Alle jagen John Mulligan
Er hatte das Boot gesehen, er kannte auch die Gefahr der Brandung an der Viktoriasee-Mündung, aber er wußte ebenfalls, daß eine Ausfahrt zuzeiten möglich sei, und traute dem tollkühnen Räuber recht gut zu, die Schwierigkeiten und Gefahren an der Mündung besiegt zu haben.
Die noch auf seinem Kopf stehenden zweihundert Pfund Sterling lockten ihn dabei weit weniger als die Ehre, den gefährlichen und berüchtigten Räuber trotz aller Kreuz- und Quersprünge noch einmal zu überlisten und einzubringen, und mit unermüdlicher Ausdauer, mit einer Zähigkeit, die sich durch nichts entmutigen und abschrecken ließ, durchritt er das halbe Murraytal und die Wildnis bis zu den besiedelten Distrikten der Nachbarkolonie, umsegelte die Küsten, die sich nach rechts und links von Adelaide ausstreckten, die mögliche Spur von dort gelandeten Fremden zu entdecken.
Umsonst - nirgends war auch nur das Geringste von den entkommenen Räubern zu entdecken, und als letzte Möglichkeit fuhr er zur Känguruh-Insel hinüber. Er wußte recht gut, daß Gentleman John von seinem ersten Debüt als Buschranger her die Schlupfwinkel jener Insel genau kannte, und war es ihm nicht gelungen, in See ein Schiff anzurufen und Australien ganz zu verlassen, so blieb nichts wahrscheinlicher, als daß er sich wieder dorthin geflüchtet habe.
Aber ohne das geringste glückliche Resultat durchstreifte er die ganze Wildnis drüben, kroch durch die ihm nur zu wohlbekannten Känguruh-Dornen, dem flüchtigen Räuber nur erst einmal wieder zu begegnen. Auf den Stationen erhielt er - das alte Leiden - nur ungenügende, ausweichende Nachrichten. Niemand wollte die Buschranger gesehen haben, niemand etwas von ihnen wissen, und er sah sich endlich genötigt, so ungern er es tat, seine weitere Verfolgung aufzugeben. - Gentleman John mußte auf ein Schiff entkommen sein, und dann freilich hätten sie ihn hier wohl vergeblich gesucht.
Am Kap Borda, der Nordwestspitze der Insel, blieb er eine Nacht auf einer von einem Mr. Bloome angelegten Station. Er wollte von hier aus nach Adelaide zurückkehren, wurde aber in diesem Vorsatz durch ein Gespräch mit Mr. Bloome wankend gemacht. Bloome nämlich erzählte ihm von einem sehr reichen Engländer, mit dem zusammen er in nächster Zeit einen Schoner ausrüsten wolle, um an den australischen Küsten und nach Neuseeland hin Handel zu treiben. Ein Bruder von ihm, früher einmal Steuermann auf einem Ostindienfahrer, war zu dem Zweck schon nach Sydney abgegangen, ein passendes Fahrzeug anzukaufen, und er erwartete diesen mit jedem Tag zurück.
Stutzig machte ihn zuerst die Nachricht, daß der Fremde als ein Schiffbrüchiger auf die Insel gekommen sei, an deren Küste er, wie Bloome sagte, sein eigenes Fahrzeug verloren habe, und sein Verdacht wurde zur Gewißheit, als er im Laufe des von ihm äußerst vorsichtig geführten Gesprächs erfuhr, daß unter den wenigen, die sich mit ihm gerettet, auch eine Australierin gewesen sei.
Kapitän Howitt, wie er sich nannte, sollte übrigens dem Bericht des Siedlers zufolge erst gestern zu Land nach Point Marsden an der Nordseite der Insel gegangen sein, wo er noch Geschäfte abzuschließen hätte. Mr. Bloome erwartete ihn nicht vor der nächsten Woche zurück.
Tolmers Entschluß war rasch gefaßt. Es war dies überhaupt seine letzte Hoffnung, den flüchtigen Räuber noch aufzufinden, und wenn er auch jetzt allein und ohne Unterstützung nichts Entscheidendes gegen ihn unternehmen konnte, so wollte er ihn doch wenigstens erst einmal sehen, wollte sich überzeugen, daß es wirklich der vogelfreie Verbrecher sei, und dann so rasch wie möglich nach Adelaide zurückkehren, Hilfe von dort herbeizuholen.
Mr. Bloome hatte, wie Tolmer bald im Gespräch bemerkte, keine Ahnung davon, was für ein gefährlicher Mensch sein zukünftiger Kompagnon war, und Tolmer war viel zu vorsichtig, ihn auch nur das Geringste davon merken zu lassen, welchen Verdacht er geschöpft habe. Ein unbedachtes Wort des Siedlers hätte während seiner Abwesenheit den schlauen Verbrecher nur zu leicht warnen und all seine Mühe vergeblich machen können. Die Nacht blieb er übrigens bei seinem gastfreien Wirt, der ihn überdies vor dem nächsten Morgen gar nicht fortgelassen hätte, und versuchte Näheres von ihm über die früheren Kameraden des Schiffbrüchigen zu erfahren. Diese befanden sich, Mr. Bloomes Meinung nach, am anderen Ende der Insel, vielleicht gerade dort, wohin jener Mr. Howitt gegangen war,
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