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Alle lieben Emma

Titel: Alle lieben Emma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maja von Vogel
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ziemlich traurig. Ich musste aus meinem eigenen Zimmer ausziehen, während die Nebelkrähe friedlich in ihrem Bett lag und schnarchte. War das gerecht? Nein! Ich lief schnell die Dachbodentreppe hinunter, ehe ich es mir doch noch anders überlegte.

    Um kurz nach acht stand ich vor Papas Haustür. Besser gesagt vor der Haustür von Papas Bekannter. Ich hatte den Zettel mit der Adresse mitgenommen und die Straße auch sofort gefunden. Rosenweg – na, das passte ja prima!
    Ha, Papa würde bestimmt Augen machen, wenn er mich sah! Ich drückte auf den Klingelknopf und wartete. Dann klingelte ich noch mal, aber es passierte nichts. Schließlich klingelte ich Sturm, bis die Haustür aufging. Na endlich!
    Vielleicht war die Wohnung von dieser Carola so groß, dass Papa die Klingel nicht gleich gehört hatte.
    Ich lief die Treppe hinauf. Erst in den ersten Stock, dann in den zweiten und dann in den dritten. Überall gab es jede Menge Türen, aber sie waren alle geschlossen. Ich überlegte gerade, ob ich mich vielleicht doch in der Adresse geirrt hatte, als ich im vierten Stock plötzlich Papa in einer der Türen stehen sah.
    »Papa!«, rief ich, rannte auf ihn zu und warf mich in seine Arme.
    »Emma!«, sagte er. »Was machst du denn hier?«
    »Ich wollte zu dir«, erklärte ich.
    »Aha.« Papa kratzte sich verwirrt am Kopf.
    Seine Haare waren ganz zerzaust und er sah noch ziemlich verschlafen aus. Er trug einen violetten Morgenmantel, der ihm viel zu klein war. Unten schauten seine stoppeligen Beine heraus. Das sah so lustig aus, dass ich fast kichern musste.
    Papa legte den Arm um meine Schultern und schob mich in die Wohnung.
    »Na, dann komm erst mal rein.«
    Der Flur war so klein, dass dort gar nicht genug Platz für uns beide war. An der Wand hing eine Garderobe, die total voll gehängt war mit Jacken und Mänteln, und darunter türmte sich ein riesiger Berg Schuhe. Ob die alle Papas Bekannter gehörten?
    Als ich hinter Papa ins Wohnzimmer ging, rief plötzlich eine Frauenstimme: »War das wieder der blöde Zeitungszusteller? Eine Unverschämtheit, die Leute so früh aus dem Bett zu klingeln! Wir sollten uns endlich mal beschweren.«
    »Bin gleich wieder da«, sagte Papa hastig zu mir und zeigte auf das Sofa. »Mach's dir schon mal bequem. Fühl dich wie zu Hause!«
    Ich nickte. »Klar, mach ich.«
    Ich setzte mich auf das Sofa und sah mich in meinem neuen Zuhause um. Das Wohnzimmer war groß und unaufgeräumt. Hier sah es fast so chaotisch aus wie in meinem Zimmer. Überall lagen Klamotten herum: dreckige Socken, ein schwarzer BH, ein Wollpullover, ein paar T-Shirts und jede Menge Bücher, Zeitungen, Pinsel und Farbtuben. In der einen Ecke standen ein großer Zeichentisch und eine Staffelei. In der anderen Ecke war die Küche. Eigentlich war es gar keine richtige Küche, denn dann hätte es ja ein eigener Raum sein müssen. In der Spüle stapelte sich das dreckige Geschirr. Es roch nach kaltem Fisch.
    Papa kam wieder herein. Er hatte sich normale Sachen angezogen und fuhr sich mit beiden Händen durch seine zerzausten Haare.
    »Carola kommt gleich«, sagte er. »Willst du was trinken?«
    Ich nickte. »Orangensaft.«
    Papa warf einen Blick in den Kühlschrank. »Sorry, der ist gerade alle. Wie wär's mit Leitungswasser?«
    Ich zuckte mit den Schultern. »Na gut.«
    Papa suchte in den Schränken nach einem sauberen Glas, fand keins, nahm schließlich ein dreckiges aus der Spüle, wusch es ab, füllte es mit Leitungswasser, reichte es mir und ließ sich in einen Sessel fallen.
    Er seufzte, als hätte er gerade etwas sehr Schwieriges und Anstrengendes hinter sich gebracht. Eine Doppelstunde Mathe zum Beispiel. Dann sah er mich forschend an.
    »Na, Emma, alles klar bei euch zu Hause? Genießt du die Ferien?«
    Ich zog eine Grimasse. »Geht so.«
    »Schön, dass du mich hier mal besuchen kommst. Warum hast du Tim denn nicht mitgebracht? Dann hätten wir zusammen Eis essen gehen können ...«
    »Besuchen? Wieso besuchen?«, fragte ich. »Ich wohn doch jetzt bei dir.«
    »Wie bitte?!«, rief jemand. Eine Frau mit roten Haaren tauchte in der Wohnzimmertür auf.
    »Äh – Emma, das ist Carola. Carola, das ist Emma«, sagte Papa.
    Ich fand, er hätte ruhig »meine Tochter Emma« sagen können. Schließlich war ich nicht bloß irgendeine Bekannte von ihm wie diese Carola.
    Diese Carola kam ins Wohnzimmer und sah Papa mit gerunzelter Stirn an. Sie trug den violetten Morgenmantel, den Papa vorhin angehabt hatte. Aber ihre Beine

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