Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Alle jagen John Mulligan

Alle jagen John Mulligan

Titel: Alle jagen John Mulligan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Gerstäcker
Vom Netzwerk:
mir!« schrie sie plötzlich, seine nach ihr ausgestreckte Hand mit Abscheu zurückstoßend, »fort, oder beim ewigen Gott da droben, ich schlage meine Zähne in dein Fleisch und würge dich, wie du mein Kind gewürgt hast.«
    »Wahnsinnig, bei allem, was da lebt«, brummte der Buschranger vor sich hin, »und der ganze Aufenthalt umsonst. Da bleibt mir freilich nichts anderes übrig, als -«
    Die Tür wurde in diesem Augenblick aufgerissen, und Bradleys erschrecktes, totenbleiches Gesicht zeigte sich darin.
    »Unke«, rief ihm der Kapitän entgegen, »was bringst du?«
    »Der Schoner ist genommen!« rief der Unglücksbote, den Verdacht und sein Aussehen rechtfertigend. »Polizeiboote haben ihn geentert und die Masten gekappt.«
    »Die Masten gekappt?« rief John erschrocken.
    »Es ist alles vorbei«, sagte der Bursche, »und die Boote rudern schon wieder an Land. Uns bleibt keine andere Zuflucht als der Busch.«
    John knirschte die Zähne wild aufeinander, aber das einmal Geschehene ließ sich nicht mehr ändern, die nun abgeschnittene Flucht zu Wasser konnte nach dieser Richtung hin nicht mehr erzwungen, sondern mußte auf andere Weise versucht werden. Deshalb seine Waffen ergreifend, warf er noch einen Blick auf die erstaunt zu ihm aufschauende Frau und winkte dann Bradley, ihm zu folgen.
    Wie er nur vor die Hütte trat, sah er schon, daß sein Begleiter die Wahrheit gesprochen hatte. Der Schoner draußen lag als Wrack vor seinem Anker, und während Bewaffnete aus einem schon gelandeten Boot ans Ufer sprangen, eilten andere von dem Hauptstationshaus auf seine Wohnung zu. Kamen sie als Freunde oder Feinde? - Er hatte nicht Lust, ihr Kommen abzuwarten, und flüchtete, von Bradley dicht gefolgt, mit langen Sätzen dem nächsten Dickicht zu.
    Schon hatte er dieses erreicht, schon verbargen ihn die nächsten Gumbüsche den Augen der Verfolger, als dicht vor ihm eine dunkle Gestalt sich wie aus dem Boden hob und ihm die Arme bittend entgegenstreckte. Es war Lloko, den Opossummantel locker um die Schulter geschlagen.
    »Halt!« rief sie ihm mit mehr drohender als bittender Stimme entgegen, da er fast scheu vor ihr zurückweichen und an ihr vorübereilen wollte, und hielt ihn am Rock fest. »Halt! Falscher weißer Mann - du mußt mich mitnehmen.«
    »Ist denn der Teufel heute in die Weiber gefahren?« rief John, mit eiserner Faust die schwache Hand der Frau ergreifend. Aber schon hatte Lloko die andere in seinen Gürtel gekrallt und schrie mit wilder, gellender Stimme: »Teufel - ja, das ist Euer Wort für alles, was bös und schlecht ist - Teufel. Das ist dein Name, Gentleman John!«
    »Fort mit dir!« rief der gereizte Räuber, und sein Faustschlag traf die Unglückliche so hart an der Stirn, daß sie den Gürtel losließ und halb bewußtlos zu Boden taumelte. Im nächsten Augenblick waren die beiden Männer auch schon im Busch verschwunden.
    Gentleman John hätte übrigens nicht in so großer Eile zu sein brauchen, denn die aus der Station zu ihm Hinüberspringenden waren nur Bloome und dessen Bruder gewesen, die ihr Fahrzeug im ersten Augenblick von Buschrangern überfallen glaubten und den vermeintlichen Kapitän zu Hilfe holen wollten. Nur zu bald sollten sie aber aus solchem Irrtum gerissen werden, denn wenn sie schon die übereilte Flucht des vermeinten Freundes stutzen machte, benahmen ihnen die rasch erkannten Uniformen der Polizeisoldaten den letzten Zweifel.
    Tolmer hielt sich jedoch nicht mit langen Erklärungen auf. Er glaubte nämlich sicher, daß sich der entflohene Räuber auch nach dem Tod Rotkopfs ohne weiteres seiner Bande wieder anschließen würde, um mit dieser vereint verzweifelten Widerstand zu leisten. Wußte er doch nicht, daß ihn Gentleman John für einen seiner eigenen Schar gehalten hatte und in jedem den Verräter sehen mußte. Hier nun lag für die kleine Truppe Polizeisoldaten der einzige Vorteil darin, die erste Überraschung der Buschranger zu benutzen, einen entscheidenden Schlag gegen sie zu führen. Einmal zersprengt, würden sie schon zu überwältigen sein.
    Kaum im Busch angelangt, trafen sie da auf die noch immer halb betäubte Lloko, an der die Leute, ohne sie weiter zu beachten, rasch vorbeistürmen wollten. Tolmer erkannte aber augenblicklich in ihr das Weib des Räubers, und, der Szene an dem Hause eingedenk, rief er seinen Leuten ein Halt zu, das arme, hilflose Wesen erst wieder zu sich zu bringen. Einer der Konstabler hatte eine Flasche mit Brandy bei sich, und Lloko, als

Weitere Kostenlose Bücher