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Alle auf Anfang - Roman

Alle auf Anfang - Roman

Titel: Alle auf Anfang - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Zaplin
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schließlich, sehr leise, beinahe für sich. Anselm muss sich anstrengen, um ihn zu verstehen. Er neigt den Kopf ein bisschen nach rechts.
    »Meine Mutter und ich. Wir zwei. Meine Mutter hat immer die roten Männchen genommen, ich immer Gelb und Schwarz. Immer. Sie hat mich nie gefragt, warum ich zwei Farben wollte. Wahrscheinlich hat sie gedacht, das ist eine von meinen Spinnereien. Und eigentlich war es das ja auch.«
    Wieder nimmt er den Zeigefinger in den Mund.
    »Und warum hast du zwei genommen?«
    Zeigefinger raus. »Die Gelben waren meine. Und Schwarz war für meinen Vater.«
    Zeigefinger rein.
    »Ist der tot?«, fragt Anselm.
    Zeigefinger raus. »So ähnlich. Den gab’s einfach nicht. Mister X. Man in Black. Als die Schwarzen einmal gewonnen haben, dachte ich, jetzt kommt er bestimmt mal, darum habe ich es ihr erzählt. Danach haben wir nur noch Dame gespielt.«
    Zeigefinger rein.
    »Und deshalb spielst du jetzt nur noch allein?«
    Ganz langsam zieht Jasper den Zeigefinger aus dem Mund und sieht Anselm verständnislos an. »Ich spiele nicht allein, Mann. Wir sind Zigtausend.«
    Anselm lacht. »Ne echte Großfamilie also. Und wer von denen ist jetzt schuld? Wegen der Maske, meine ich.«
    Sie sehen beide auf die weiße Fratze in Jaspers Händen.
    »Kannst du Dame spielen?«, fragt der Junge.
    Anselm schüttelt den Kopf.
Bela bleibt auf dem Teppich in Almas Wohnzimmer stehen
    Und sieht sich um. Hat sie dort auf dem Ledersofa gelegen. Will er nicht hinsehen und muss doch. Der Glastisch steht auch immer noch davor. Ist leer heute, keine Gläser darauf. Kein Champagner. Aber Blumen in einem großen Steinkrug. Immer sind Blumen in Frau Doktor Lunds Nähe. Wie hat ihn das verzaubert. Ist er doch ein Blumenmann.
    Bela beugt sich zu dem Strauß hinunter und saugt den Duft ein. Wie wohl ihm das tut. Fühlt er sich zu Hause, einfach so. Fühlt Frau Doktor Lund hinter sich stehen und warten. Dreht er sich um und sieht sie an. Katzenaugen. Die belauern ihn. Steht sie da wie ein Bogen. Will ihn einspannen als Pfeil. Ihn kennen wie sich selbst.
    »Setz dich«, befiehlt sie.
    Bela sieht das Sofa an und sagt: »Nein.« Sagt das fest, so fest, dass sie zwei Schritte zurückgeht. Nicht das Sofa. Nicht noch einmal.
    »Willst du was trinken?«, fragt sie. »Jetzt setz dich doch.«
    Sie streckt den Arm aus, will ihn zum Sofa drängen, zieht den Arm wieder zurück. Hat gesehen, was er sieht. Vielleicht. Wie sie damals auf dem Sofa lag und er vor ihr stand. Verzaubert von ihrer Beherrschung. Sie beherrschte das Glück wie einen Hund. Es folgte ihr.
    »Ich hol uns was zu trinken«, sagt sie und geht zur Bar neben der Vitrine. Lässt ihn nicht aus den Augen, nimmt zwei Gläser und die Whiskyflasche und hält ihn fest im Blick. Kann er sich nicht rühren in dieser Fessel. Bleibt er stehen. Auf dem Teppich. Vor dem Ledersofa. Bis sie ihm das Glas reicht.
    »Cheers.«
    Auch das ist ein Befehl. Hebt er das Glas an die Lippen wie sie. Spiegeltrinken. Hält er ihrem Blick stand. Du bist hier falsch, sagt dieser Blick. Falscher Ort, falsche Zeit. Steigt ihm der Whisky in den Kopf, so schnell, dass die Wangen sich verfärben. Rot, wird er doppelt rot bei dem Gedanken an damals. War er damals schon falsch. Falscher Ort, falsche Zeit. Hat er das nur nicht gemerkt? Hat er das Glück bezwingen wollen wie sie?
    »Also gut«, sagt sie, setzt sich an den Esstisch und deutet mit dem Kinn auf den Stuhl ihr gegenüber. Wartet, bis er der Bewegung folgt. Bis er hingeht und sich schließlich auch setzt. Schmal sind ihre Augen. Sie sieht ihn an. »Was hast du gesehen?«
    Was? Eine Frau hat er gesehen, so stark, dass Stassija in ihrem Schatten verschwand. Lag auf dem Leder, die Frau, einfach hingestreckt, weil sie das so wollte. Hatte er alle ihre Aufträge erledigt, die Büsche geschnitten, die Zwiebeln gesetzt, war das im Herbst, all das Laub gerecht und gesammelt in großen Säcken. Habe alles erledigt, wollte er melden und sah sie liegen, warten, dass er sie berührt, aufsammelt, trägt, so jedenfalls hat er es gesehen damals im Herbst.
    »Verstehe«, sagt sie jetzt. Leert ihr Glas in einem Zug. Steht auf, streift die Pumps von den Füßen. Schwankt nicht, dabei ist das Whiskyglas voll gewesen. Streift das Hemd über den Kopf, den Rock hinunter, entlaubt sich, dabei ist doch Sommer. Nein, will er sagen, das verstehen Sie falsch, doch sie blättert weiter ab, BH und Slip. »Ist es das, was du willst?«
    Nein, denkt er. Ja. Folgt heute ihm einmal das

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