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Allan Quatermain

Allan Quatermain

Titel: Allan Quatermain Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Rider Haggard
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Esel mit zuckenden Gliedmaßen am Boden liegen. Entweder hatte eine unserer Kugeln ihn getroffen oder der Speer eines Masaikriegers. Es war kein lebendiger Masai in der Nähe. Das schwarze Kindermädchen kniete vor Flossie auf der Erde und zerschnitt ihr mit einem Speer die Fußfesseln. In der nächsten Sekunde schon rannte das Kindermädchen auf die Mauer des Kraals zu und schickte sich an, diese zu überklettern. Das kleine Mädchen wollte seinem Beispiel folgen. Aber offensichtlich waren Flossies Beine durch die Fesseln steif geworden und eingeschlafen. Sie konnte nur sehr langsam auf die Mauer zuhinken. Plötzlich wurden zwei Masai, die auf den Vordereingang zurannten, ihrer gewahr und stürzten auf das kleine Mädchen los, um es zu töten. Der erste der beiden Burschen erreichte das Mädchen in dem Moment, als es nach einem verzweifelten Versuch, die Mauer zu erklimmen, wieder herunterfiel und auf dem Boden landete. Ich sah, wie der Masai seinen großen Speer hob, und noch während er ausholte, fuhr ihm die Kugel aus meinem Gewehr zwischen die Rippen, und er kippte vornüber.
    Aber hinter ihm kam der andere Mann, und ich bemerkte zu meinem Entsetzen, daß ich keine Patrone mehr im Magazin hatte! Flossie hatte sich inzwischen hochgerappelt und sah nun den zweiten Mann mit hoch erhobenem Speer auf sich zueilen. Ich wandte mein Gesicht ab und wurde von einem Gefühl ohnmächtiger Wut ergriffen. Mir war zum Sterben elend. Ich wollte nicht zuschauen, wie der Masai das arme kleine Mädchen abschlachtete. Doch unwillkürlich blickte ich noch einmal auf, und da sah ich zu meinem großen Erstaunen, daß der Speer des Masai am Boden lag. Der Mann selbst wankte hin und her und hielt sich mit beiden Händen den Kopf. Im selben Moment sah ich ein Rauchwölkchen, das offenbar aus Flossies Richtung kam, und der Mann schlug der Länge nach auf den Boden. Mir fiel der Derringer ein, den sie immer bei sich trug! Sie hatte beide Kugeln der kleinen Pistole auf den Masai abgefeuert! Das hatte ihr das Leben gerettet. Dann lief sie wieder zu der Mauer, und mit einer erneuten Anstrengung gelang es ihr, mit Hilfe des Kindermädchens, das auf der Mauerkrone lag und ihr die Hände reichte, über die Mauer zu klettern und sich vorerst einmal in Sicherheit zu bringen.
    Es dauert eine Weile, dies alles zu erzählen, aber ich glaube, daß es in Wirklichkeit nur eine Sache von vielleicht fünfzehn Sekunden war. Bald hatte ich das Magazin meiner Winchester wieder mit Patronen gefüllt und eröffnete erneut das Feuer. Doch diesmal nicht auf die brodelnde schwarze Masse, die sich am Vordereingang des Kraals drängte, sondern auf einzeln herumirrende Masai, die über die Mauer entkommen wollten. Ich erschoß mehrere von ihnen, während ich langsam an der Mauer entlang zum vorderen Ende des Kraals hinüberging. Ich wollte sehen, wie der Kampf dort stand, und den fünfen mit meinem Gewehr zur Seite stehen. Bald hatte ich die Ecke, oder besser gesagt, die spitze Rundung des Ovals, erreicht. Vor meinen Augen spielte sich eine unbeschreibliche Szene ab.
    Ungefähr zweihundert Masai – etwa fünfzig hatten wir bis zu dem Zeitpunkt schon getötet – drängten sich inzwischen vor dem dornenbewehrten Eingang zusammen, getrieben von unseren Schüssen und von den Speeren von Goods Männern, die sie offensichtlich für eine gewaltige Streitmacht zu halten schienen. In ihrer Verwirrung war ihnen gar nicht aufgefallen, daß es sich bloß um eine zehn Mann starke Gruppe handelte. Aus unerfindlichen Gründen war keiner von ihnen auf die Idee gekommen, einen Ausbruch über die Mauer zu versuchen, was ein verhältnismäßig leichtes Unterfangen gewesen wäre. Statt dessen drängelten sie sich alle in einem dichten Klumpen vor dem Zaun aus Dornengestrüpp, der sich in der Tat als eine nur schwer zu überwindende Barriere erwies. Der erste versuchte, mit einem Riesensprung hinüberzusetzen, aber noch bevor seine Füße auf der anderen Seite den Boden berührten, sah ich Sir Henrys Axt emporschwingen und mit fürchterlicher Wucht auf seinen federgeschmückten Kopf niederfallen. Der Masai sank mitten in das Dornengestrüpp. Mit wütendem Geheul drängten die hinteren nach. Sie versuchten verzweifelt, mit einem Ruck durchzubrechen. Aber jedesmal, wenn einer die Barriere überwunden hatte, erhob sich Sir Henrys riesige Axt, und Inkosi-kaas zuckte wie ein Blitz herab, und ein Masai nach dem anderen sank tödlich verwundet in die Dornenbüsche. Bald hatte sich eine

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