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Alle auf Anfang - Roman

Alle auf Anfang - Roman

Titel: Alle auf Anfang - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Zaplin
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wäre es jetzt stärker. Fieberhaft versucht er, sich zu erinnern, ob er jemals etwas über Symptome beim Erwachen von Kurzkomapatienten gelesen hat, doch es fällt ihm nichts ein.
    »Ich muss jetzt los, Lämmchen«, sagt er in das bleiche Gesicht mit den geschlossenen Augen hinein. Und dann steht er auf.
    »Ich muss nach der Kleinen sehen. Aber nachher komme ich wieder. Versprochen.«
    Kurz überlegt er, ob er ihr über die Wange streicheln soll. Aber er lässt es doch lieber sein. Nachher wacht sie noch auf, ehe er fort ist.
In Anselms Auto
    »Ich lege lieber mal eine Patience«, sagt Anselm.
    »Dann bist ja du der Solospieler.« Jasper grinst.
    Irgendwie gefällt Anselm das Wort: Solospieler. »Wahrscheinlich hast du recht«, sagt er. Irgendwie gefällt ihm auch diese Fahrt im Dunkeln über die Autobahn. Hat er es nicht immer geliebt, sich durch die Nacht katapultieren zu lassen wie eine Billardkugel?
    »Spielst du Billard?«, fragt er den Jungen.
    »Ein bisschen.« Einen Moment lang überlegt Jasper. »Ich habe mir meinen Vater immer als Billardspieler vorgestellt«, sagt er.
    Sie sind jetzt kurz vor Würzburg. Auf der rechten Fahrspur kriechen ein paar LKW. Es gibt ein kurzes, heulendes Geräusch, als Anselm an ihnen vorüberrast. Schon haben sie die nächsten Laster erreicht.
    »Ich habe nicht einmal ein Foto von ihm«, sagt Jasper. Kurz weiß Anselm nicht, von wem er spricht.
    »Vielleicht sehe ich ihm ähnlich«, fährt Jasper fort. »Ich glaube, er ist so ein Typ, der sich nicht festlegen lässt. Der einfach mal abhaut. Der lieber mal ein Spiel macht, als zu Hause vor der Glotze beim Bier einzupennen. Findest du, dass ich dir ähnlich sehe?«
    In dem Moment, in dem Anselm begreift, taucht im Scheinwerferlicht der Hinweis auf einen Parkplatz auf. Ein Kilometer.
Alma nimmt Platz und sieht Bela an
    Sie fühlt, wie ihr Puls rast. Noch nie hat sie sich selber so erniedrigt. Nie hätte sie das von sich vermutet. In ihrem Kopf ist einzig der Gedanke gewesen, dass Polizeibeamte kommen und Jasper mitnehmen würden. Oder auch sie selbst. Hat sie nicht heute Nacht ihre Aufsichtspflicht verletzt? Aufsichtspflicht. Was für ein absurdes Wort in Zusammenhang mit Jasper. Der immer da ist. Das Haus nicht verlässt, nur für die Schule. Seinen Schreibtisch ansonsten nicht verlässt. Was hat sie getan? Sich ausgezogen wegen verletzter Aufsichtspflicht? Ihre Haut klebt. Überall. Sie muss duschen, jetzt sofort. Sie braucht heißes Wasser und sehr viel Duschgel.
    Aber das geht nicht. Er würde ihr folgen und nicht von seiner Drohung ablassen: Polizei kommt und holt den Jungen. Fünftausend Euro. Kann man sich Ruhe kaufen? So viel hat sie natürlich nicht im Haus, aber vielleicht geht auch ein Scheck. Wie er dasteht. Wie ein lauerndes Tier. Sie sieht ihn vor sich, wie er damals zurückkam, nachdem seine Frau ihn verlassen hatte. Im vergangenen Herbst war das, und er hatte tatsächlich so verlassen ausgesehen, so traurig allein. Darum hatte sie ihm von dem Champagner ein Glas eingeschenkt, den sie sich gerade geöffnet hatte. Ja, andere haben Ehemänner, sie trinkt ihren Champagner eben allein, und der Vorteil ist: Sie braucht dafür keinen lächerlichen Anlass. Der Verlassene damals im Herbst, der ihr früher schon öfter den Garten gemacht hatte, Empfehlung einer Patientin, der brauchte sofort etwas zu tun, das sah sie. Darum hat sie ihm ein paar Aufträge gegeben, Büsche, Bäume, alles zurückschneiden, aufräumen. Sie musste an Jasper denken dabei und dass es sie krank machen würde, müsste er jemals so dastehen wie dieser hier. Dann ist der, als alles erledigt war, zudringlich geworden und sie hat ihn aus dem Haus geworfen, damals im Herbst.
    Wenn sie nur duschen könnte! Wenn Jasper käme. Wo mag er nur sein, um Himmels willen? Sie muss doch los und ihr Kind suchen.
    »Fünftausend Euro«, sagt sie langsam, um Zeit zu gewinnen.
    Der Mann, der Jasper mit der Maske gesehen hat, nickt.
In Anselms Auto
    Mit viel zu hohem Tempo fährt Anselm den Parkplatz an. Der ist vollkommen leer. Kräftig tritt er ins Bremspedal.
    »Noch mal«, fordert er.
    Erschrocken sieht Jasper ihn an, sagt aber nichts.
    »Dann fasse ich das mal zusammen«, übernimmt Anselm, »du sagst, du kennst deinen Vater nicht, hast nicht mal ein Foto von ihm. Richtig?«
    Jasper nickt. Mein Gott, wie brav, denkt Anselm. »Weiter. Du stellst ihn dir als Billardspieler vor, als coolen Typen, der lieber durch die Gegend zieht, als bei euch auf dem Sofa zu kleben,

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