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Alle jagen John Mulligan

Alle jagen John Mulligan

Titel: Alle jagen John Mulligan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Gerstäcker
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machte sie zu seinen willfährigen und in dem öden, wasserarmen Busch oft höchst nützlichen und brauchbaren Dienern.
    Er hatte sich sogar eine der Frauen des Stammes genommen und alle dabei gebräuchlichen Zeremonien durchgemacht wie auch den Eltern des Mädchens ein reiches und übliches Kaufgeld gegeben. Dadurch fühlte sich der Stamm besonders geehrt, und Gentleman John war ihnen schon deshalb lieb geworden, weil die übrigen Weißen ihnen nur Schaden zufügten und sie von einem Platz zum andern trieben, während er ihr Freund zu sein schien. Sahen sie doch in ihm einen Leidensgefährten, der wie sie verfolgt wurde, dessen wohlbewaffnete Schar sie aber gegen weitere Übergriffe ihrer Feinde schützen und bewahren konnte.
    Und Gentleman John selbst? - Der benutzte, in wildem und unbegrenztem Übermut, jede Hilfe, die sich ihm bot, kam sie von welcher Seite auch immer, jeden günstigen Augenblick, den er erhaschen konnte. Jedenfalls in seiner Jugend zu Besserem erzogen, lag, Verführter oder Verführer, ein dunkles Leben hinter ihm, und mit der neugewonnenen Freiheit schien er entschlossen, diese zu genießen, allen menschlichen Gesetzen zu Trotz und Hohn.
    Rücksichtslos dabei alles unter die Füße tretend, was nicht seinem Zweck diente, wußte er sich bei der Bande, die sich ihm angeschlossen hatte, leicht in Respekt, bei der ganzen Umgegend aber in Furcht zu setzen, und er hatte schon manchen gegen ihn unternommenen Angriff vor der Ausführung vereitelt oder mit seiner wohlbewaffneten und sogar nicht einmal schlecht disziplinierten Schar zurückgeschlagen, und wenig kümmerte er sich jetzt um die Folgen seines frechen Streiches.
    Von allen Seiten her aber von vortrefflichen Spionen bedient, konnte es ihm auch nicht lange verborgen bleiben, daß sich diesmal doch ein schwereres Unwetter als gewöhnlich über seinem Haupte zusammenzog. Von allen Richtungen kamen die Boten, die ihm Kunde brachten, daß in den verschiedensten Distrikten bewaffnete Mannschaft aufgeboten und ein Schlag vorbereitet würde, der ihn und seine zu gefährlich gewordene Bande mit einemmal vernichten sollte. Auch der auf sein Einbringen gesetzte Preis von zweihundert Pfund Sterling - der dem Verräter, wenn er ein entflohener Sträfling sei, außerdem volle Straffreiheit zusicherte - machte seine Stellung mehr und mehr gefährlich, denn daß er nicht auf die Treue von allen seinen Leuten zählen durfte, wußte er recht gut. Einige waren in der Tat unter ihnen, die ihn nicht ungern verraten hätten, wenn sie nur ihr eigenes Leben nicht zu sehr dabei gefährdet wußten.
    Solchem Zustand mußte er ein Ende machen. Außerdem hatte er dies trostlose Leben, die stete Gefahr, das rastlose Umherstreifen in dem öden Wald, recht von Herzen satt und schon den Plan entworfen, Australien so bald wie möglich zu verlassen.
    An einer Biegung des Murray hatten sie für den Augenblick ihr Lager aufgeschlagen, und die rings umher aufgeschichteten und mit Rindenstücken gegen das Wetter geschützten Vorräte schienen auf die Absicht eines längeren Aufenthalts zu deuten. Unfern davon aber und im Schilf versteckt lag ein tüchtiges Fischerboot, von denen einige den Viktoria-See befuhren, und unterderhand hatte der Buschranger bis jetzt von seinen Leuten mehrere kleine Fässer mit Wasser füllen und einigen Proviant an Bord schaffen lassen.
    Allerdings drohte ihnen bei einem Fluchtversuch in die offene See noch eine keineswegs unbedeutende Gefahr, denn an der Mündung des Viktoria-Sees in die Encounter-Bay wälzt sich eine so furchtbare Brandung dem kühnen Schiffer entgegen, daß die Durchfahrt durch diesen schmalen Meeresarm schon von vielen Seeleuten als ganz unmöglich geschildert wurde. Gefahr aber, ob sie ihm von Menschen oder den Elementen drohte, konnte den verwegenen Räuber nicht schrecken. Durch diese Brandung führte die Bahn zur Freiheit, und durch sie hin war er entschlossen, seinen Weg zu suchen.
    Die Einschiffung selbst sollte auch schon am nächsten Morgen stattfinden, und nur den Australiern hatte er bis jetzt noch den eigentlichen Zweck dieser Flucht verheimlicht, da sich diese wahrscheinlich widersetzt oder ihn gar im entscheidenden Augenblick verraten hätten. Ließ er sie doch schutzlos der Rache der Weißen allein zurück.
    Der Morgen dämmerte eben. Auf die höchsten Wipfel der hier in der Niederung zu riesiger Höhe gewachsenen Gumbäume lag der erste Schimmer des anbrechenden Tages und färbte das mattgraue Laub der holzigen

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