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Alle auf Anfang - Roman

Alle auf Anfang - Roman

Titel: Alle auf Anfang - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Zaplin
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Katalog löste.
    »Das schicke ich morgen ab«, sagte er, »das ist im Moment für uns einfach die günstigste Lösung.«
    »Ja«, sagte sie. Legte vorsichtig ihre Hand auf seine, ohne ihn dabei anzusehen.
    »Es wird auch wieder anders.«
Urs sitzt an Claudias Bett
    Und redet. Rau klingt seine Stimme, immer wieder muss er sich räuspern.
    »Wie war die Theatervorstellung?«, fragt er und hustet beinahe. Sieht auf das unbewegliche Gesicht, auf die Schläuche in ihrer Nase.
    »Was hast du dir eigentlich angeschaut? Hoffentlich hattest du einen guten Platz. Und hoffentlich war das Gespräch im Verlag gut.«
    Es kratzt im Hals. Er schluckt.
    »Um die Kleine brauchst du dir keine Sorgen zu machen. Die Nachbarin wird sich um sie kümmern.«
    Noch einmal schluckt er.
    »Bestimmt warst du noch essen vor dem Theater«, sagt er und bricht dann in Tränen aus.
    Nichts wird mehr sein, wie es war.
Fee läuft der Katze nach
    Ist schon ganz außer Atem, so schnell muss sie laufen. Und immer ist die Katze schneller. Wo sind sie hier eigentlich? Das kleine Mädchen bleibt stehen. In dieser Straße ist es noch nie gewesen. Groß sind die Häuser hier, sehen aus wie schlafende Elefanten, so grau und starr stehen sie in den Wiesen mit dem niedergetrampelten Gras.
    In einem Kreis aus Straßenlaternenlicht hockt die Katze.
    »Miez«, lockt das Kind und geht in die Hocke. Die Katze sieht das Kind an, beginnt zu schnurren und tänzelt heran. Schmeichelnd umschmiegt sie die nackten Kinderbeine.
    »Gell«, sagt das kleine Mädchen und streichelt die Katze, dass die lauter und immer lauter schnurrt, »gell, du bringst mich zu Mama und Papa.«
    Die Katze schließt die Augen und schiebt das Näschen vor. Auch das Kind hebt das Näschen. Wie gut es hier riecht. Nach Essen und Ausflug und sauberer Wäsche. Nach einem versprochenen Ferientag. Das kleine Mädchen lässt sich auf die Knie fallen und hebt die Katze auf den Schoß.
    »Du bist meine kleine Schwester, Katze.«
    Das Schnurren wird leiser.
    »Schau mal, die Wiese, kleine Schwester. Da wohnen die Grasmännchen. Die sind ganz grün und auf dem Kopf haben sie ein Hütchen, das ist durchsichtig.«
    Die Kleine fährt mit den Fingern durch das Fell der Katze.
    »Die Grasmännchen haben alle Geschwister, das sind die Kleekinder und die Gänseblümchen. Manchmal streiten sie sich, wer stärker ist. Und dann kämpfen sie. Siehst du, kleine Schwester? Da drüben auf der Wiese haben sie gestern gekämpft. Und die Grasmännchen waren stärker und haben die Kleekinder und die Gänseblümchen platt gemacht. Aber dann sind sie selber umgefallen, darum ist jetzt alles platt da drüben.«
    Nachdenklich sieht sie hinüber zu der Wiese. Sie ist vollkommen leer bis auf eine dürre Birke.
    »Wo sind eigentlich die Menschen, kleine Schwester?«
    Die Katze hebt den Kopf und lauscht. Sie streckt sich durch und mit einem Satz ist sie vom Schoß des kleinen Mädchens heruntergesprungen und läuft davon. Das Kind springt auf.
    »Warte, kleine Schwester! Warte auf mich!«
    So schnell sie kann, läuft sie hinterher. Läuft und läuft. Um die Straßenecke und um die nächste. Anfangs ist die Katze noch zu sehen, dann nur noch die Schwanzspitze, die um eine Ecke verschwindet. Und weg ist sie.
    Längst schon hat das kleine Mädchen Seitenstiche. Sie bleibt stehen, stemmt die Hände in die Seiten und sieht sich um. Auf der anderen Straßenseite ist ein Wartehäuschen bei einer Bushaltestelle. Die Kleine überquert die leere Straße und setzt sich auf die Bank. Es ist niemand da. Auf der ganzen Welt nicht.
Bela steht am Zaun vor Almas Garten
    Hundert Jahre nicht mehr hier gewesen. So kommt es ihm vor. Da wuchs die Hecke um das Schloss so hoch, hat seine Mutter ihm früher erzählt. Erzählt sie jetzt seinen Kindern. Es gibt hier keine Hecke, und trotzdem. So hoch, dass er stehen bleibt hinterm Zaun. In den Garten sieht. Auf die Blumenbeete, den Rhododendron, die Buxbauminsel, das Alpinum vor der Terrasse. Muss ein neuer Gärtner da sein. So gepflegt ist alles, gestutzt, kein Unkraut in den Beeten. Kein Bachlauf mehr da.
    Wo ist sein Bachlauf? Bela steigt über den Zaun, schiebt sich zwischen den Rhododendronbüschen hindurch und stolpert über eine Wurzel. Es zieht ihm die Füße weg. Hier war es. Hier begann sein Bachlauf. Ein Bächlein wie zu Hause. Wo er Schiffchen aus Birkenrinde fahren ließ. Im Traum mit hinausgesegelt ist, in die Welt. Als Junge.
    »Mach nur, Bela«, hat Frau Dr. Lund gesagt. »Ein Bachlauf, ja.

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