Allan Quatermain
es auf der Stelle!«
Der Masai biß wütend die Zähne aufeinander und ging mit seinem Speer auf den Zulu los. Als er herangeschossen kam, machte Umslopogaas einen raschen Schritt zur Seite, schwang Inkosi-kaas mit beiden Händen hoch über dem Kopf und hieb die breite Schneide mit solch fürchterlicher Wucht von hinten in die Schulter des Masai, daß der rasiermesserscharfe Stahl durch Knochen, Fleisch und Muskeln fuhr und fast den Kopf mitsamt einem Arm vom Körper des Elmoran abtrennte.
»Oh!« rief Umslopogaas aus, während er den Körper seines Widersachers von oben betrachtete. »Ich habe mein Wort gehalten. Es war ein guter Hieb.«
8
Alphonses Erklärung
Und so endete der Kampf. Als ich meinen Blick von der entsetzlichen Walstatt abwandte, fiel mir mit einem Mal schlagartig Alphonse ein. Seit jenem Moment vor etwa zwanzig Minuten – der Kampf dauerte in Wirklichkeit bei weitem nicht so lange, wie es seiner ausführlichen Beschreibung nach den Anschein hat –, als ich gezwungen war, ihm den Gewehrkolben in den Magen zu stoßen, und dabei selbst beinahe erschossen worden wäre, hatte ich nichts mehr von ihm gesehen. Nun befürchtete ich, daß der arme kleine Mann in der Schlacht gefallen war, und begann mit meinen Blicken die Reihen der Toten abzusuchen, um vielleicht irgendwo seine Leiche zu entdecken. Da ich jedoch nichts fand, kam ich zu der Überzeugung, daß er überlebt haben mußte, und ging an der Mauer des Kraals entlang zu der Stelle, an der wir zuerst postiert gewesen waren, wobei ich in regelmäßigen Abständen seinen Namen rief. Ungefähr fünfzehn Schritt von der Kraalmauer entfernt stand ein uralter Feigenbaum. Er war so alt, daß im Laufe der Jahrhunderte das Innere des Stammes weggefault war und nur noch die leere Hülle aus Rinde existierte.
»Alphonse«, rief ich, während ich die Mauer entlanglief, »Alphonse!«
»Oui Monsieur«, erklang hohl eine Stimme. »Hier bin ich.«
Ich blickte mich um, konnte aber nirgends eine Menschenseele erkennen. »Wo?« schrie ich.
»Isch bin 'ier, Monsieur, in dem Baum.«
Ich schaute in die Richtung, aus der die Stimme gekommen war. Und siehe da – aus einem Loch in dem Stamm des Feigenbaums, ungefähr fünf Fuß über dem Erdboden, lugte ein bleiches Gesicht hervor; dazu die beiden Enden eines Schnauzbartes, eines gekappt und das andere so bejammernswert herunterhängend wie der Schwanz eines geprügelten Hundes. Da wurde mir zum ersten Mal in aller Deutlichkeit klar, was ich schon die ganze Zeit über vermutet hatte; nämlich, daß Alphonse ein riesiger Feigling war. Ich ging zu ihm hin. »Kommen Sie aus dem Loch raus!« fuhr ich ihn an.
»Ist es vorbei, Monsieur?« fragte er ängstlich. »Ganz vorbei? Ah, welsche Schrecken isch mußte erdulden, und welsche Gebete isch ausgestoßen 'abe!«
»Kommen Sie raus, Sie armseliges Würstchen!« rief ich wütend, denn ich hatte nicht gerade freundliche Gefühle in seiner Gegenwart. »Es ist alles vorbei.«
»Dann 'aben also meine Gebete ge'olfen, Monsieur? Isch komme sofort 'eraus.« Und dann stand er vor mir.
Als wir zusammen zu den anderen gingen, die sich an dem breiten Vordereingang des Kraals, der nun einem Schlachthof ähnlich sah, versammelt hatten, sprang plötzlich ein Masai, der geflohen war und sich die ganze Zeit über hinter einem Busch versteckt hatte, auf und startete einen wütenden Angriff gegen uns. Mit einem gellenden Angstschrei raste Alphonse los; der Masai hinter ihm her. Er schien wild entschlossen, noch einen von uns mit ins Grab zu nehmen, bevor wir ihm ein Ende machen würden. Bald hatte er den armen kleinen Franzosen eingeholt; und sicherlich hätte er ihn auf der Stelle niedergestreckt, wenn ich nicht, gerade in dem Augenblick, als Alphonse einen letzten verzweifelten Haken schlug, in der irrigen Annahme, dem hinter ihm aufblitzenden Stahl dadurch entrinnen zu können, eine Kugel genau zwischen die breiten Schulterblätter des Elmoran gejagt hätte. Das brachte jedenfalls die Sache zu einem befriedigenden Abschluß; zumindest, was den Franzosen betraf. Er stolperte und fiel der Länge nach hin, und der Masai fiel direkt über ihn und zuckte noch einen Moment im Todeskampf. Darauf erhob sich ein derart markerschütterndes Geheul, daß ich befürchtete, der Masai habe Alphonse doch noch den Speer in den Rücken gestoßen, bevor meine Kugel ihn traf. Ich rannte so schnell ich konnte zu ihm hin und zerrte den Masai von ihm herunter. Und da lag Alphonse, über und
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