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Alle jagen John Mulligan

Alle jagen John Mulligan

Titel: Alle jagen John Mulligan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Gerstäcker
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aber blieb den zur Verzweiflung getriebenen Männern anderes übrig als jetzt, mit den Mitteln ausgestattet, das Land ihrer Knechtschaft, das für sie entsetzliche Australien, zu verlassen, auch das Äußerste dafür zu wagen. Sie alle wußten, daß sie, einmal in die Hände des Gerichts gefallen, rettungslos der Strick des Henkers erwarte, und was war dagegen die tosende Brandung, die ihnen am nächsten Abend ihren weißen Kamm entgegenwälzte.
    Rotkopf, ein alter Matrose, der früher wegen versuchter und wahrscheinlich auch schon ehedem ausgeführter Seeräuberei deportiert worden war, übernahm die Führung des kleinen Fahrzeugs, von dem aus er erst eine Zeitlang den Gang der Brandung beobachtete. Dabei fand er bald, daß sie sich in ziemlich hohen und gefährlichen Sturzwellen gegen die einzige Ausfahrt heranwälzte. Zwischen den verschiedenen Sturzwellen aber, und regelmäßig nach der dritten, trat eine kurze Ruhe mit stillem Wasser ein, die ihnen die Möglichkeit ließ, hindurchzukommen. Der Wind war ihnen günstig, und benutzten sie ihre Zeit kaltblütig und geschickt, so war, das sah er bald, die Ausfahrt möglich.
    Ohne Zögern wurden deshalb die nötigen Vorbereitungen getroffen. Mit dem scharfen Bug glitt das kleine, schwankende Fahrzeug zitternd der Flut entgegen, als ob es erbebe vor der nahenden Gefahr. Rotkopf aber handhabte das schmucke Boot mit sicherem Blick. Das Segel wurde, als sie die Brandung fast erreicht hatten, eingeholt, nur die Ebbe führte sie jetzt mit starker Strömung der furchtbaren Stelle zu. - Ein Zurück war schon nicht mehr möglich - vor ihnen bäumten sich die gläsernen Mauern und schüttelten ihnen drohend die weißen, sonneblitzenden Mähnen entgegen - es war die dritte Brandungswelle, die fast über ihren Häuptern hing. Jetzt schmolz sie wie ein Hauch in sich zusammen, und rechts und links vom Boot zischte und tanzte der silberblinkende, wirbelnde, kochende Schaum.
    »Euer Segel auf!«
    Im Nu faßte es der Wind und riß das Boot durch den gärenden Strudel hin. - Schon hob sich die neue Woge wieder bäumend auf, und hinter dem Spiegel des kleinen Fahrzeuges quoll es empor in riesenhafter Größe - noch wenige Sekunden, und es hätte dem Schiff den Wind genommen und es hineingezogen in den Wasserberg - aber die Ebbe half den Räubern über die Gefahr. Zischend schoß das schlank und trefflich gebaute Boot der offenen Flut, der freien See entgegen, und jauchzend, jubelnd begrüßten die Geretteten das Meer!

4. Kapitel
    Es war im Monat Juli, als die letzten Streiftruppen von Militär und Polizei nach Adelaide zurückkehrten, die im April die Buschranger-Bande des Gentleman John teils getötet und gefangen, teils zerstreut hatten.
    Trotz aller Energie ihres Führers und trotz der wirklich unvergleichlichen Ausdauer der Leute war es ihnen nicht gelungen, des Gefährlichsten der Schar, des berüchtigten Gentleman John, habhaft zu werden. Selbst in See ausgesandte Kutter, die an den Küsten kreuzten und weite Strecken hinaus den Ozean absuchten, konnten nichts von jenem Boot, das man zuletzt an der Mündung des Murray gesehen hatte, entdecken, und es blieb kaum mehr einem Zweifel unterworfen, daß die verwegenen Räuber, die damals dem Arm der strafenden Gerechtigkeit entkommen waren, ihren Tod in der an der Einfahrt der Encounter-Bay stehenden Brandung gefunden hatten.
    Was dieser Vermutung noch mehr Wahrscheinlichkeit lieh, war, daß man gerade in jener Zeit die Trümmer eines zerschellten Bootes unfern jener Stelle an der Küste entdeckt hatte. Jedenfalls mußte es dasselbe sein, das den Buschrangern gehört hatte. Und wenn sie auch den Galgen also um sein Recht betrogen hatten, war doch wenigstens die Kolonie von ihnen befreit, und die einzelnen Stationshalter draußen im wilden Busch konnten freier atmen.
    Das war die allgemeine Ansicht der Kolonie, die noch mehr dadurch gefestigt wurde, daß man selbst wochenlang nach der Rückkehr der Expedition nichts mehr von einem neuen Überfall einzelner Reisenden oder Stationen hörte. Die Wege im Busch waren so sicher wie die Straßen von Adelaide im hellen Sonnenschein, so schien nichts wahrscheinlicher, als daß sie in der trostlosen, wasserarmen Wildnis umgekommen waren.
    Nur einer der Polizeibeamten, die sich damals dem Zug angeschlossen hatten, teilte nicht die Meinung der anderen, daß nämlich Gentleman John sein Ende in den Wogen gefunden hätte, und das war Tolmer, der Chef jenes gegen die Buschranger ausgesandten Trupps.

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