilen konnte. »Ich habe die menschliche Natur mein ganzes Leben lang studiert«, pflegte er manchmal zu sagen, »und ich glaube, ich kenne sie ein wenig.« Und wie er sie kannte! Er hatte nur zwei Schwächen – die eine war seine übertriebene Bescheidenheit, die andere seine Neigung, die Personen, auf die er seine Zuneigung konzentrierte, eifersüchtig zu bewachen. Was den ersten Punkt betrifft, so wird jeder, der diese Erzählung liest, in der Lage sein, sich sein eigenes Urteil darüber zu bilden. Ich möchte mir jedoch erlauben, noch ein letztes Beispiel hinzuzufügen.
    Der Leser wird zweifellos bemerkt haben, daß er keine Gelegenheit ausläßt, sich als einen furchtsamen Menschen hinzustellen. In Wirklichkeit jedoch besaß er, obgleich er sehr vorsichtig war, einen höchst unerschrockenen Mut, und was noch viel wichtiger ist: Er verlor niemals den Kopf. Liest man zum Beispiel seine Beschreibung von der großen Schlacht am Paß, in der er sich die Verwundung zuzog, die ihn schließlich das Leben kostete, so könnte man meinen, wenn man dem Eindruck folgt, den er zu erwecken trachtet, daß es bloß ein zufälliger Hieb war, der ihn inmitten des Kampfgetümmels traf. Tatsache war jedoch, daß er sich die Verwundung bei dem höchst tapferen und erfolgreichen Versuch, Goods Leben zu retten, zuzog, auf die Gefahr hin, sein eigenes Leben aufs Spiel zu setzen, und tatsächlich sollte ihn diese beispiellose Tat ja auch das Leben kosten. Good lag am Boden, und einer von Nastas Hochländern war gerade im Begriff, ihm den entscheidenden Stoß zu versetzen, als Quatermain sich über Goods Körper warf und der Hieb ihn selbst traf. Schwer verwundet richtete er sich auf und tötete den Soldaten.
    Was seine Eifersucht betrifft, so mag ein einziges Beispiel, das ich anführen möchte, um Nylephta und mir Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, genügen. Der Leser erinnert sich vielleicht daran, daß er an ein oder zwei Stellen den Eindruck zu erwecken versucht, als hätte mich Nylephta gänzlich mit Beschlag belegt, und als hätten wir beide ihn mehr oder weniger links liegengelassen. Nun, Nylephta ist sicherlich nicht perfekt; keine Frau ist das, und vielleicht ist sie bisweilen auch ein wenig exigeante , aber so wie Quatermain die Sache hinzustellen versucht, kann man sie wirklich nur als pure Einbildung bezeichnen.
    Zum Beispiel jene Stelle, an der er sich bitter darüber beklagt, daß ich ihn nicht besuchen komme, als er krank ist: Es war so, daß die Ärzte mir den Besuch trotz meines Drängens schlichtweg untersagten. Solche und ähnliche kleinen Sticheleien tun mir sehr weh, wenn ich sie lese, denn ich liebte Quatermain wie einen Vater, und es wäre mir nicht im Traum eingefallen, zuzulassen, daß diese meine Zuneigung zu ihm unter meiner Heirat gelitten hätte. Doch reden wir nicht länger darüber; es ist, wie schon gesagt, wirklich nur eine kleine Schwäche, die bei all den liebenswerten Tugenden, die ihn auszeichneten, nicht ins Gewicht fällt.
    Nun, so starb er denn, und Good las in Anwesenheit von Nylephta und mir die Trauerrede. Mit Rücksicht auf die Stimme des Volkes, die stürmisch eine Bestattung in großem Pomp forderte, wurden seine sterblichen Überreste im Rahmen einer großen, öffentlichen Trauerfeier beigesetzt, oder vielmehr, verbrannt. Während ich an der Spitze des endlosen Trauerzuges zum Tempel schritt, mußte ich daran denken, wie sehr ihm dieser ganze Aufwand zuwider gewesen wäre, wenn er selbst dabeigewesen und Zeuge der Feier geworden wäre; denn nichts verabscheute er so sehr wie prunkvolle Zurschaustellung.
    Und so legte man ihn am dritten Tage nach seinem Tode wenige Minuten vor Sonnenuntergang auf die messingne Platte vor dem Hauptaltar.
    Bald fiel der

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